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Banater Gedenktafel im Pfungstädter Friedhof

Blick auf die neue Banater Gedenktafel im Pfungstädter Friedhof

Gemeinsam bei der feierlichen Einweihung der Gedenktafel (v.l.): Landesvorsitzender Richard Jäger, Stadtrat Jürgen Lilge, Ehrenvorsitzender Franz Wolf, Jakob Sachs, stellvertretender Kreisvorsitzender, Stadtrat Anton Hauser, Pfarrer Christoph Novak und Franz Tumele, Vorsitzender des Kreisverbandes Darmstadt-Dieburg. Fotos: Frank Tumele

Am 15. Oktober 2023 wurde im Friedhof in Pfungstadt (Kreis Darmstadt-Dieburg, Hessen) eine Gedenktafel der Banater Schwaben feierlich eingeweiht. Die Tafel wurde vom Kreisverband der Banater Schwaben Darmstadt-Dieburg in Auftrag gegeben und soll an die Herkunft und Geschichte der Banater Schwaben in Pfungstadt erinnern.
Bei zunächst sonnigem Wetter wurden die etwa 80 Besucher vom Kreisverbandsvorsitzenden Franz Tumele begrüßt. Er erklärte, dass der Kreisverband schon seit längerer Zeit eine Gedenktafel, die an die Siedlungsgeschichte der Banater Schwaben erinnern soll, geplant habe. 2022 und 2023 wurden die Pläne genauer ausgearbeitet. Der stellvertretende Vorsitzende des Kreisverbandes Jakob Sachs hat die Aufschrift und die Abbildungen auf der Tafel entworfen und erstellt. Darüber hinaus schenkte er dem Kreisverband den dazugehörigen Granitstein. Seine Mutter Elisabeth Sachs spendete die Bepflanzung der Gedenkstätte. Die Fertigstellung erfolgt durch ein regionales Familienunternehmen für Bildhauerkunst und Steintechnik.
Franz Tumele und Jakob Sachs erklärten die Hintergründe der Geschichte der Banater Schwaben in Pfungstadt. Ab den 1970er Jahren, als die große Rückwanderung der deutschen Siedler aus dem Banat stattfand, haben sich etwa 2000 Banater Schwaben in der Kleinstadt Pfungstadt in Südhessen niedergelassen. „Die Region bietet gute Arbeitsmöglichkeiten im Industriegebiet Pfungstadt sowie im nahegelegenen Darmstadt, erinnert die Banater Schwaben an die dörfliche Herkunft und besitzt im Ortszentrum eine schöne katholische Kirche, so dass sich die Banater Schwaben schnell sehr wohl in Pfungstadt gefühlt haben“, erklärte Franz Tumele. Inzwischen seien mehr und mehr Banater Schwaben dieser ersten Generation in Pfungstadt gestorben und auf dem örtlichen Friedhof begraben. „1984 wurde der erste Banater Schwabe aus Neupanat in Pfungstadt beerdigt“, berichtete Jakob Sachs. Die meisten Grabstätten auf deutschen Friedhöfen würden nach 25 Jahren aufgelöst. Auch in der alten Heimat im Banat hole sich die Natur langsam die Grabstätten der deutschen Ahnen zurück. Die Gedenktafel solle die Nachkommen der Banater Schwaben und die Pfungstädter an die Herkunft und Geschichte ihrer Landsleute und Mitbürger aus dem Banat erinnern, damit der Begriff  „Banater Schwaben“ auf diese Art erhalten bleibt.
Als Gäste des Magistrats der Stadt Pfungstadt wurden die Stadträte Jürgen Lilge und Anton Hauser begrüßt. Beide haben eine Familiengeschichte als Heimatvertriebene aus Ostpreußen bzw. aus dem serbischen Teil des Banats und können dadurch die Erinnerungen der Rückwanderer aus dem Banat, die Sehnsucht nach der Heimat und die Herausforderungen, ein neues Leben in einem neuen Land aufzubauen, sehr gut nachempfinden. Anton Hauser dankte den Banater Schwaben „insbesondere dafür, dass sie sehr viel für den Wohlstand des Landes beigetragen haben“. Jürgen Lilge habe sich mit großem Interesse mit dem Schicksal der Banater Schwaben befasst, das ihm vor der Beschäftigung mit der Gedenktafel noch nicht bekannt gewesen sei. Diese Geschichte habe ihn sehr beeindruckt und betroffen gemacht und an die eigene Familiengeschichte und die Flucht aus Ostpreußen während des Zweiten Weltkriegs erinnert, als er selbst noch ein Säugling war. Jürgen Lilge betonte, „dass die Geschichte der Banater Schwaben nicht vergessen werden darf“. Er habe deshalb das Vorhaben der Gedenktafel mit Überzeugung im Magistrat unterstützt.
Im Anschluss segnete Pfarrer Christoph Nowak von der katholischen Pfarrei St. Antonius Pfungstadt den Gedenkstein nach einem Gebet. Die Tafel gedenkt der Verstorbenen in der alten Heimat und in der neuen Heimat. Pfarrer Nowak sprach besonders den Begriff der Heimat an. „Die Christen glauben an die ewige Heimat, in der die Verstorbenen jetzt sind.“ Durch die Segnung des Gedenksteins sollen alle, die ihrer Angehörigen gedenken, „im Glauben wachsen und von Gott Schutz und Hilfe erfahren“. Nach dem Vaterunser sangen Gerlinde und Albert Schankula gemeinsam mit den Anwesenden das donauschwäbische Kirchenlied „Wie groß bist du“.
Zum Abschluss der Einweihungsfeier sprach Richard Jäger, der Vorsitzende der Heimatortsgemeinschaft Neupanat und der Landesvorsitzende der Banater Schwaben Baden-Württemberg. Er erinnerte daran, dass es in Deutschland über 1200 Mahnmale und Gedenkstätten für die Opfer von Flucht und Vertreibung gibt. Die neue Gedenktafel auf dem Pfungstädter Friedhof sei jedoch die bisher einzige in Hessen, die an die Banater Schwaben in Hessen erinnert. Die Karte auf der Gedenktafel zeige das ungeteilte Banat, inklusive des sich heute in Serbien befindlichen östlichen Teils. „Besonders die Landsleute des serbischen Teils des Banats haben ein ganz schreckliches Los und Leid getragen.“, mahnte der Redner. Über 20000 Donauschwaben wurden in Arbeits- und Vernichtungslagern wie Rudolfsgnad, Molidorf, Jarek und Gakowa umgebracht, verhungerten oder starben durch Seuchen. 
Richard Jäger wies darauf hin, dass die Gedenktafel auch den gefallenen Donauschwaben des Ersten und Zweiten Weltkriegs sowie auch denjenigen gewidmet ist, die Leid durch Deportation in die Sowjetunion und die Bărăgan-Steppe erfahren haben. Als er über diese schweren Zeiten der Donauschwaben berichtete, waren nicht nur die Anwesenden sehr betroffen. Auch die Sonne wich Wind und Wolken und der Himmel weinte mit allen, die Angehörige und Bekannte in dieser schweren Zeit verloren haben.
Die Gedenktafel auf dem Pfungstädter Friedhof macht nicht nur die Geschichte der Banater Schwaben, sondern auch die Geschichte aller Donauschwaben sichtbar. „Dieser Gedenkstein ist ein Symbol der Anerkennung und des Gedenkens an diejenigen, die unter tragischen Umständen ihr Leben ließen. Möge er uns dazu anspornen, uns für Frieden, Toleranz und die Bewahrung der Menschenrechte einzusetzen, damit solche Schrecken sich nie wiederholen“, so Richard Jäger, der damit den Blick nicht nur in die Vergangenheit, sondern auch in die Zukunft richtete. „In Dankbarkeit für das Leben und die Erinnerung an diejenigen, die nicht mehr unter uns sind, enthüllen wir heute diesen Gedenkstein als Zeichen unserer Achtung und unseres Versprechens, die Erinnerung an ihre Opfer aufrecht zu erhalten. Möge ihr Andenken in unseren Herzen und in der Geschichte für immer leben“, schloss Richard Jäger seine Ansprache.
Die Gäste und Besucher konnten sich im Anschluss an die Einweihungsfeier im Gemeindesaal der Pfarrei St. Antonius bei Kaffee und Kuchen aufwärmen. Etwa 70 Leute genossen die vielen gespendeten Kuchen nach donauschwäbischer Backkunst in vergnüglichem Beisammensein und teilten ihre Geschichten, Erlebnisse und Erinnerungen miteinander. Der Kreisverband Darmstadt-Dieburg dankt allen Spendern, Helfern und Gästen, die diesen Sonntagnachmittag zu einem besonderen Tag gemacht haben, der noch lange in Erinnerung bleiben wird. Ein besonderer Dank geht auch an die Mitglieder des Vorstands und deren Ehepartner für die Mithilfe und Mitgestaltung der Feier sowie an unseren Ehrenvorsitzenden Franz Wolf, der nach langer Krankheit wieder bei uns dabei sein und diesen besonderen Moment mit uns allen teilen konnte.