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Landsmannschaft stellt Weichen für die Zukunft (I)

Der Bundesvorstand der Landsmannschaft traf sich mit den Vorsitzenden der Kreisverbände und der Heimatortsgemeinschaften zum alljährlichen Informations- und Erfahrungsaustausch in Frankenthal

Dr. Mathias Beer

Die Kindertrachtengruppe des Kreisverbandes Frankenthal begeisterte die Zuschauer. Fotos:Walter Tonţa

Zwecks Erörterung aktueller Fragen der landsmannschaftlichen Arbeit treffen sich die Vorsitzenden der Landesverbände, der Kreisverbände und der Heimatortsgemeinschaften alljährlich zu einer Tagung, die schon seit vielen Jahren im Donauschwabenhaus in Frankenthal stattfindet. Das „banat-schwäbische Parlament“ befasst sich darüber hinaus mit Projekten und Initiativen, die für unsere Landsmannschaft von Belang sind. Bei der diesjährigen Verbandstagung am 9. und 10. März standen Fragen des Umgangs mit dem überlieferten Erbe unserer Gemeinschaft in Deutschland und in Rumänien, die Arbeit des Hilfswerks der Banater Schwaben, die Neugestaltung der Verbandszeitung Banater Post sowie Erfahrungsberichte einzelner landsmannschaftlicher Gliederungen im Mittelpunkt.

Bei der Eröffnung der Tagung begrüßte der Sprecher der Heimatortsgemeinschaften im Bundesvorstand, Josef Koch, die Gäste und Funktionsträger und hieß besonders die neu gewählten Kreis- und HOG-Vorsitzenden willkommen. Einen musikalischen Gruß brachte der Donaudeutsche Singkreis aus Frankenthal dar, der vertretungsweise von Hans Prunkl (Akkordeonbegleitung) geleitet wurde. Ein kurzes Grußwort des gastgebenden Kreisverbandes Frankenthal sprach dessen Vorsitzender Johann Schmaltz.

Breites Spektrum der landsmannschaftlichen Arbeit

Bundesvorsitzender Peter-Dietmar Leber stellte die Situation unserer Gemeinschaft und der Landsmannschaft stichpunktartig dar und ging auf Schwerpunkte der landsmannschaftlichen Arbeit im vergangenen Jahr ein. Die Landsmannschaft mit derzeit rund 14000 Mitgliedern weise ein breites Spektrum auf. Sie sei zwar älter geworden, was das Durchschnittsalter betrifft, vereine aber unter ihrem Dach vier Generationen. Ihre Arbeit, so Leber, müsse darauf ausgerichtet sein, für jede Generation Angebote bereitzuhalten und offen zu sein für die Wünsche und Hoffnungen der Mitglieder. Die Zukunft der Landsmannschaft liege in der Vielfalt und im ständigen Bemühen um die Festigung unserer Gemeinschaft und die Bewahrung unserer Identität.

Leber informierte über wichtige Projekte, die von der Landsmannschaft der Banater Schwaben initiiert wurden oder an denen sie beteiligt war. Sowohl zum Ulmer Jubiläumsjahr „300 Jahre Aufbruch entlang der Donau“ als auch zur Realisierung des Projekts „Heimatsachen. Donauschwäbische Grüße zum baden-württembergischen Geburtstag“ habe die Landsmannschaft einen substantiellen Beitrag erbracht. Bei der Begegnung des erweiterten Bundesvorstands mit dem Direktor der Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung, Professor Manfred Kittel, habe die Landsmannschaft ihre Vorstellungen hinsichtlich der Dauerausstellung artikuliert und konkrete Vorschläge unterbreitet. Ihre Belange seien auch in Stiftungen und Einrichtungen thematisiert worden, in denen die Landsmannschaft vertreten ist. Bundesvorsitzender Leber berichtete sodann über die 16. Sitzung der deutsch-rumänischen Regierungskommission für Probleme der deutschen Minderheit in Rumänien, die Anfang März in Hermannstadt stattfand, und über die dort geführten Gespräche mit Vertretern des Deutschen Forums und dem Temescher Kreispräfekten.

Sicherung des Archivguts – ein Gebot der Stunde

Der Historiker Mathias Beer, Geschäftsführer des Instituts für donauschwäbische Geschichte und Landeskunde Tübingen, thematisierte in seinem Vortrag „Der drohende dreifache Verlust. Ein Plädoyer für die Sicherung der Banater Archive in der Bundesrepublik Deutschland“ den Umgang mit dem überlieferten Erbe unserer Gemeinschaft. Es war ein leidenschaftliches Werben, dafür Sorge zu tragen, dass die nach 1945 entstandenen Überlieferungen zur banat-schwäbischen Geschichte nicht verlorengehen und alles zu unternehmen, damit diese gesichert werden und der historischen Forschung auch in Zukunft zur Verfügung stehen. Der Zweite Weltkrieg und seine Folgen (Flucht, Deportation, Repression, Aussiedlung) habe, so Beer, zu einem ersten großen Verlust der im Laufe der Jahrhunderte entstandenen Überlieferung geführt. Die Banater Schwaben mussten Zeugnisse ihrer Geschichte und Kultur zurücklassen, vieles sei verlorengegangen oder zerstört worden. Ihre Geschichte habe in der Bundesrepublik eine Fortsetzung erfahren; hier seien neue Überlieferungen geschaffen und viele Sammlungen angelegt worden. Mit dem Abtreten der Erlebnisgeneration und dem sich derzeit vollziehenden Generationenwechsel drohe der zweite große Verlust, wenn Schriftgut und Unterlagen von Privatpersonen und Vereinen nicht rechtzeitig gesichert werden. Gingen diese unwiederbringlich verloren, drohe der dritte große Verlust, der einem Verschwinden der Banater Schwaben aus der Geschichte gleichkäme, zumal nur darüber geforscht und geschrieben wird, worüber es Quellen gibt. Die Landsmannschaft mit ihren Kreisverbänden und Heimatortsgemeinschaften habe es selbst in der Hand, den drohenden Verlust abzuwenden, gab Beer zu bedenken. Die Sicherung banat-schwäbischer Überlieferung sei ein Gebot der Stunde. Vorhandene Unterlagen sollten an das Archiv des Instituts für donauschwäbische Geschichte und Landeskunde abgegeben werden, wo sie für die Ewigkeit gesichert seien. Das Schriftgut werde hier geordnet, verzeichnet und der Forschung zugänglich gemacht. Derzeit umfasse das Archiv rund 180 laufende Meter, darunter auch die Nachlässe von Anton Peter Petri, Hans Diplich, Josef Kupi und Anton Krämer. Das Institut biete in Fragen der archivalischen Sicherung Hilfe und Beratung an, sagte Beer.

Hilfswerk der Banater Schwaben

Aufgaben, Ziele und Projekte des Hilfswerks der Banater Schwaben stellte dessen Vorsitzender Johann Metzger vor. Das in den achtziger Jahren zur Unterstützung hilfsbedürftiger, notleidender Deutscher im Banat gegründete Hilfswerk hat im Laufe der Jahre seinen Aufgabenbereich erweitert. Der gemeinnützige eingetragene Verein – zugleich eine Untergliederung der Landsmannschaft mit sozialer Funktion – ist Eigentümer und Betreiber des 1999 in Betrieb genommenen und 2006 erweiterten Seniorenzentrums „Josef Nischbach“. Auf einem 7000 Quadratmeter großen Grundstück liegen vier miteinander verbundene Häuser: eines für stationäre Pflege mit vierzig Betten und drei Häuser für betreutes Wohnen mit insgesamt fünfzig Wohnungen. Zur Zeit leben 62 Personen im betreuten Wohnen und 38 im Pflegebereich, zehn Familien bzw. Personen stehen auf der Warteliste. Die Einrichtung beschäftigt 50 Mitarbeiter. Das Hilfswerk beabsichtige, ein weiteres Haus für betreutes Wohnen zu errichten, sagte Metzger.

Fortsetzung folgt.