In diesem Jahr feiert das Land Baden-Württemberg mit einer Vielzahl von Veranstaltungen seinen 60. Geburtstag. Es kann dabei mit Stolz auf das in diesen Jahren Erreichte verweisen. Denn Baden-Württemberg hat dank seiner wirtschaftlichen Entwicklung nicht nur Wohlstand und Sicherheit für seine Bürger erreicht – es hat auch unzählige Menschen aus vielen Ländern aufgenommen, ihnen eine Heimat geboten und sie integriert. Und so sind die sechs Jahrzehnte Baden-Württemberg auch der Anlass für zwei Generationen, seiner alten und neuen Bewohner, zurück- und vor allem nach vorne zu blicken. Aus diesem Anlass ist daher für die anstehenden Jubiläumsveranstaltungen ein größeres Forschungsvorhaben und eine Ausstellung mit dem Titel Donauschwäbische Grüsse zum baden-württembergischen Geburtstag geplant. Forschung und Ausstellung finden in enger Kooperation zwischen zwei Tübinger Einrichtungen statt: dem Ludwig-Uhland-Institut für Empirische Kulturwissenschaft, dem Institut für donauschwäbische Geschichte und Landeskunde und dem Donau-schwäbischen Zentralmuseum in Ulm.
Am 18. Oktober soll die Ausstellung im Donauschwäbischen Zentralmuseum eröffnet werden. Hierfür wird ein umfangreiches Begleitbuch erscheinen, das in vielfältiger Weise das donauschwäbische Leben in Vergangenheit und Gegenwart in der neuen Heimat dokumentiert. Beides – Ausstellung und Begleitbuch – werden hauptsächlich von den Studierenden erarbeitet. Unser Vorhaben darf auf eine größere Öffentlichkeit hoffen. Es ist daher von den Vorsitzenden der vier donauschwäbischen Landsmannschaften positiv aufgenommen worden – so auch vom Bundesvorsitzenden der Landsmannschaft der Banater Schwaben, Peter-Dietmar Leber.
Der Landesgeburtstag
Wenn Baden-Württemberg seinen Geburtstag feiert, dann haben alle Bürger einen guten Grund mitzufeiern. Ein Punkt sollte dabei nicht vergessen werden: Baden-Württemberg ist nicht zuletzt erst durch die vielen Zuwanderer, die in dieses Land gekommen sind, wirklich zusammengewachsen. Eine wesentliche Rolle haben dabei die Heimatvertriebenen bzw. die Aussiedler aus Rumänien, dem ehemaligen Jugoslawien und Ungarn gespielt – insgemein in der deutschsprachigen Öffentlichkeit wie in der Forschung als Donauschwaben bezeichnet. Um ihren Beitrag für das geburtstagfeiernde Baden-Württemberg wird es in dem Forschungsvorhaben und in der Ausstellung in besonderer Weise gehen. Dies soll wie folgt gezeigt werden: Die Heimatortsgemeinschaften (der Landsmannschaften der Banater Schwaben, der Deutschen aus Ungarn, der Donauschwaben und der Sathmarschwaben) wurden um ein charakteristisches Geschenk zu diesem Landesgeburtstag gebeten. Diese Geschenke der Heimatortsgemeinschaften werden als symbolischer Dank und als Geburtstagsgruß an Baden-Württemberg gesehen und verstanden. Sie bilden die Grundlage für die Ausstellung, zeigen sie doch die enge Verbindung der einzelnen regionalen donauschwäbischen Gruppen mit Baden-Württemberg.
Geschenke
Schon im Spätsommer 2011 wurden die donauschwäbischen Orts- und Heimatortsgemeinschaften gebeten, diese Ausstellung gemeinsam mit uns zu gestalten und ihr Verhältnis zum Bundesland Baden-Württemberg durch ein symbolisches Geschenk zum Ausdruck zu bringen. Das Geschenk soll Auskunft über ihre Heimatortsgemeinschaft und ihre Mitglieder geben und deren Verständnis von Heimat bildhaft-symbolisch Ausdruck verleihen. Im Blickfeld stehen somit Heimatsymbole im weitesten Sinne. Es interessieren uns nicht nur zweidimensionale Geschenke wie Heimatbücher, Heimatblätter, Chroniken, Veranstaltungsunterlagen, Ansichtskarten, Andachtsbildchen, Plakate, Kunstdrucke, Selbstzeugnisse, Personalakten zur Vertreibung, Aussiedlung und Eingliederung, Fotos usw., noch mehr erwünscht sind dreidimensionale Gegenstände – von Agrar- und Gewerbeprodukten (Embleme lokaler wirtschaftlicher Besonderheiten und Leistungen) über kreative Sinnbasteleien (Kleinmodelle von Dorf-, Kirchen- und Wohnanlagen) und Erinnerungsstücke aus Holz, Metall oder Glas wie Arbeitsgeräte, Gebrauchsgegenstände des Alltags und religiöse Objekte oder Textilien (Trachten) bis hin zu Vereinsfahnen beispielsweise.
Von einigen Verunsicherungen bei der Wahl des Geschenkes und gelegentlicher Zurück- oder sogar Abwehrhaltung abgesehen, haben 40 banatschwäbische Heimatortsgemeinschaften ihre Mitwirkung bei der Ausstellung angemeldet. Die Einsendungen zeigen, dass dem Einfallsreichtum der Schenker keine Grenzen gesetzt waren. Ausschlaggebend für den Erfolg unserer Ausstellung wird letztlich die Originalität und thematische Vielfalt der Gegenstände sein. Teils rückwärts, teils in die Zukunft gerichtet, vermitteln die Geschenke ein anschauliches Bild des Hier und Heute. Nebst den Bindungen zum Land Baden-Württemberg kommt selbstverständlich ein besonderer Stellenwert den fortbestehenden Verbindungen zum Herkunftsort und zur Herkunftsregion und der Erinnerung an die alte Heimat zu. Die Geschenke spiegeln letztendlich die Entwicklung der Heimatortsgemeinschaft und den kollektiven Zustand ihrer Mitglieder und deren Heimatbewusstsein im Wandel der Zeiten. Die „Geschenke“ bilden zunächst den Grundstock für die Ausstellung. Sie dokumentieren aber ebenso die donauschwäbische Gegenwart. Dementsprechend werden die Geschenke nach der Ausstellung in den Besitz der Ausstellungsveranstalter übergehen.
Die Ausstellung
Die Ausstellung stellt ein doppeltes Novum dar: Es ist nicht nur die erste Ausstellung, die sich den Aktivitäten der Heimatortsgemeinschaften widmet, sondern sie wird im Rahmen einer sich über drei Semester erstreckenden Lehrveranstaltung verwirklicht. Es handelt sich eigentlich um die erste studentische Ausstellung zu einem Heimatvertriebenen-Thema weit und breit. Dabei wird in der Ausstellung die Geschichte und die Gegenwart der regionalen Gruppen donauschwäbischer Heimatvertriebener in Baden-Württemberg gezeigt. Die Ausstellung ist der Geburtstagsgruß der Heimatvertriebenen und Aussiedler aus den donauschwäbischen Siedlungsgebieten, mithin auch aus dem Banat. Eine größere Öffentlichkeit wird dazu erwartet.
Die Sammelaktion der Geschenke ist abgeschlossen. Die eingegangenen Objekte liefern ein vielfältiges, lebendiges und buntes Bild des donauschwäbischen Lebens in Baden-Württemberg. Zwei Dinge sind die Arbeitsschwerpunkte zum jetzigen Zeitpunkt: (a) Inventarisierung der Objekte, vor allem deren Erschließung durch Beschreibung und Entschlüsselung ihrer Geschichte, (b) Dokumentation der Heimatortsgemeinschaften durch direkte Interviews und Telefonbefragung. Die erhobenen Daten bilden die Grundlage für die Ausstellung und das Begleitbuch. Erstmals werden die Heimatortsgemeinschaften ausführlich vorgestellt, somit wird auch erstmals ein Überblick über deren Wirken für die breite Öffentlichkeit gegeben. Ohne die aktive Bereitschaft der Heimatortsgemeinschaften, mitzuwirken, wäre so ein Vorhaben nicht möglich.