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Ein sichtbares Zeichen gegen das Vergessen

In einem Festakt, der am 7. September vor der Gertianoscher Heimatkirche stattfand, wurde die von der HOG Gertianosch gestiftete Gedenktafel durch den HOG-Vorsitzenden Anton Tiberius Halmos und Ioan Sima, Bürgermeister der Gemeinde Cărpiniș, enthüllt. Die Segnung nahm Monsignore Johann Dirschl, Generalvikar der Diözese Temeswar, vor.

Die HOG Gertianosch stiftete eine dreisprachige Gedenktafel

In Anwesenheit der aus Deutschland und Österreich angereisten Gäste fand am Denkmal für die Verstorbenen des Ersten und Zweiten Weltkriegs die Totenehrung mit Kranzniederlegung statt. Fotos: HOG Gertianosch

HOG Gertianosch: Gedenktafel erinnert an die Leistungen der einstigen deutschen Dorfgemeinschaft. Die positiven historischen Entwicklungen im vereinten Europa in den letzten zweieinhalb Jahrzehnten ermöglichen unseren landsmannschaftlichen Gliederungen ihre Beziehungen zu ehemaligen Auswanderungsregionen und Kommunen neu zu gestalten. Wichtig dabei ist das Bestreben nach einer kontinuierlichen, konstruktiven Kooperation mit den örtlichen Würdenträgern, die auch Begegnungen und Gedankenaustausch sowohl in der alten Heimat als auch in der Bundesrepublik Deutschland mit einschließt.

Die Heimatortsgemeinschaft Gertianosch hat nach dem Sturz der kommunistischen Diktatur in Rumänien bis heute mehrere Hilfsaktionen organisiert: für bedürftige Bürger, für die Unterstützung neu gegründeter Vereine, für die Ausstattung der örtlichen freiwilligen Feuerwehr – um nur einige zu nennen. Darüber wurde in der „Banater Post“ berichtet. Anlässlich bedeutender Veranstaltungen unserer HOG werden regelmäßig Vertreter des Gertianoscher Gemeinderates eingeladen. Im Gegenzug nehmen Mitglieder des HOG-Vorstandes Einladungen von Kommunalpolitikern und Vereinen dankend an und zeigen Präsenz bei wichtigen kommunalen Feierlichkeiten. Beide Seiten haben das Bemühen engagierter Ehrenamtlicher und Würdenträger mit Dank- oder Ehrenurkunden honoriert.

In den letzten zweieinhalb Jahrzehnten entwickelte sich eine zunehmend vertrauensvolle, fruchtbare Zusammenarbeit zwischen dem örtlichen Gemeinderat und dem HOG-Vorstand, die uns ermöglichte, Großprojekte wie die Errichtung des Ehrendenkmals für die Opfer des Zweiten Weltkrieges auf dem Gertianoscher Friedhof oder die Renovierung der römisch-katholischen Kirche zu verwirklichen und die Feierlichkeiten anlässlich des 225-jährigen Jubiläums der eigenständigen römisch-katholischen Kirchengemeinde Gertianosch im Jahr 2010 in Gertianosch selbst und in der Bundesrepublik Deutschland erfolgreich zu organisieren.

Der Vorstand der HOG Gertianosch griff in seiner Sitzung 2012 den Vorschlag von Michael Johann Mettler auf, eine Gedenktafel zu entwerfen und an der Fassade der römisch-katholischen Kirche im Heimatort anzubringen. Gedenktafeln – so unsere Überlegungen – schaffen Orientierung in einem begrenzten Raum und können zur Identifikation der Bewohner dieses Raumes beitragen oder den Wanderer, der gelegentlich vorbeikommt, zum Nachdenken anregen. Sie rufen „den historischen Wert eines Ortes in Erinnerung”, so Martin Schönfeld vom Aktiven Museum Berlin 1993.

Unsere Gedenktafel sollte an die Leistungen der deutschen Gertianoscher Dorfgemeinschaft von 1785 bis zum Leidensweg nach der großen Zäsur 1944 erinnern, gleichzeitig jedoch den nachfolgenden Generationen zur Mahnung dienen und die bisherigen Bemühungen der HOG Gertianosch zum Erhalt von Zeugnissen deutscher Kultur vor Ort ergänzen.

Die Gedenktafel ist ein von der HOG Gertianosch gestifteter und  von der Firma „fehlingform Bronzeobjekte” aus Driedorf kunstvoll gefertigter Bronzeguss mit einem dreisprachig (Deutsch, Rumänisch, Ungarisch) verfassten, inhaltlich identischen Text: kurz, leicht einprägsam, aussagekräftig. Er klärt historisch auf, mahnt zeitgemäß und enthält sowohl versöhnungs- als auch hoffnungsvolle Zukunftsgedanken. Die Inschrift der Gedenktafel lautet: „Gertianosch / Gegen das Vergessen! Den Lebenden zur Erinnerung! / Wanderer, halte hier einen Augenblick inne! / Zum Gedenken an die deutschen Siedler, die durch ihren Pioniergeist das Entstehen und Gedeihen der Gemeinde Gertianosch (Cărpiniș) 1785 – 1944 gewährleisteten. Die Folgen des II. Weltkrieges – Flucht, Entrechtung, Enteignung, Zwangsarbeit in der Sowjetunion, Deportation in den Bărăgan und der Exodus Ende des XX. Jh. – bewirkten die endgültige Auflösung der deutschen Dorfgemeinschaft Gertianosch. Mögen die Bewohner der Gemeinde Cărpiniș unser Erbe bewahren und zu ihrem eigenen Wohler-gehen ausbauen. / Die Heimatortsgemeinschaft Gertianosch, Deutschland, 2014“.

Nach zweijähriger Vorbereitung fand am 7. September 2014 die feierliche Enthüllung und Einweihung der Gedenktafel statt, anlässlich des Rosalienfestes der Gertianoscher Katholiken und des traditionellen Gemeindefestes „Ziua Cărpinișului“ der gegenwärtigen Dorfgemeinschaft. Dem Festakt wohnten bei:
Ioan Sima, Bürgermeister der Gemeinde Gertianosch, Anton Tiberius Halmos, Vorsitzender der HOG Gertianosch, Msgr. Johann Dirschl, Generalvikar der Diözese Temeswar, Pfarrer Dr. Davor Lucacela, Pfarrer i. R. Gheorghe Katič, Liebgard Takács, Organistin, Mitglieder des Gemeinderates, Vertreter des deutschen Ortsforums, die Rekascher Blasmusikkapelle unter der Leitung von Mathias Henschel, Gäste aus Deutschland und Österreich, Freunde und Bekannte von nah und fern.

Halmos und Sima begrüßten die Teilnehmer und nahmen die Enthüllung der Gedenktafel vor, untermalt von den Klängen der „Banater Hymne“, gespielt von der Rekascher Kapelle. Halmos sagte: „Möge diese Gedenktafel ein Zeichen der Erinnerung an die Leistungen unserer Vorfahren und deren Nachkommen, aber auch ein Zeichen der Bewahrung und der Zukunft sein, ein Zeichen, welches nicht zulässt, dass das Unrecht der Kriegs- und Nachkriegsjahre vergessen wird. Damit wollen wir aber auch eine Brücke bauen zu den Menschen, die heute in Gertianosch/Cărpiniș leben und zu allen Generationen, die in dieser Gemeinde in Zukunft noch wohnen werden. Denn nur die Erinnerung, die uns zum Bewahren führt, versetzt die Menschen in die Lage, eine friedvolle, auf gegenseitige Achtung aufgebaute Zukunft zu gestalten.“ Danach folgte die Segnung durch Msgr. Johann Dirschl. Damit gewann die Gedenktafel die Bedeutung, die wir uns alle wünschen: Erinnerung und Mahnung!

Die anwesenden Gäste wohnten sodann der Totenehrung und Kranzniederlegung an den zwei Denkmälern bei, die auf dem Gemeindefriedhof an die Opfer des Ersten und Zweiten Weltkrieges erinnern. Das stille Gedenken wurde von den Klängen des Liedes „Ich hatt’ einen Kammeraden“ begleitet.
Unser Gastgeber – der Gemeinderat von Gertianosch – überraschte uns danach mit einem köstlichen Mittagmahl im Kulturhaus und lud uns ein, an dem vielseitigen Rahmenprogramm des „Gemeindetages“ teilzunehmen. Dieser herzlichen Einladung sind wir dankend gefolgt. Für alle Gäste und Anwesenden war das abwechslungsreiche Angebot ein kulinarischer, geistiger und entspannender Genuss.

Die Rekascher Blasmusikkapelle ließ spontan ihr Können ins musikalische Programm einfließen. Sofort bewog die flotte Musik Jung und Alt, das Tanzbein zu schwingen. Erst bei Anbruch des Abends fuhren wir zurück nach Temeswar.
Als Zugabe für unsere Reisegruppe gab es Montagmorgen einen Besuch bei den Heimbewohnern des Adam-Müller-Guttenbrunn-Hauses. Der Stadtrundgang unter der Führung von Prof. Dr. Walter Kindl, dem es gelungen ist, spannend und humorvoll aus seinem reichen Wissensschatz zu berichten, krönte am Nachmittag unseren dreitägigen Aufenthalt in der Banater Metropole. Dieser fand seinen Ausklang am Abend in gemütlicher Runde, bei Musik, Gesang und heiterer Stimmung.

Es war eine gut organisierte, inhaltsreiche, erlebnisvolle Reise in die Vergangenheit mit vielen schönen Eindrücken und gleichzeitig positiven Erfahrungen für die Zukunft, so der Tenor der Reisegruppe. Den Organisatoren Anton Tiberius Halmos, Josef Jakob, Michael Johann Mettler, Josef Potye und den geselligen, freundlichen und rücksichtsvollen Mitreisenden ein herzliches Dankeschön!