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Verbunden durch Brauchtum und Herkunft

Beeindruckende Präsenz und Vielfalt zeigten die Banater Schwaben beim 55. Landestrachtenfest in der Patenstadt Göppingen. Der bunte Zug der 160 Trachtenträger und Fahnenabordnungen zog zu den Klängen der Original Banater Schwabenkapelle durch die Innenstadt vom Rathaus zum Marktplatz, wo der Festakt und die schwungvollen Tanzdarbietungen viele Zaungäste und beeindruckte Besucher anlockten. Foto: Cornel Simionescu-Gruber

Der Göppinger Oberbürgermeister Alex Maier empfing den Landesvorsitzenden Richard Jäger, Ehrengäste und Teilnehmer des Landestrachtenfestes vor dem Rathaus. Foto: Cornel Simionescu-Gruber

Zu seiner 55. Auflage kam das Trachtenfest des Landesverbandes der Banater Schwaben aus Baden-Württemberg am 28. Oktober 2023 in Göppingen. Dem Wunsch und der Bitte des Baden-Württembergischen Innenministers Thomas Strobl folgend, die bildhübschen Trachten und hervorragend choreografierten Tänze der Banater Schwaben nicht nur in Hallen, sondern auf den Straßen und Plätzen unseres Landes einem breiten Publikum zu zeigen, wurde das Trachtenfest in diesem Jahr sowohl mit öffentlichen Darbietungen und Ansprachen am Nachmittag auf dem Göppinger Marktplatz als auch mit einem Schwabenball am Abend in der Stadthalle gefeiert.
Der bunte Zug der 160 Trachtenträger startete mit DBJT-Vorstandsmitglied Lukas Krispin und seiner Frau Anna an der Spitze von der Stadthalle Göppingen zum Rathaus und Marktplatz. Dort wurde er vom Landesvorsitzenden Richard Jäger, von Oberbürgermeister Alex Maier, dem Staatssekretär im Innenministerium Thomas Blenke (CDU), dem Rumänischen Generalkonsul Dr. Radu Florea mit Ehegattin, den Landtagsabgeordneten Ayla Cataltepe (Grüne) und Sarah Schweizer (CDU), dem Geschäftsführer des BDV Baden-Württemberg Hartmut Liebscher, vom Vertreter der Donauschwaben Matthias Schwarz und von vielen Landsleuten empfangen. 
Zuvor wurde noch um 13.30 Uhr die Ausstellung „Das Banat - Eine Reise nach Europa“ im Göppinger Rathaus durch Oberbürgermeister Maier und Richard Jäger eröffnet. Dr. Swantje Volkmann, die Kulturreferentin für Südosteuropa, führte die anwesenden Gäste durch die Ausstellung und die Stadt Göppingen lud zu einem kleinen Empfang ein.
Nach dem feierlichen Aufmarsch zu den Klängen der Original Banater Schwabenkapelle unter der Leitung von Peter Pohl eröffnete der Landesvorsitzende der Banater Schwaben Baden-Württemberg, Richard Jäger, feierlich das Landestrachtenfest. Er unterstrich die Verbundenheit der Banater Schwaben mit der Stadt Göppingen, die inzwischen schon seit 35 Jahren in einer Patenschaft besiegelt ist. Ein weiterer Grund zu feiern war auch die nun seit 1998, zur Regierungszeit von Ministerpräsident Erwin Teufel, währende Patenschaft des Landes Baden-Württemberg über die Landsmannschaft der Banater Schwaben. „Das Land Baden-Württemberg hat uns Banater Schwaben nicht nur herzlich aufgenommen, es ist auch für uns und unsere Kinder zur Heimat geworden, wir sind sehr glücklich, hier leben zu dürfen. Die Integration der Banater Schwaben und auch der Siebenbürger Sachsen hier in unserem Bundesland war vorbildlich […]“, unterstrich Richard Jäger in seiner Begrüßung und dankte den Kommunal- und Landesvertretern sehr herzlich für die Unterstützung in kulturellen wie auch in organisatorischen Belangen.
Ein weiterer feierlicher Anlass bildet in diesen Tagen die vor 300 Jahren erfolgte Ansiedlung der ersten Deutschen im Banat, insbesondere der Gemeinde Ulmbach/Neupetsch („Neu-Wien“), welche urkundlich erstmals 1723 erwähnt wurde. Viele Neupetscher Landsleute haben heute ihren Lebensmittelpunkt in der Gegend um Göppingen und stärken dadurch den Bezug zu dieser Region östlich von Stuttgart.
Von Sympathiebekundungen gegenüber den Banater Schwaben war auch das Grußwort des Oberbürgermeisters der Stadt Göppingen Alex Maier geprägt. Er erinnerte an die Geschichte der Heimatvertriebenen mit Flucht und Vertreibung, aber auch an eine gelungene Integration und der Pflege gemeinsamer kultureller Werte. Die Banater Schwaben seien ein hervorragendes Beispiel für ein gutes Zusammenleben und vorbildlich für eine funktionierende Völkerverständigung innerhalb Europas. 
Mit dem Leitmotiv einer Reise gestaltete der Festredner Thomas Blenke, Staatssekretär im Innenministerium von Baden-Württemberg, seine Ansprache, bevor die Trachtenträger einen weiteren Tanz auf dem Marktplatz darboten. Er überbrachte die herzlichsten Grüße von Ministerpräsident Winfried Kretschmann, wie auch die von Innenminister Thomas Strobl, der ihm voller Begeisterung von seiner Reise und dem Aufenthalt im Banat anlässlich der Banater Heimattage im Juni dieses Jahres berichtet habe. Auch der Staatssekretär war schon vor einigen Jahren im Banat und verbindet damit viele angenehme Erinnerungen. Er weiß, „wir versichern uns unserer Wurzeln und unserer Herkunft und schlagen zugleich eine Brücke in die Zukunft oder mit anderen Worten: Zukunft braucht Herkunft. Traditionen zu pflegen und offen zu sein, schließt sich nicht aus und das stellen die Banater Schwaben unter Beweis.“ Und weiter hieß es in der Festrede von Staatssekretär Thomas Blenke: „Ein Fest ist wie eine Einkehr auf einer solchen Reise. Schon die Vorfreude verleiht Schwung, die Einkehr selbst erfrischt den Leib und die Seele, sie stärkt uns für den Weg, der noch vor uns liegt, denn Feste wie dieses geben uns allen Kraft für das was noch vor uns liegt, […] Sie, die Banater Schwaben sind ein starker Bestandteil unseres starken Landes Baden-Württemberg!“ 
Der Landesvorsitzende des Bundes der Vertriebenen Baden-Württemberg und der Deutschen Jugend in Europa Hartmut Liebscher lobte die zukunftsgerichtete Arbeit der Landsmannschaft und der Deutschen Banater Jugend- und Trachtengruppen. Er begrüßte das generationsübergreifende Tun, welches lebensnotwendig für die Zukunft unserer Gemeinschaft ist.
Eine geistreiche und frische Ansprache hielt auch der – leider – aus Stuttgart scheidende Generalkonsul Rumäniens, Dr. Radu Florea. Er bescheinigte den Banater Schwaben „strahlende Spuren“ im westlichen Teil Rumäniens hinterlassen zu haben. Sie hätten die Not durch Brot gestillt, den abendländischen Geist in ihr Lebensumfeld gebracht, wie auch viele Errungenschaften in Kunst und Wissenschaft, beispielsweise durch zwei Nobelpreisträger. In Anlehnung an den früheren Werbeslogan für Baden-Württemberg, „Wir können alles. Außer Hochdeutsch“ bescheinigte er „unseren“ Banater Schwaben, sie könnten alles, einschließlich Hochdeutsch! 
Bei den umrahmenden Tanzvorführungen zeigten die teilnehmenden Tanzgruppen beeindruckend Gemeinschaftssinn durch die gemeinsame Vorführung von beliebten Traditionstänzen, wie „Kathi-Ländler“ und „Veilchenblaue Augen“. 
Vom Marktplatz, wo auch die Blaskapelle der Siebenbürger Sachsen unter der Leitung von Bernhardt Staffendt musikalisch mitwirkte, zogen die Trachtenpaare, begleitet von der Blasmusikkapelle und vielen Gästen, zum Denkmal der Banater Schwaben im Mörikepark. Dort legten Oberbürgermeister Alex Maier und der Landesvorsitzende Richard Jäger einen Kranz zum Gedenken an die Opfer von Flucht und Vertreibung nieder. 
Nachdenkliche und besinnliche Worte fand der Vertreter der Heimatortsgemeinschaft Ulmbach/Neupetsch Helmut Milles, als er anhand des Liedes „Das verlassene Mägdlein – Die Donau fließt und wieder fließt“ die geschichtliche Entwicklung und den Niedergang der deutschen Gemeinschaft seines Geburtsortes darstellte. Er gab damit die Rede von Peter Rieser wieder, dem Vorsitzenden der HOG, die dieser anlässlich der 300-Jahr-Feier von Ulmbach/Neupetsch am 2. Juni 2023 im Banat gehalten hatte. Wenn sich über die Jahre hinweg fast alles im altvertrauten Heimatdorf verändert hat, so bleibt doch „der Friedhof als unauslöschlicher Bezug zu den Ahnen“ in bleibender Erinnerung.
Die Gäste fanden sich nur kurze Zeit später in der Stadthalle wieder, wo die Trachtenpaare unter der Choreografie von Hansi Müller feierlich einzogen. Gekonnt ließ er die Reihen der 80 Paare sich trennen und in unterschiedlichen Varianten ineinander verschmelzen, so dass man die Trachten in ihrer ganzen Vielfalt und Ausprägungen bewundern konnte. 
Zwischenzeitlich hatte Lukas Krispin die Moderation übernommen und führte souverän durch das Programm. Die Jugendlichen um ihren Vorsitzenden Patrick Polling – „er erfindet die DBJT jedes Jahr neu!“ (Zitat von Lukas Krispin), hatten sich einen thematisch sehr interessanten Ablauf ausgedacht. Neben den vielen gelungenen Tanzvorführungen, u. a. der Donauschwäbischen Tanzfolge, wunderschön vorgetragen von den Busiascher „Vergissmeinnicht“-Kindern, den Jugendgruppen aus Spaichingen, Rastatt, Esslingen, den Banater Spatzen, gab es noch eine sehr ansprechende Tanzfolge der Erwachsenen vom „Banater Kranz“ aus Temeswar. 
Schon beim Umzug hatte man einige Veränderungen im Ablauf feststellen können, denn zu den Trachtengruppen der Kreisverbände Spaichingen, Esslingen, Nürnberg, Rastatt, Karlsruhe, Crailsheim, Mannheim, Augsburg und Würzburg gesellten sich diesmal Trachtenträger und Fahnenabordnungen verschiedener Heimatortsgemeinschaften, so jener von Sanktanna, Großjetscha, Neupanat, Kreuzstätten, Birda, Ostern, Dolatz, Wetschehausen, Lippa und Kleinjetscha.
Innovationsgeist und Weitblick wurde dann auch in der weiteren Gestaltung des Programms deutlich. So wurden aufschlussreiche Interviews mit Tanzgruppenleitern (Ann-Kathrin Kobsa, Hansi Müller) über „Aufgaben und Freuden“ eines Gruppenleiters geführt oder originale Festtags- und Alltagstrachten aus Sanktanna, Neupanat, Kreuzstätten oder Kleinjetscha von Trachtenträgern vorgestellt und erläutert. Elisa Schöffler gestaltete eine Fragerunde im anwesenden Publikum und bezog sowohl Tanzgruppenmitglieder als auch Gäste in das Geschehen ein. Miriam Österreicher befragte die Trachtenträger und stellte die Organisation DJO (Deutsche Jugend in Europa) vor, alles sehr interessante Ansätze für eine künftige Ausformung der landsmannschaftlichen Arbeit in ihren Gliederungen. Diese Themen waren auch Kernpunkte der kurzen, aber wirkungsvollen Ansprache des DBJT-Vorsitzenden Patrick Polling. Mit dem Tanz „Unter der alten Linde“ wurde der offizielle Teil des Trachtenfestes beendet und zum Schwabenball mit der Tanzband „Schlagerzeit“ übergeleitet.
Das Landestrachtenfest war auch diesmal wieder eine sehr gelungene Veranstaltung des Landesverbandes Baden-Württemberg der Banater Schwaben unter der Gesamtregie von Richard Jäger und seiner Stellvertreter Herbert Volk (Esslingen) und Herbert Wild (Göppingen), mit vielen fleißigen Helfern, insbesondere aus Göppingen und der Umgebung. Ein großer Dank geht an die Stadtverwaltung der Großen Kreisstadt Göppingen und an deren OB Alex Maier, an Dr. Swantje Volkmann, der Kulturreferentin für den Donauraum, sowie an das Innenministerium Baden-Württemberg. Sie haben ermöglicht, dass die zahlreichen Gäste ein unvergessliches Kulturprogramm erleben durften. Die Banater Schwaben haben den Anlass genutzt, sich in großer Zahl zu präsentieren und selbstbewusst Flagge zu zeigen. Gleichzeitig bot sich ihnen aber auch die Gelegenheit, sich in einer vertrauten Umgebung bei heimischen Klängen zu treffen und auszutauschen, Geselligkeit und Zusammenhalt zu zeigen, Freundschaften zu pflegen und Kräfte zu tanken, für die weiteren Herausforderungen. 
Schwabenherz, was willst du mehr?