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Zum Tod von Franz-Anton Bellinger: "Ohne Zugpferde geht gar nichts"

Franz-Anton Bellinger war 29 Jahre lang Vorsitzender der HOG Neu-Arad, bis er sein Amt krankheitsbedingt im Jahr 2022 an seinen Nachfolger übergab. Darüber hinaus übte er weitere verantwortungsvolle Funktionen im Landesverband Bayern und im Kreisverband Ingolstadt der Landsmannschaft der Banater Schwaben sowie im BdV Kreisverband Ingolstadt aus. Zudem war er Vorstandsmitglied des Hilfswerks der Banater Schwaben. Danach gefragt, was die Motivation seines breiten ehrenamtlichen Wirkens sei, gab Franz-Anton Bellinger folgende Erklärung: „Mein Vater war Bauer und dreimal „Kerweihbub“ in Neu-Arad, nur weil seine Freunde zu ihm sagten: „Wenn du mitmachst, machen wir auch mit. Ohne Zugpferde geht gar nichts.“

Franz-Anton Bellinger ist in Neu-Arad als jüngstes Kind von sechs Geschwistern aufgewachsen. Kaum war er getauft, musste seine Familie vor der Roten Armee über Ungarn und Österreich bis nach Bayern flüchten. Darüber berichtete er im Neu-Arader Heimatblatt 2007 aufgrund der Schilderungen seiner Mutter und seiner ältesten Schwester. Bellinger, der die Volksschule in seinem Heimatort besuchte, war in die dörfliche Gemeinschaft fest integriert. In der Ministrantengruppe der Neu-Arader Marienkirche gehörte er zu den Aktivsten. Das lateinische „Confiteor Deo omnipotenti“ und das „Misereatur“ beherrschte er noch im hohen Alter. 1958 begann er eine Berufsausbildung als Landwirtschaftsmechaniker. Angetan hatte es ihm jedoch die Werksdrehbank, die er schnell zu bedienen lernte. Nach dem Militärdienst begann er die Ausbildung zum Eisendreher. Inzwischen hatte er eine Familie gegründet. Seine Ehefrau Elisabeth schenkte ihm im Laufe der Zeit vier Kinder.

Im Jahr 1977 erfolgte die Aussiedlung der Familie nach Deutschland. Am 23. Mai war sein erster Arbeitstag der insgesamt 27 Arbeitsjahre bei Audi. Die Ausbildung zum Meister holte er im Ingolstädter Audi-Werk nach, das waren harte drei Jahre ohne Urlaub und Freizeitvergnügen, wie er später erzählte. Die neue Technik der Aluminiumverarbeitung wurde zu seinem ersten Verantwortungsbereich, in der er vollends aufging. Hinzu kam die Errichtung eines Eigenheims, so dass seine Freizeit immer knapp bemessen war.

Für die Neu-Arader Gemeinschaft nahm er sich trotzdem immer Zeit. Schon bei der Gründung der HOG Neu-Arad 1978 in Pforzheim war er anwesend. Auch an allen nachfolgenden Heimatortstreffen mit Kirchweihfesten nahm er teil. 1991 wurde er zum Kassenprüfer der HOG gewählt und schon zwei Jahre später wurde er vor eine weitreichende und schwierige Entscheidung gestellt. Weil der damalige Vorsitzende Hans Schweitzer gesundheitshalber aufgeben musste, sollte er von heute auf morgen den HOG-Vorsitz übernehmen! Franz-Anton Bellinger willigte ein und wurde beim Treffen in Fürth 1993 zum Vorsitzenden der HOG Neu-Arad gewählt. Auf die Frage was ihn eigentlich damals bewogen habe, diesen Schritt zu tun, meinte er: „Es war schon überraschend, keine Frage; jedoch hatte ich die Voraussetzungen, weil mein ganzes Leben von täglichen Erfahrungen im Umgang mit Menschen geprägt war. Und noch wichtiger: Meine Frau hatte am nächsten Morgen zugesagt.“ Also nahm er an. Man braucht eben Zugpferde ...

Dank Bellingers unermüdlichem Einsatz zusammen mit den Vorstandsmitgliedern hat die HOG Neu-Arad in den vergangenen drei Jahrzehnten viel für den Zusammenhalt der Gemeinschaft und die Bewahrung ihres kulturellen Erbes geleistet. Zu nennen sind die im Zweijahres-Rhythmus veranstalteten Heimattreffen, die in Reichertshofen, Kösching, Kleinmehring und Ingolstadt abgehalten wurden, so wie die jährliche Wallfahrt nach Deggingen, die seit 1987 jeden Samstag vor Christi Himmelfahrt stattfindet.

Eine wichtige Informations-, Kommunikations- und Dokumentationsfunktion erfüllten das seit 2003 von der HOG Neu-Arad herausgegebene Heimatblatt, sowie das Internetportal „Neu-Arader Treff“, welches seit seinem Start viele Besucher verzeichnete. Bellinger selbst erstellte im Jahr 2000 zusammen mit Dr. Franz Hum-Ursachi eine „Kleine Ortsmonographie der Marktgemeinde Neu-Arad“, die auf der genannten Homepage abrufbar ist. 2009 veröffentlichte die HOG eine Dokumentation über die Neu-Arader Musikkapellen.

Die Daten aus den Neu-Arader Kirchenmatrikeln wurden digital erfasst, mit dem Ziel ein Familienbuch herauszugeben. 2018 erschien der erste Teil des „Familienbuchs Neu-Arad mit den Filialen Kleinsanktnikolaus und Sigmundhausen 1723-1900“, an dessen Ergänzung bis zum Jahr 2000 zurzeit noch gearbeitet wird.

Franz-Anton Bellingers Bilanz nach fast dreißigjähriger verantwortungsvoller Vorstandsarbeit, die hier nur skizzenhaft dargestellt wurde, kann sich sehen lassen und bildet eine solide Grundlage für die zukünftige Tätigkeit der HOG. Dafür sind ihm die Neu-Arader Landsleute sehr dankbar.

Am 16. April 2024 verstarb Franz Anton Bellinger im Alter von 79 Jahren in Ingolstadt. Viele Jahre lenkte Franz-Anton die Geschicke der HOG und wir wissen alle, wie groß sein Können war, wie tief er vor allem unserer Gemeinschaft verbunden war. Wir wollen diese letzte Gelegenheit nutzen, ihm unsere Achtung zu zeigen. Tief betrübt sprechen wir seiner Frau Elisabeth und seinen Kindern unser Beileid aus. Franz-Anton wird uns immer im Gedächtnis bleiben.