Bundeskanzlerin Angela Merkel hat beim Jahresempfang des Bundes der Vertriebenen am 20. März in Berlin eine bemerkenswerte Rede gehalten. Mit Bundesinnenminister Friedrich, dem CDU/CSU-Fraktionsvorsitzenden Kauder und mehreren Bundestagsabgeordneten der Union an der Seite sagte die Kanzlerin, dass das Kulturerbe der Deutschen aus dem Osten und Südosten Teil deutscher Identität sei, dass es sehr wichtig sei, dieses Kulturerbe zu erforschen und der jungen Generation zu vermitteln, dass die Siedlungsgeschichte der Deutschen im Osten mit dem Zweiten Weltkrieg eine grausame Zäsur erfahren habe, dass Vertreibung Unrecht sei, dass dieser Teil der Geschichte nicht ausgeklammert werden dürfe und dass eine Aufarbeitung von Flucht und Vertreibung nach dem Krieg zu kurz gekommen sei. Die Kanzlerin vergaß auch nicht, Erika Steinbach zu danken, deren Einsatz die Stiftung „Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ erst ermöglicht habe. Sie wolle aufpassen, dass es auch wirklich Schritt für Schritt weitergehe.
Dieses „Weitergehen“ erfordert auch unsere Mitwirkung. Für die Dauerausstellung der Stiftung in Berlin werden nach wie vor Dokumente, Fotografien und persönliche Erinnerungsstücke gesucht, die an Deportationen, an Flucht und Vertreibung und an Aussiedlung erinnern. Erschreckend gering ist bisher unser Stellenwert in den gezeigten Ausstellungen; wir können dies aber noch korrigieren. Wichtig ist, dass sich jede Gliederung, jede Einrichtung der Landsmannschaft dabei einbringt und sich als Teil dieser Gemeinschaft begreift, damit dieses große Projekt „eine Lücke in der deutschen Geschichtsaufarbeitung“ schließen kann.
In ihrer Rede in Berlin hat die Bundeskanzlerin lobende Worte für die Arbeit des Bundes der Vertriebenen und der Landsmannschaften gefunden und viel Anteilnahme am Leid jener Menschen gezeigt, die unter Zwang ihre Heimat verloren haben. Nicht geäußert hat sie sich zu zwei Themen, für die sie sich jedoch auch schon stark gemacht hatte: Für die Einführung eines nationalen Gedenktages für die Opfer von Flucht und Vertreibung sowie für eine Entschädigung deutscher Zwangsarbeiter nach dem Zweiten Weltkrieg – eine Forderung der CDU und FDP, als sie noch in der Opposition waren. Jeder weiß, dass es mehr als 65 Jahre nach diesen tragischen Ereignissen hier nicht mehr um Verteilung oder Umverteilung, sondern eher um das Setzen eines moralischen Zeichens gehen kann. Warum fällt dies so schwer?