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»Erlebnisgenerationen«

Sie nannte sich „Erlebnisgeneration“, wenn es um Banater Bezüge ging und war sehr selbstbewusst. Das Selbstbewusstsein speiste sich aus der Verantwortung, die diese Generation in vielen Belangen  innerhalb der eigenen Gemeinschaft übernehmen durfte, auch wenn sie ihr nicht immer gewachsen war. Die Angehörigen dieser Generation sagten oft, dass sie  die „gute alte Zeit“ zwischen den beiden Weltkriegen im Banat  erlebt hätten. Alles, was nachher gekommen ist, musste in ihren  Augen diesem Vergleich standhalten. Aufgrund der tiefgreifenden politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Umbrüche und Verwerfungen nach dem Krieg im Banat standen die Angehörigen der nächsten Generation nach  diesem Vergleich eher schlecht da. Ihnen war die materielle Grundlage entzogen, sie waren rechtlos, eingeschüchtert, Verfolgungen ausgesetzt; an Brauchtum, Kultur und Glaube klammerte man sich und suchte darin Halt.

Heute haben wir in unserer Landsmannschaft Mitglieder, die noch  zu Kaisers Zeiten in der Doppelmonarchie Österreich-Ungarn  geboren wurden, Angehörige der Generation, die in der Zwischenkriegszeit das Licht der Welt erblickt haben, Landsleute, die im kommunistischen Rumänien zur Welt kamen und solche, in deren Ausweisen ihre jetzigen Wohnorte auch die Geburtsorte sind: in Deutschland, in Österreich, den USA oder Kanada. Sie alle sind, auf unsere Gemeinschaft bezogen, „Erlebnisgeneration“, sind nach ihrem eigenen Selbstverständnis Banater Schwaben und nach wie vor durch viele sichtbare und noch mehr unsichtbare Fäden mit  unserer Gemeinschaft und Lebensart verbunden.

Viele haben die Kraft und Bedeutung von Traditionen, von Gemeinschaftswerten, von Zusammenhalt, von Heimatbewusstsein unterschätzt. Sie haben sie verdrängt, als verstaubt und antiquiert in eine Ecke geschoben und merken –  spätestens im Egoismus allein-gelassen –, wie bestimmend nach wie vor vieles ist, was in Generationen vorgelebt und weitergegeben worden ist. Gut zu beobachten war dies in diesem Jahr beim  Heimattag in Ulm. Auf der Bühne der Donauhalle agierte am Pfingstnachmittag die junge  Generation der in Deutschland  geborenen Banater Schwaben; die Zuschauerreihen waren von den Generationen der noch im Banat geprägten Landsleute gefüllt. Sie alle haben dem Begriff „Erlebnisgeneration“ an diesem Tag, aber auch an all den anderen Tagen, an denen landsmannschaftliche Veranstaltungen und Begegnungen stattfinden, einen neuen Inhalt  gegeben. Die Gemeinschaft wird als Festtagsereignis erlebt, sie  erfordert bewusstes und überlegtes Tun, sie birgt nach wie vor viele Freuden. Für alle Generationen.