Andreas Weber hat die Volksmusik im wahrsten Sinne des Wortes ganzheitlich gepflegt – als Musiker, als Entertainer, als Komponist und als erfahrener Ausbilder. Nun sind alle Tasten verstummt: Der Musiker, der seit 1996 in Freiburg lebte, ist am 12. Dezember 2023 im Alter von 97 Jahren im Kreise seiner Familie sanft eingeschlafen.
Obwohl Andreas Weber, geboren am 6. August 1926, die Musik nicht in die Wiege gelegt wurde, prägte sie ihn schon früh. Überall, wo Musik zu hören war, lief er als kleiner Junge hin, so dass seine Eltern ihm im Alter von 12 Jahren eine diatonische Ziehharmonika kauften. Dank seines ausgeprägten musikalischen Gehörs und seiner Begabung erlernte er von Johann Höniges (Păstjene) in kurzer Zeit das Spiel auf dem Instrument. Das sprach sich schnell im Dorf herum und so wurde er schon als junger Bursche als Alleinunterhalter bekannt.
Zum Akkordeon stieg Pălwieră Andraschbatsch (wie ihn alle liebevoll nannten) während der Deportation in Russland um. Dort wurde ihm von der Lagerleitung ein Akkordeon zur Verfügung gestellt, auf dem er sich selbst das Spielen beibrachte. Die Musik rettete ihn und seine Lieben vor dem sicheren Tod. Zurück in der Heimat, eignete er sich nach und nach das nötige Wissen an, um Musikstücke zu schreiben und zu spielen. Er selbst spielte immer nach Gehör und entwickelte sein Akkordeonspiel ständig weiter.
Nach seiner Heirat mit Maria Weber (geb. Wekerle) und der Geburt seiner Kinder (Hilde und Richard) wohnte er einige Jahre in der Ziegelfabrik. Andreas und Maria Weber arbeiteten oft bis zu zwei Schichten am Tag in der Ziegelfabrik, bis sich 1962 der Traum vom eigenen Heim in Altsanktanna erfüllte.
Die Musik war sein Ausgleich für die schwere Arbeit. Schon in den 50er Jahren fuhr er oft mit dem Fahrrad, das Akkordeon auf dem Rücken, ins Dorf und machte Musik. Er unterhielt die Leute bei Tanzveranstaltungen und Hochzeiten als Alleinunterhalter. Sein Repertoire umfasste auch rumänische Stücke, denn er spielte auch auf rumänischen Hochzeiten. Er war „vielseitig, multiethnisch, versuchte mitzureißen, zu unterhalten“, so Anton Bleiziffer, mit dem ihn musikalisch viel verband. Einzigartig war auch seine Fähigkeit, Reime in Mundart zu verfassen – sowohl zur Unterhaltung als auch für ernste Anlässe (Hochzeits- und Kirchweihsprüche, Fasnachtsreden, „Vermatschkerten-Briefe“ usw.). Viele Jahre lang verfasste er den Kirchweihspruch in Mundart für den 2. Geldherrn. Eine musikalische Ausbildung hat er nie genossen, Andraschbatsch hatte schlichtweg ein außergewöhnliches musikalisches Talent, das ihn zum beliebtesten Musiker und Entertainer in Sanktanna machte. Er war humorvoll, konnte sich auch selbst auf die Schippe nehmen und über sich lachen.
Begabt und voller Tatendrang, gab er schon ab den 60er Jahren seine Volksmusikkenntnisse an junge Talente weiter, zuerst an seinen Sohn Richard, dann an zahlreiche Jugendliche bis hin zu seinen Enkeln und ab 1996 an die Urenkel, wobei er nicht nur Akkordeon, sondern auch andere Instrumente wie Trompete, Saxophon und Schlagzeug unterrichtete. Bald gründete er mehrere (wie er sie nannte) „Leichtmusikorchester“ in verschiedenen Besetzungen, nur eines änderte sich nie: Er selbst blieb dabei und brachte in gewohnter Manier mehreren Generationen die Leidenschaft für die Volksmusik näher. Er dokumentierte und orchestrierte Musikstücke, später auch Schlager, für sein Orchester. Auch mehrere Eigenkompositionen stammen aus seiner Feder, zuletzt der Walzer „Mit Musik gehen wir durchs Leben“ für die Eisenbahne-Musikanten Freiburg.
Seine kulturelle Tätigkeit ergänzte er mit eigenen Szenetten, die er schon früh mit mehreren Laientheatergruppen weit über die Grenzen von Sanktanna hinaus aufführte. In den 80er Jahren gründete er eine „Kulturgruppe“, die regelmäßig in Sanktanna auftrat. Längst spielte sein Sohn Richard in der Musikgruppe mit und die Enkelin Elfriede sang mit ihrer sonoren Kinderstimme im Duett mit Onkel Richard.
Nach der Wende 1990 engagierte sich Andraschbatsch im Deutschen Forum Sanktanna und unterstützte mit Erfolg andere Russlanddeportierte bei der Durchsetzung ihrer Entschädigungsansprüche. In dieser Zeit entstanden aber viele kulturelle Kooperationen mit der Deutschen Schule in Sanktanna, wo er mit Kindern und Jugendlichen szenische Stücke, Tänze und Lieder einstudierte und aufführte.
Unvergessen bleibt seine Mitwirkung beim jährlichen „Antonitertreffen“ in Freiburg seit seiner Übersiedlung nach Deutschland 1996 bis ins hohe Alter von 90 Jahren. Als musikalischer Freund und Weggefährte schätzte Anton Bleiziffer (Leiter des „Freiburger Singkreises“ und Gründer des Treffens) die Vielseitigkeit von Andraschbatsch, sein Talent, Menschen mitzureißen und seine Spontaneität. Gegenseitiger Respekt und Anerkennung ermöglichten eine harmonische Zusammenarbeit. Andreas Weber konnte auch hier junge Talente aus den Reihen der Sanktannaer gewinnen, die sich bei der musikalischen Gestaltung des Antonitreffens engagierten.
Unter dem Motto „Musikantentreffen in Freiburg“ konnte Andraschbatsch im Jahr 2004 mit Hilfe von Anton Bleiziffer die Mitglieder seines letzten aktiven Orchesters aus den späten 80er Jahren einladen und gemeinsam mit dem „Freiburger Singkreis“ den Tag gestalten. Persönlicher Höhepunkt für Andreas Weber blieb der legendäre Familienauftritt beim Antonitertreffen 2012 mit vier Generationen auf der Bühne: Sohn Richard (Posaune), Enkel Klaus (Schlagzeug), Urenkel Lukas (Saxophon) und er selbst am Akkordeon.
Für seine Verdienste um die Kultur- und Heimatpflege wurde Andreas Weber mehrfach geehrt und ausgezeichnet: Er erhielt 1999 den Ehrenbrief der HOG Sanktanna, 2002 die „Ferdinand- Totterer – Heimatpflege Ehrenbrief“- Urkunde der HOG Sanktanna, Kreis Freiburg, 2004 die Verdienstmedaille in Silber der Landsmannschaft der Banater Schwaben und 2007 die Jubiläumsmedaille in Silber der HOG Sanktanna. Darüber hinaus ist er auf verschiedenen Bild- und Tonträgern verewigt, so auf den Aufnahmen der 20 Antonitertreffen in Freiburg, an denen er teilgenommen hat und auf der Doppel-CD „Heimatklänge für Sanktanna“, die von der HOG Sanktanna herausgegeben wurde.
Die Musik ließ ihn bis zuletzt nicht los: Akkordeon und Ziehharmonika standen immer griffbereit. Bis ins hohe Alter von 90 Jahren war er aktiv: Mehrmals in der Woche, wenn er Besuch bekam oder wenn in der Familie gefeiert wurde, wurde zur Unterhaltung gemeinsam musiziert und gesungen. Seit 2005 ist die Familie in einem Vier-Generationen-Haus in Freiburg beheimatet. Dort musizierte Andreas Weber bis wenige Monate vor seinem Tod auf seinen Lieblingsinstrumenten, schwelgte gerne in Erinnerungen und freute sich über die Erfolge seines erfüllten Lebens.
Die Volksmusik war sein Leben – bis zuletzt. Dem Musiker, Entertainer, Kenner und Bewahrer hat die Sanktannaer Musikkultur im allgemeinen und die HOG Sanktanna im besonderen viel zu verdanken. Wir sagen Dankeschön, Andraschbatsch!
Die Volksmusik war sein Leben - Nachruf auf Andreas Weber aus Sanktanna
Verbandsleben Erstellt von Katharina Schmidt