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Aktuelle Aufgaben und Projekte unserer Heimatdiözese

Bischof Martin Roos (links) im Gespräch mit dem Bundesvorsitzenden Peter-Dietmar Leber und dem Verantwortlichen Redakteur der „Banater Post“, Walter Tonţa. Foto: Karin Bohnenschuh

Am 28. März besuchte Seine Exzellenz Martin Roos, Bischof der Diözese Temeswar, die Bundesgeschäftsstelle der Landsmannschaft der Banater Schwaben in der Karwendelstraße in München. Dabei informierte sich Bischof Roos über die Arbeit der Mitarbeiter in der Verwaltung und der Redaktion der „Banater Post“ und führte anschließend mit dem Bundesvorsitzenden unseres Verbandes, Peter-Dietmar Leber, sowie dem Verantwortlichen Redakteur der „Banater Post“, Walter Tonţa, ein ausführliches Gespräch über die aktuelle Situation in der Diözese Temeswar und über die Arbeit unserer Landsmannschaft. Beide Seiten waren sich darüber einig, dass die katholische Kirche im Banat für unsere in Deutschland lebenden und in der Landsmannschaft organisierten Landsleute nicht nur hinsichtlich unserer Vergangenheit im Banat von großer Bedeutung ist. Die bereits bestehende enge Koopera-tion soll in Bezug auf gemeinsame Anliegen und Projekte noch ausgebaut werden. Im folgenden Interview sind wichtige Passagen dieses Informationsaustausches abgedruckt.

Im vergangenen Jahr feierte die Stadt Temeswar 300 Jahre seit ihrer Befreiung von der osmanischen Herrschaft. Auf Initiative Eurer Exzellenz kam eine große Jubiläumsausstellung zustande, an der zahlreiche Kooperationspartner – darunter auch unsere Landsmannschaft – beteiligt waren. Wie bewerten Sie im Rückblick die Bedeutung dieser Ausstellung und die Resonanz darauf?

Ich war sehr überrascht von der positiven Reaktion der verschiedenen Institutionen in Temeswar und der Glaubensgemeinschaften auf meinen Vorschlag, gemeinsam eine Ausstellung auf die Beine zu stellen, die diesem Meilenstein der Geschichte Temeswars und des Banats gewidmet sein sollte. Der Anlass war ja ein runder gewesen; „runder“ konnte es gar nicht sein. Es war schon manchmal notwendig, etwas Dampf unter den Kessel zu bringen, um das Projekt voranzutreiben. Dass letzten Endes alle zusammengestanden sind und ihren Beitrag zur Realisierung der Ausstellung erbracht
haben, war ein Novum. Dank der Bemühungen unserer Diözese, des Nationalen Museums des Banats und der Kooperationspartner ist es gelungen, eine schöne, umfassende Jubiläumsausstellung zu gestalten.

Die Ausstellung ist auf eine äußerst positive Resonanz gestoßen. Zuerst wurde sie ja in der Theresienbastion gezeigt, im Oktober 2016 haben wir sie dann zu uns, ins Bischofspalais geholt und in den renovierten Räumlichkeiten des Diö-zesanmuseums präsentiert. Bei uns wurden mehr als 1300 Besucher verzeichnet, mehr als in der Bastion. Zur Eröffnung der Ausstellung bei uns im Haus waren viele Gäste gekommen, die sich anerkennend dazu geäußert haben. Wir hatten auch Vertreter aus dem serbischen und ungarischen Teil des Banats eingeladen, Museums- und Archivdirektoren aus Pantschowa, Werschetz, Kikinda, Großbetschkerek und Makó, sodass mehr oder weniger das
gesamte historische Banat nach fast hundertjähriger Trennung wieder vereint war. Das war ein weiteres Novum bei dieser Ausstellung.

Positiv eingestellt waren auch die einzelnen Glaubensgemeinschaften, da sie in die Ausstellung mit eingebunden waren. Neben der Römisch-Katholischen Diözese Temeswar hatten das Serbisch-Orthodoxe Bistum Temeswar, die Rumänisch-Orthodoxe Metropolie des Banats, das Griechisch-Katholische Bistum Lugosch und die Jüdische Gemeinde Temeswar Exponate zur Verfügung gestellt, sodass sich alle Konfessionen in der Ausstellung wiederfanden. Auch dies ein nicht zu unterschätzender Aspekt.

Jedenfalls war es eine rundum gelungene Sache. Natürlich hätten wir uns noch mehr Besucher gewünscht, aber dass die Ausstellung durchwegs positiv aufgenommen wurde, stimmt uns zufrieden.

Wie ist es um den Ausstellungskatalog bestellt? Wird dieser noch erscheinen?

Dass der Katalog noch nicht fertig ist, schmerzt schon. Zur Ausstellungseröffnung wäre dieser willkommen gewesen, jetzt weiß ich nicht, ob das Interesse an einer solchen Publikation weiter besteht. Auf alle Fälle wird an dem Katalog gearbeitet und wir hoffen, dass er bald erscheint. Das Vorwort in drei Sprachen habe ich schon längst abgegeben. Die Beschreibung der Exponate wird mehrsprachig sein, die Texte werden auf Rumänisch vorliegen.

Innerhalb des Diözesanmuseums haben wir einen eigenen Raum eingerichtet, der dem 300. Jubiläum der Befreiung Temeswars gewidmet ist. Und im nächsten Jahr steht ein weiteres Jubiläum an: 300 Jahre seit der Wahl des ersten deutschen Magistrats von Temeswar. Mit dem Direktor des Banater Museums habe ich bereits vereinbart, dass er uns das mit der Konstituierung des Temeswarer Magistrats angelegte „Bürgerbuch“ zur Ausstellung im Original zur Verfügung stellt. Er lässt es jetzt restaurieren. Das „Bürgerbuch“ ist ein wichtiges Dokument, denn es enthält neben dem Register der Bürger ein sehr aufschlussreiches „Vorwort“, eigentlich eine Darstellung der Eroberung der Festung Temeswar im Jahr 1716. Ich habe den bisher wenig bekannten Text buchstabengetreu abgeschrieben und will ihn demnächst publizieren. Angesichts des besonderen Quellenwertes, der dem „Bürgerbuch“ zukommt, bin ich der Meinung, dass man es – zumindest den ersten Band, der bis 1832 reicht – irgendwann veröffentlichen sollte.

Sie sprachen von der Absicht, das „Vorwort“ des „Bürgerbuchs“ zu publizieren. Können Sie uns Näheres zu diesem Buchprojekt verraten?

Ich versuche, für nächstes Jahr die wichtigsten Dokumente aus der Zeit zwischen 1716 und 1739 im Urtext herauszugeben, daran arbeite ich gerade. Das sind die bereits erwähnte Darstellung der Ereignisse von 1716 im „Bürgerbuch“, die Kapitulationsvereinbarung vom 13. Oktober 1716, das Einrichtungsprojekt von Graf Mercy, die von ihm angeordnete erste Konskription des Banats, dann die Jahresberichte der Jesuiten, eine sehr interessante Beschreibung des Banats von 1734, das Pestgelöbnis von 1739, die Ernennungsurkunde von Bischof Falkenstein, ebenfalls aus dem Jahr 1739. Diese Dokumentenedition ist sozusagen noch das Nachspiel zu der Jubiläumsausstellung.

Ich habe die handschriftlichen Texte transkribiert, sodass neben der Urschrift die Texte auch noch in
Maschinenschrift abgedruckt werden. Zwar hat man sich immer wieder auf diese Dokumente berufen, aber bisher sind sie so nicht publiziert worden; und lesen können sie sowieso die wenigsten.

Der Dom zu Temeswar soll demnächst mit EU-Mitteln saniert werden. Was ist hier der Stand der Dinge?

Das Projekt ist vorerst in der bürokratischen Phase, von den zuständigen staatlichen Stellen in Temeswar ist es sehr positiv beurteilt worden. Von möglichen 90 oder 92 Punkten hat das Projekt 86 Punkte erreicht. Die damit befassten Behörden stehen sehr dahinter, und das freut uns
natürlich. Es ist das beste Projekt, das sie zurzeit haben.

Die Sanierung ist notwendig geworden, vor allem im Innenbereich. Der Fußboden ist ja schon seit Generationen ziemlich wellig, der muss planiert und begradigt werden. Auch die alten Bänke müssen zum Teil erneuert werden. Außen verträgt die Domkirche zumindest einen neuen Anstrich. Darüber hinaus sind noch kleinere Arbeiten sowohl im Innen- als auch im Außenbereich notwendig. Mit den Arbeiten selber kann wahrscheinlich erst nächstes Jahr begonnen werden, bis dahin haben wir alle bürokratischen Hürden zu nehmen. Ich glaube schon, dass es eine gute Sache wird, handelt es sich doch hier um die Hauptkirche unserer Diözese und des Banats. Wir wollen alles in Ordnung bringen und die Kathedrale an die kommende Generation in einem guten Zustand übergeben.

(Anmerkung der Redaktion: In der Zwischenzeit ist der Finanzierungsvertrag zur Domsanierung im Gesamtwert von fast 5 Millionen Euro unter Dach und Fach. Wir informierten darüber in der vorherigen Ausgabe.)

Wird der Dom eine Zeitlang auch geschlossen werden müssen?

Da die Kirche wegen der anstehenden Fußboden- und Gestühlerneuerung ausgeräumt werden muss, gehen wir davon aus, dass sie für etwa zwei Jahre geschlossen sein wird.

Der Wallfahrtskomplex Maria Radna wurde in den Jahren 2013-2015 umfassend saniert. Ziel des größtenteils mit EU-Geldern realisierten Projekts war es, Basilika und ehemaliges Kloster in den touristischen Kreislauf einzubinden, den Kulturtourismus und die wirtschaftliche Infrastruktur in der Umgebung zu fördern. Was ist diesbezüglich nach den groß angelegten Feierlichkeiten aus Anlass des Abschlusses des Sanierungsprojekts am 2. August 2015 geschehen?

Zum einen ist die permanente Ausstellung vor Ort zu nennen. Mittels ansprechend gestalteten Schautafeln und eindrucksvollen Exponaten wird hier die Geschichte des Franziskanerordens, die Entstehung der Wallfahrtsbasilika und die Geschichte der Wallfahrt zum Gnadenbild von Maria Radna mehrsprachig dargestellt. Die Erstellung eines Katalogs oder Museumsführers steht noch an. Das Bild- und Textmaterial liegt größtenteils vor, allerdings steht die Entscheidung bezüglich des Formats noch aus.

Zum anderen haben wir ein modern gestaltetes Informationszentrum eingerichtet. Wir müssen jetzt danach trachten, die Möglichkeiten zu nutzen, die sich mit der Renovierung der Wallfahrtsstätte ergeben haben, und verschiedene Projekte auf den Weg zu bringen. So ist zum Beispiel eine Hauswirtschaftsschule geplant, die Köche und Kellner ausbilden soll. In Rumänien fehlt dafür die Grundstruktur, es gibt keine Ausbildungsstätten in diesem Bereich. Deswegen glaube ich schon, dass dies eine gute Idee ist und Früchte tragen wird. Aber es dauert schon seine Zeit, bis ein solches Projekt auch nach außen hin sichtbar wird.

Maria Radna selber ist jetzt schon gut angenommen, von der Bevölkerung und den Gläubigen sowieso, aber auch vom Tourismus her. Die Stellen sind mittlerweile alle besetzt, die Angestellten verrichten ihre
Arbeit und es ist uns auch gelungen, das vergangene Jahr gut über die Bühne zu bringen was die Gehälter und sonstige finanzielle Aufwendungen anbelangt.

Was in Radna noch ansteht, ist die Renovierung des Wallfahrtsbergs hinter der Kirche mit seinen Kreuzgwegstationen. Und irgendwann muss auch der Innenbereich der Basilika einer Renovierung unterzogen werden.

Wie sieht es mit der Struktur der Pilger aus, die nach Maria Radna kommen? Viele sollen aus Ungarn kommen, und auch rumänisch-orthodoxe Gläubige sollen hierher pilgern.

Rumänisch-orthodoxe Gläubige kamen immer schon, die griechisch-katholischen sowieso. Die Rumänen empfinden einen besonderen Respekt für Radna und, wie mir Pater Ernst Harnisch erzählte, hatte der „stareţ“ von Radna selbst im Gefängnis immer eine besondere Stellung.

Was Ungarn anbelangt, hat sich die Wallfahrt sehr gut entwickelt, auch der Tourismus. Das ist natürlich noch ausbaufähig, aber es gab schon immer einen gewissen Stamm von Pilgern, die aus Ungarn, auch aus Teilen der ehemaligen Diözese, nach Radna gekommen sind. Was noch ansteht sind die Pilgerfahrten aus dem serbischen Banat. Dort ist die mit Radna verbundene Wallfahrtstradition immer noch im Bewusstsein. Abgesehen von einigen Privatinitiativen ist diesbezüglich noch nicht viel geschehen. Es hängt auch oft von den jeweiligen Pfarrern ab. Von daher glaube ich, dass da noch gewisse Entfaltungsmöglichkeiten gegeben sind, die man durchaus etwas mehr ankurbeln sollte, zumal auch Serbien heutzutage etwas offener ist gegenüber früher.

Das setzt auch intensivere Beziehungen zu den Schwesterdiözesen Szeged-Csanád und Großbetschkerek voraus. Wie gestaltet sich zurzeit der Kontakt zu den Nachbarbistümern in Ungarn und Serbien?

Mit Szegedin klappt die Zusammenarbeit wunderbar, eigentlich auch mit der Diözese Großbetschkerek, die sich in einer noch schlimmeren Situation befindet als wir, sowohl was die Zahl der Gläubigen anbelangt als auch hinsichtlich der Zahl der Priester. Wir pflegen nicht nur den Kontakt zu den Bischöfen, sondern versuchen auch, die Kontakte mit den Priestern zu intensivieren und im Rahmen unserer Möglichkeiten zu helfen.

Die Seelsorge in der Diözese Großbetschkerek läuft zum größten Teil auf Ungarisch. Hie und da gibt es noch Deutsche, ein paar Verlorene, aber sie sind da. Das sind kleine, mehr oder weniger versteckte „Zellen“, die unsere Beachtung verdienen. Sie haben deutsche Vereine gegründet und fühlen sich dem Deutschtum verbunden, auch wenn es nicht mehr alles Deutsche sind und die wenigsten von ihnen noch Deutsch können. Letztes Jahr war ich beispielsweise in Kikinda, um auf ausdrücklichen Wunsch der dortigen Deutschen eine Predigt in deutscher Sprache zu halten. Dann fahre ich immer wieder nach Werschetz oder nach Weißkirchen, ebenfalls mit einer deutschen Predigt. So pflegen wir die Kontakte zu den wenigen in der Diözese Großbetschkerek lebenden Deutschen.

Außerdem habe ich in den letzten drei Jahren immer wieder einen Kaplan in das Nachbarbistum geschickt. Wir haben hier kroatische Geistliche, die auch das Serbische und das Ungarische beherrschen. Sie gehen für ein Jahr in eine Pfarrei und helfen dort aus. Das hat sich bewährt und soll auch in Zukunft fortgesetzt werden. Von dem Kaplan, der sein Seelsorgeamt in Kikinda versehen hat, habe ich erfahren, dass er an Allerseelen auch ein deutsches Gebet auf dem Friedhof gesprochen hat. Der Pfarrer von Kikinda ist diesbezüglich sehr offen. Obwohl er selber kein Deutsch spricht, unterstützt er die kleine deutsche Gruppe und gesteht ihr immer wieder auch etwas zu.

Wie gestaltet sich der Kontakt der aus dem Banat stammenden und jetzt in Deutschland lebenden Priester zur Heimatdiözese? Halten alle noch die Beziehung aufrecht?

Es hängt von jedem Priester selber ab, inwieweit er den Kontakt sucht oder pflegen will. Insofern ist es unterschiedlich: Manche pflegen den Kontakt noch, andere wollen dies nicht mehr. Ein jeder soll es so handhaben, wie er es für richtig hält. Es sind da auch noch gewisse Wunden und Narben aus der Vergangenheit, zumal mancher Priester nicht gerade in geordneten Verhältnissen ausgewandert ist. Es gibt aber durchaus welche, die ganz offen sind und sich dafür interessieren, was in der Heimatdiözese passiert.

Die Kirche ist für uns ein wichtiger Ansprechpartner im Banat. Wir sind froh und dankbar, dass wir den direkten Kontakt vor allem über Diözesanarchivar Claudiu Călin pflegen können. In welchen Bereichen könnten Sie sich eine bessere Zusammenarbeit mit der Landsmannschaft vorstellen, wo könnten wir Sie stärker unterstützen?

Das, was schon vorhanden ist, ist eigentlich positiv genug und trägt in die Zukunft. Bei konkreten Vorhaben müsste mehr von Euch kommen; von unserer Seite her gilt es zu beachten, dass wir in der Diözese in verschiedene Aufgaben eingebunden sind und, angesichts der vielen Nationalitäten, die wir dort haben, eine gewisse Vorsicht walten lassen müssen. Aber eine Offenheit unsererseits ist gegeben und wir sind auch gerne bereit, mit Ihnen gemeinsam bestimmte Projekte durchzuführen. Leider konnte ich bisher an den Heimattagen in Ulm nicht teilnehmen, da ich an Pfingsten im Dom mit der Spendung der Firmung gebunden bin. Aber hin und wieder konnte ich einen Vertreter unserer Diözese nach Ulm entsenden.

Eure Exzellenz, wir danken Ihnen für das Gespräch.