zur Druckansicht

Donaugeschichten als neue Attraktion

Direktor Christian Glass stellt die neuen attraktiven Vermittlungsangebote vor. Fotos: Martina Dach

Der Modellbauer Werner Klassmüller und seine für das DZM gefertigte Zille

Die Plakate sind bereits gedruckt. Das eine kündigt die Neueröffnung des Donauschwäbischen Zentralmuseums Ulm (DZM) am 1. April 2022 an, auf den beiden anderen werden die neuen Ausstellungen beworben, die die Museumsbesucher demnächst besichtigen können: „Donauschwaben. Aufbruch und Begegnung“ und „Donau. Flussgeschichten“. Die eine, zur Geschichte und Lebenswelt der Deutschen entlang der Donau, gelte es neu zu entdecken, die andere, neu hinzugekommene Ausstellung verspreche „Spannendes zur Donau und ihren Menschen – interaktiv und für die ganze Familie“. 

Bei einer Baustellenführung am 4. Februar konnten Pressevertreter erste Eindrücke gewinnen, wie die beiden künftigen Ausstellungen aussehen werden. Museumsdirektor Christian Glass und Charlotte Kaiser vom Berliner Studio „It’s about“, das den neuen Donau-Rundgang gestaltet hat, informierten über die im Herbst 2020 gestarteten umfassenden Umbau- und Modernisierungsarbeiten, die Inhalte und Gestaltungsprinzipien der beiden Ausstellungen sowie die neuen, für unterschiedliche Zielgruppen entwickelten Vermittlungsformate.

Christian Glass betonte, dass der Auftrag des im Jahr 2000 eröffneten Donauschwäbischen Zentralmuseum unverändert bleibe, nämlich die Geschichte der Donauschwaben vom ausgehenden 17. Jahrhundert bis in die Gegenwart zu präsentieren. Deshalb bleibe die auf 1000 Quadratmetern gezeigte Donauschwaben-Ausstellung Herzstück des Museums. Im Rahmen des Umbaus sei die historische Dauerausstellung grundlegend modernisiert und aktualisiert und damit auf den aktuellen wissenschaftlichen Stand gebracht worden. Um noch stärker auf das Publikum zuzugehen und Geschichte erlebbar zu machen, werde es eine Videostation geben, wo Interviews mit Zeitzeugen abgerufen werden können, die beispielweise über ihre Flucht und Vertreibung, ihr Leben unter dem kommunistischen Regime oder die Ankunft in der neuen Heimat erzählen.

Die Erlebnisgeneration – die nach dem Zweiten Weltkrieg aus den Donauländern geflüchteten, vertriebenen oder ausgesiedelten Donauschwaben, die als Betroffene ihre Geschichte im Museum erkunden wollen – schwinde und könne in Zukunft nicht mehr die hauptsächliche Zielgruppe des DZM sein, sagte Museumsdirektor Glass. Die Geschichte der Donauschwaben, „ein wichtiger Mosaikstein der europäischen Geschichte“, werde zwar auch weiterhin im Museum umfassend dargestellt, es sei jedoch erforderlich, sich auch für andere Zielgruppen zu öffnen. „Wir müssen uns neu erfinden, auf eine andere Grundlage stellen“, so Glass.

Deshalb werde es künftig neben der Ausstellung zur Geschichte der Donauschwaben einen zweiten, ganz neuen Ausstellungsrundgang mit dem Titel „Donau. Flussgeschichten“ geben. „Wir haben die Donau zu uns ins Haus gebracht und erzählen 22 Geschichten von den Menschen entlang der Donau, aber auch aus der Geschichte bis in die Gegenwart, vom Naturraum Donau, von den Fischern von Apatin, den Schiffmühlen auf der Donau, den Ulmer Schoppern und Donauschiffern, vom Eisernen Tor und der verschwundenen Donauinsel Ada Kaleh, von den schicksalhaften Geschichten, die sich an der Donau abgespielt haben“, erläuterte der Museumsdirektor die inhaltlichen Schwerpunkte der neuen Dauerausstellung. „Das ist keine stumme Vitrinen-Ausstellung, sondern eine Mitmach-Ausstellung, die sich gerade auch an Familien und jüngere Besucher wendet“, betont er. Es sei alles so angelegt, „dass es ein völlig neues Museumserlebnis gibt“.

Noch braucht es Fantasie, um sich die interaktive und erlebnisorientierte Ausstellung zur Kulturgeschichte der Donau und des Donauraums vorzustellen, aber einen ersten Eindruck kann man sich schon jetzt machen: Ein auf den Boden der ehemaligen Geschützkasematten aufgemaltes blaues Band zieht sich flussartig durch den denkmalgeschützten Kasernenbau. Und am Eingang der neuen Schau schwimmt als Relief an der Wand ein riesiger „Donausaurier“, ein nachgebildeter Stör, der in der Donau heimisch und heute vom Aussterben bedroht ist. Außerdem konnte ein künftiges Exponat in Augenschein genommen werden: Werner Klassmüller aus Unterelchingen präsentierte ein filigranes Modell der Ulmer Schachtel, das er in jahrelanger geduldiger Kleinarbeit originalgetreu nachgebaut hat. Wobei es sich, wie er betonte, nicht um eine Ulmer Schachtel, sondern um eine Ulmer Zille handelt.

Von den neuen, vom Museumsteam entwickelten Angeboten im Bereich Kulturelle Bildung und Vermittlung konnten sich die Teilnehmer des Presserundgangs ebenfalls ein Bild machen. Sie reichen von dem Gruppenspiel „Mord an der Donau“, einem Puzzle über die zehn Donauländer und einem Museumskoffer über ein Medienguide in englischer Sprache bis hin zu mehreren Mitmach- und Medienstationen. Zudem erhalten die Ausstellungs- und Tagungsräume öffentlich zugängliches WLAN und es entsteht ein einladender Kassen- und Shop-Bereich. Damit soll ein breiteres und jüngeres Publikum ins DZM gelockt werden. Die Modernisierung des Museums kostet 1,65 Millionen Euro und wird von der Stadt Ulm, dem Land Baden-Württemberg und dem Bund finanziert. Zusätzlich hat die Stadt Ulm als Eigentümerin des Festungsbaus noch einmal fast eine Million Euro in die Gebäudetechnik und den Brandschutz investiert.

Nach fast eineinhalb Jahren öffnet das erneuerte Donauschwäbische Zentralmuseum am 1. April wieder seine Tore. „Kein Aprilscherz“, versicherte Christian Glass. Eine offizielle Feier ist während des Internationalen Donaufests Ulm/ Neu-Ulm im Juli geplant.