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17. Volkstanzfestival in Baden-Württemberg

Ein farbenprächtiges Bild boten die zweihundert Banater Trachtenträger vor dem Rathaus der Stadt Spaichingen

Josef Prunkl überreicht Landtagspräsident Guido Wolf ein Buchgeschenk seitens der Landsmannschaft.

Spaichingens Bürgermeister Hans Georg Schuhmacher empfing eine Abordnung der Banater Schwaben im Rathaus.

Bürgermeister Hans Georg Schuhmacher mit banatschwäbischem »Leiwl«.

Die Banater Trachtengruppen tanzen zum Schluss gemeinsam den »Kathi-Ländler«. Einsender der Fotos: Josef Prunkl und Richard Wagner

Am 6. Oktober herrschte in der Spaichinger Innenstadt Ausnahmezustand: Über zweihundert Banater Schwaben in Festtagstracht zogen in Begleitung der Kapelle Original Banater Echo juchzend durch die Stadt. Der Verkehr war lahmgelegt, und das war gut so, denn die Gehsteige flankierten Neugierige und Bewunderer dieses bunten Treibens. Der Festzug begann bei der Stadthalle und kam nach einem kurzen Tanzauftritt auf dem Postplatz vor dem Rathaus an. Eine Delegation der Banater Schwaben, darunter auch sieben Trachtenpaare, wurde im Empfangssaal des Rathauses von Spaichingens Bürgermeister Hans Georg Schuhmacher begrüßt. Er zeigte sich über die Wahl seiner Stadt als Austragungsort des diesjährigen Volkstanzfestivals erfreut und brachte seine freundschaftliche Verbundenheit mit der in Spaichingen stark vertretenen Heimatortsgemeinschaft Darowa zum Ausdruck. Die vielen Begegnungen bei den Heimatortstreffen der vergangenen Jahre und seine Besuche im Banat seien für ihn eine Bereicherung gewesen, versicherte Schuhmacher. Die Anwesenheit der Banater Schwaben bereichere die kulturelle Vielfalt hier in Deutschland. Was an eigenen kulturellen Werten und Traditionen mitgebracht worden sei, dürfe keinesfalls untergehen; die vielen Trachtenpaare würden genau das aufleben lassen, was nicht in Vergessenheit geraten darf, nämlich die Pflege unserer Kultur.

Josef Prunkl, der Vorsitzende des Landesverbandes Baden-Württemberg unserer Landsmannschaft, entgegnete: „Mit annähernd zweihundert Trachtenträgern sind wir heute in die schöne Stadt Spaichingen gekommen, um unser Brauchtum kundzutun.“ Dank des regen Verbandslebens der im Raum Spaichingen lebenden Banater Schwaben seien unter anderem auch unsere Trachten in dieser traditionsbewussten Region ansässig geworden. Die Tracht sei Ausdruck einer über Jahrhunderte gewachsenen Kultur; sie fördere das Gefühl der Zugehörigkeit zur Gemeinschaft, gebe Rückhalt und Lebensmut und sei ein Bekenntnis zur Heimat, betonte Prunkl. Da jede Gemeinschaft mit dem Willen ihrer Mitglieder steht und fällt, sich zu dieser Gemeinschaft zu bekennen und sich in die Gemeinschaft einzubringen, lasse die rege Teilnahme an Veranstaltungen wie der heutigen hoffen, dass die Gemeinschaft der Banater Schwaben eine Zukunft hat, dass ihre Traditionen weiterleben werden, sagte Prunkl abschließend. Dem Gastgeber überreichte er zum Dank den Band „Städte und Dörfer. Beiträge zur Siedlungsgeschichte der Deutschen im Banat“. Mit einer kurzen Ansprache des Ehrenbundesvorsitzenden unserer Landsmannschaft, Bernhard Krastl, endete der Festakt im Rathaus.

Nachdem die Trachtenpaare einige Tänze vor dem Rathaus präsentierten, ging es mit Blasmusik zurück zur festlich geschmückten Stadthalle, wo sich etwa sechshundert Gäste eingefunden hatten. Hier begrüßte Josef Prunkl die Anwesenden mit der Bemerkung: In unserer alten Heimat hieß es bei Festlichkeiten immer „Viel Gäscht – viel Ehr“. Und in der Tat: Viele Gäste beehrten die Veranstaltung mit ihrer Anwesenheit. Neben dem Bürgermeister der Stadt Spaichingen und mehreren Mitgliedern des Gemeinderats konnte der Landesvorsitzende den Präsidenten des Landtags von Baden-Württemberg, Guido Wolf MdL, willkommen heißen. Seine Anwesenheit empfinde man als eine große Ehre und Auszeichnung, so Prunkl. Seitens des Bundesvorstands der Landsmannschaft der Banater Schwaben begrüßte er den Sprecher der Banater Heimatortsgemeinschaften, Josef Koch. Dieser überreichte Bürgermeister Schuhmacher, der Mitglied unserer Landsmannschaft und Bezieher der Banater Post ist, während der Feierlichkeiten ein schwowisches Leiwl mit Silwerknepp. Prunkl dankte den Mitwirkenden und allen, die sich aktiv in die Vorbereitung dieser Veranstaltung eingebracht haben, insbesondere der Brauchtumsbeauftragten des Landesverbandes, Theresia Teichert, der die Organisation der Tanzvorführungen oblag, sowie dem Vorstand des Kreisverbandes Tuttlingen/Rottweil mit seinem Vorsitzenden Richard Wagner und seinem Ehrenvorsitzenden Franz Aulila.

Landtagspräsident Guido Wolf wies in seinem Grußwort darauf hin, dass die Bewahrung der Traditionen und deren Weitergabe an die junge Generation in unserer schnelllebigen Zeit ein hohes Gut sei. Sich seiner Wurzeln zu besinnen, bilde das Fundament, um die Herausforderungen der Zukunft zu bestehen. Die Banater Trachtengruppen aus Baden-Württemberg seien nach Spaichingen gekommen, um die Flamme der Banater Schwaben am Brennen zu halten. „Mit Tänzen, Musik und Ihren bunten Trachten zeichnen Sie wahrlich ein lebendiges Bild Ihrer Tradition. Sie alle haben in Ihrer Geschichte bewiesen, dass ein gemeinsames Bewusstsein Halt und Heimat vermitteln. Ein Lebensgefühl, das hilft, auch schwierigste Zeiten zu überstehen“, sagte der CDU-Politiker.

Die Einbindung der Banater Schwaben in unsere Gesellschaft stelle eine beispielhafte Gemeinschaftsleistung dar, so Wolf weiter. Durch ihr großes Engagement und ihren Fleiß hätten sie einen wichtigen Beitrag zum Aufbau und Wohlstand unserer Gemeinschaft geleistet. Die Banater Schwaben hätten sich als baden-württembergische Bürger in ihre neue Heimat integriert, mit ihr identifiziert und dennoch ihre kulturellen Wurzeln bewahrt. Der Präsident des Stuttgarter Landtags brachte zum Schluss seinen Dank und seine Anerkennung in Versform zum Ausdruck: „Welch Glück, dass wir die Banater haben. / Was wär’n wir ohne Banater Schwaben? / Sie sind für uns, wie jeder weiß, / im Land, der Stadt und hier im Kreis, / Teil des Erfolgs, den wir hier haben. / Ich sage Dank, Banater Schwaben!“

Nur wenige Städte in Baden-Württemberg hätten von einem Zuzug so profitiert wie Spaichingen. Das sagte Bürgermeister Schuhmacher mit Blick auf den Zuzug vieler Banater Schwaben, insbesondere Darowaern, in seine Stadt. Diese haben Spaichingens Bild mitgeprägt und einen wesentlichen Anteil an der wirtschaftlichen Prosperität dieser Stadt. Als Ausdruck einer besonderen Lebensauffassung hätten die Banater Schwaben – ganz gleich, wo sie sich niedergelassen haben – ihr Kommen nicht als Einladung, sondern als Aufforderung zum Mitgestalten verstanden. „Sie haben nicht die Hand aufgehalten, sondern Sie haben mit Startchancen, die Ihnen gewährt worden sind, etwas gemacht, was volkswirtschaftlich betrachtet ein großer Gewinn für dieses Land war“, so Schuhmacher. Man könne sich fragen, weshalb die Banater Schwaben trotz erfolgreicher Integration immer noch in Heimatortsgemeinschaften organisiert sind und aktiv Brauchtumspflege betreiben, ob sie vielleicht anders sein wollen, gab der Spaichinger Bürgermeister zu bedenken. Seine Antwort: Brauchtum sei etwas, was sich über Generationen erhalten hat, was eine Gemeinschaft von innen her zusammenschmiedet, sie aber auch nach außen hin abgrenzt. Positiv verstandene Brauchtumspflege sei Aufrechterhaltung kultureller Werte, die über Jahrzehnte und bisweilen Jahrhunderte gewachsen sind, sowie Pflege des Gefühls nach Heimat.

Die anschließenden Darbietungen der Tanzgruppen wurden charmant moderiert von Melanie Müller und Patrick Polling, die die von Theresia Teichert vorbereiteten Anmoderationstexte bühnensicher vortrugen. Zunächst wurden die beiden Kapellen vorgestellt, die das Programm musikalisch begleiteten. Das 2004 gegründete Original Banater Echo unter der Leitung von Manfred Ehmann hat sich der Pflege der traditionellen Banater Blasmusik verschrieben. Die Kapelle absolvierte unzählige Auftritte und erzielte auch einige Preise. Die Darowaer Blasmusik kann auf eine über hundertjährige Tradition zurückblicken und war eng in das Gemeindeleben eingebunden. Noch in der alten Heimat rief Franz Müller im Jahr 1977 die Kapelle Darowaer Dorfschwaben ins Leben, die nach der Aussiedlung der Musiker in Deutschland neu gegründet wurde. Sie steht auch heute noch unter der Leitung von Franz Müller. 

Den bunten Reigen der Tanzvorführungen eröffnete die gastgebende Banater Trachtengruppe aus Spaichingen. Sie wurde 1992 mit zwölf Paaren – Jugendliche überwiegend Darowaer Abstammung – ins Leben gerufen. Die seit ihrer Gründung von Käthe und Hans Winze geleitete Gruppe führte den Tanz „Rosen der Liebe“ vor. Dann hieß es Bühne frei für die Jüngsten. Die Erdbeergruppe des Kreisverbandes Karlsruhe tanzte die „Schneemanns-Polka“. Sie wurde 2001 gegründet, besteht zur Zeit aus 16 Kindern und wird von Helga Ebner und Angela Schmidt geleitet. Im Jahr 2007 erfolgte die Gründung der Kindertanzgruppe Spaichingen, die als nächstes ihr Können zeigte. Der von den 22 Kindern unter der Anleitung von Brigitte Polling und Christine Wollanka aufgeführte Tanz hieß „Unter dem Kastanienbaum“. Als dritte Gruppe der Gastgeber präsentierte die Jugendgruppe Spaichingen den Tanz „Im Dorfwirtshaus“. Ihr gehören acht Kinder und Jugendliche im Alter von 11 bis 17 Jahren an. Tanzleiterinnen sind ebenfalls Brigitte Polling und Christine Wollanka.

Die Tanz- und Trachtengruppe der Banater Schwaben aus Karlsruhe unter der Leitung von Heidi Müller und Werner Gilde ist seit ihrer Gründung im Jahr 1993 eine feste Größe im landsmannschaftlichen Geschehen sowohl in Karlsruhe als auch darüber hinaus. Die Gruppe setzt sich aus Jugendlichen und Erwachsenen zusammen, die ihr tänzerisches Können etwa zwanzig Mal im Jahr bei verschiedenen Veranstaltungen unter Beweis stellen. Ihr gehören zur Zeit zehn Paare an, wobei die Hälfte Billeder Abstammung ist und somit vorwiegend die Billeder Tracht getragen wird. Dargeboten haben die Karlsruher die Polka „Schöne Serenade“. Als nächstes hielt die Crailsheimer Tanzgruppe Einzug, deren Leitung Klara Weber seit 1999 innehat. Zu der Erwachsenen- gesellte sich im Jahr 2000 eine Kindertanzgruppe. Dank des Einsatzes und der Ausdauer der Leiterin gelang es, den Fortbestand beider Tanzgruppen zu sichern, die nennenswerte Erfolge bei ihren Auftritten verzeichnen konnten. Die Erwachsenentanzgruppe umfasst derzeit acht Paare. Auf die Tanzvorführung der Crailsheimer folgte jene der Tanzgruppe Singen. Seit ihrer Gründung im Jahr 1988 hat sie bei vielen Veranstaltungen in Deutschland und im Ausland tatkräftig mitgewirkt. Die von Hilde und Horst Redl geleitete Gruppe trägt die Großjetschaer Tracht und besteht heute aus rund zehn Jugend- und Erwachsenenpaaren und etwa 15 Kinderpaaren. Bei der darauffolgenden Tanzvorführung zeigte die Trachtengruppe der Banater Schwaben aus Reutlingen ihr Können. Obwohl die Gruppe erst 2009 ins Leben gerufen wurde, konnte sie schon etliche gelungene Auftritte bestreiten. Sie besteht zur Zeit aus zehn Paaren, die verschiedene Banater Trachten tragen. Gruppenleiterin ist Kreisvorsitzende Christine Neu, Tanzleiter ist Manfred Klotzbier. „Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene haben sich immer wieder zusammengefunden, um das kulturelle Erbe der Gemeinschaft zu pflegen. Sie stammen aus Wetschehausen oder sind zum Teil schon in Deutschland geboren. Gemeinsam haben sie schon viele Auftritte gemeistert und für ihre schönen Trachten und Tänze manchen Applaus geerntet.“ Mit dieser Anmoderation traten die Gäste aus Bayern auf: die Banater Trachtengruppe aus Würzburg unter der Leitung von Alwine Zippert und Günter Kaupa.

Den krönenden Abschluss des Volkstanzfestivals bildeten die von sämtlichen teilnehmenden Gruppen gemeinsam vorgeführten Tänze „Kathi-Ländler“ und „Veilchenblaue Augen“. Die Trachtenpaare bekamen allerdings danach noch zwei Ehrentänze. Nach der anschließenden Tanzunterhaltung mit der Band Die Primtaler (Leitung Manfred Ehmann), die bis nach Mitternacht dauerte, hieß es: „Auf Wiedersehen beim 18. Volkstanzfestival am 15. Juni 2013 in Göppingen!“