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Postkarten aus drei Epochen

Blick auf das Bega-Ufer in Temeswar. Emil Banciu digitalisiert Bilder und Ansichtskarten, erstellt daraus Alben.

Eine Reise fängt, so war es zumindest früher, meist am Bahnhof an. Deshalb startete Emil Banciu seine Bilderschau am Temeswarer  Hauptbahnhof, der um die Jahrhundertwende  noch „Josefstädter Bahnhof“ hieß und ein imposantes neoklassizistisches Gebäude war. Auch andere Perlen der Stadtgeschichte hatte Banciu in petto und im Publikum fanden sich durchaus „Experten“, um die Gebäude aus ihrer Erinnerung zu identifizieren. So manche davon gibt es nicht mehr, wie den Bahnhof, der im Zweiten Weltkrieg zerbombt wurde. Bei vielen hat sich im Laufe der Zeit das Umfeld geändert.

Es war nicht immer einfach, den Gang durch die Stadtgeschichte zu verfolgen, der gleich dreifach nostalgisch war: Zunächst führte der Spaziergang durch das Temeswar der Jahrhundertwende vor dem Ersten Weltkrieg. Die damals noch ungewohnten Fotografien wurden der Gefälligkeit halber koloriert und wirken wie kleine Gemälde. Zeugen dieser Zeit gab es im Publikum wohl keine, aber viele der Bauten standen auch im Zweiten Zeitabschnitt noch, der Zwischenkriegszeit. Die Postkarten jener Zeit sind schwarz-weiß und zeugen schon von einer gewissen fotografischen Routine. Temeswar hatte inzwischen die Änderung seiner Staatszugehörigkeit erfahren und war nun eine Stadt in Rumänien. Das wirkte sich auch auf das Stadtbild aus, das zu den Bauten der ungarischen Zeit nun neue architektonische Elemente wie die orthodoxe Kathedrale erhielt, zu deren Eröffnung der rumänische König anreiste. Der dritte Teil der Präsentation war den meisten Anwesenden vertraut: Temeswar zur Zeit des Sozialismus. Die Postkarten dieser „glorreichen Epoche“ präsentieren nicht selten stolz die Plattenbauten der Neuzeit. Viele davon entstanden auch in Lücken, die die Kriegszerstörung hinterlassen hatte. Dazwischen  lassen sich aber  immer wieder die bereits bekannten Bauten im „Wiener“ Stil erkennen und das Nebeneinander war oft auch gelungen. Der Vollständigkeit halber müsste noch eine Präsentation der heutigen Stadt erfolgen, die sich nach der Wende 1989 wieder deutlich verändert hat. Doch das ist nicht das Betätigungsfeld von Emil Banciu. Er hat sich der Vergangenheit verschrieben, die er mit Hilfe seiner digitalen Bildbände wach ruft. An Leute, die lieber in einem Album blättern, hat er allerdings auch gedacht: Die drei Zeitepochen von Temeswar sind jeweils in Bildbänden dokumentiert, die man im Kulturzentrum in Ulm erwerben und gleich signieren lassen konnte.