zur Druckansicht

Ein unvergessliches Erlebnis mit vielen Gästen

Ein Meer aus Trachtenträgern und Musikanten auf den Stufen der Bakowaer Kirche. Foto: Helmut Batzina

Bunte Trachten erfüllten Bakowa an diesem Tag. Foto: Elvine Schöffler

Temeswar hat als Kulturhauptstadt Europas dieses Jahr so viele Besucher ins Banat gelockt wie schon sehr lange nicht mehr. Auf Haupt- und Nebenschauplätzen hat sich nicht nur die Stadt selbst präsentiert, sondern auch viele andere Vereinigungen und Gruppen haben das als Anlass genommen, ein Fest in der „Alten Heimat“ auszurichten. Dass wir als Heimatortsgemeinschaft Bakowa auch dazugehören würden, war so nicht geplant.
Als wir voller Stolz im Jahr 2016 eine original Bakowaer Kirchweih nach unseren bekannten Bräuchen in Bakowa feiern konnten, war die Euphorie so groß, dass wir dieses Erlebnis wiederholen wollten. Aus den bekannten Gründen waren auch wir gezwungen, die Pläne auf unbestimmte Zeit auf Eis zu legen. Umso vorfreudiger waren wir nun, als die Umstände es endlich zuließen, die Feier zu realisieren. Sie sollte vom 26. bis zum 30. Mai 2023 stattfinden. Die Veranstalter standen aber unter Druck, denn die vorherige Kirchweihfeier vor Ort war ein großartiger Erfolg gewesen, der uns mit vielfältigen Gefühlen von Rührung über Wehmut bis hin zu Ausgelassenheit zurückgelassen hat. Es würde also bestimmt nicht leicht werden, ein vergleichbares Fest auf die Beine zu stellen. Hohe Anforderungen an das Team des HOG-Vorstands rund um Ernst Bayerle und allen Helfern, das sich Herausforderungen aber gern stellte.
Allen möglichen Hindernissen zum Trotz wurde fleißig organisiert und bemerkenswert viele Anmeldungen - sowohl von Trachtenträgern als auch von Gästen – entgegengenommen. Das war für uns Ansporn und Motivation, die bevorstehenden Tage für alle unvergesslich zu machen. Gute Unterstützung bekamen wir von unserem Landsmann vor Ort Herbert Grün, mit dem die Zusammenarbeit hervorragend klappte. Eine weitere und sehr wichtige Unterstützung war die finanzielle Förderung durch das Kulturwerk Banater Schwaben aus Mitteln des Bayerischen Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales. Darüber hinaus standen uns das Banater Forum und die Stadt Buziasch nach ihren Möglichkeiten zur Seite.
Die Zeit der Vorfreude verging wie im Fluge und unsere Heimatortsgemeinschaft fand sich mit Freunden, Verwandten und Landsleuten am Freitag, den 26. Mai 2023 im Bayerischen Biergarten des Castel Royal in Moșnița Nouă zum Festauftakt ein. Dieser wurde musikalisch untermalt von Josef Zippel und seinen ehemaligen Eisenbahner-Musikanten. Mit dieser Einstimmung waren alle eingeladen, sich „warm“ zu tanzen. Daneben tauschte man Erinnerungen an alte Tage aus, in Vorfreude auf die kommenden Ereignisse. Trotz noch ausstehender Vorbereitungen war die Stimmung ausgelassen und die Lust auf mehrere solcher Abende wuchs.
Am nächsten Tag stand allerdings zunächst ein ernstes Thema an. Zum Gedenken an die Verstorbenen und Vermissten des ersten und zweiten Weltkrieges, der Russland-Deportation sowie aller unserer Verstorbenen in der alten und neuen Heimat zog feierlich wie andächtig eine Prozession zur Kranzniederlegung am Denkmal im Park und danach weiter zum Bakowaer Friedhof. Mit tiefer Ergriffenheit lauschten alle der Predigt unseres Landsmannes Ignaz Fischer, der den oft nicht erreichbaren Schatz des Friedens als Ziel hervorhob, aber auch die enormen Verluste durch Kriege, Enteignung, Gewalt und Krankheit beklagte. 
Das darauffolgende Mittagessen, delikate Krautwickel von unserem Landsmann Vasile Vidov und seiner Frau Ioana mit Schwägerin und Nichte mit sehr viel Liebe zubereitet, läutete hingegen das vergnügliche Programm ein. Am Nachmittag fand der Marsch der „Kerweihbuwe“ statt, mit dem Ziel, den „Moieboom“ im Park aufzustellen. Wie früher auch, wurde aus diesem Anlass im Park zur Live-Blasmusik getanzt. Das abendliche gemütliche Beisammensein bei traditionellen Mici, liebevoll von Gilbert Dirschls Team gegrillt, und frisch gezapftem „Timișoreana“ - Bier wurde dazu genutzt, den Kirchweihstrauß mit den von Kirsten Wild liebevoll gebastelten Rosen zu binden und zu schmücken. Selbstverständlich wurde zu den mitreißenden Klängen der Kapelle auch das Tanzbein geschwungen. Wie auch beim letzten Mal erwies sich unsere Musikkapelle zu später Stunde als absoluten Stimmungssteigerer mit einem Konzert der Superklasse. Ein Höhepunkt jagte den nächsten. Weil wir aber fit für den Kerweihsonntag sein mussten, ließen wir diesen wunderschönen Abend um Mitternacht ausklingen.
Am Sonntagmorgen war die Aufregung erwartungsgemäß groß, denn jedes Kirchweihfest ist ein ein besonderes. Als erste fanden sich die jungen Trachtenpaare der DBJT an der Bakowaer Schule zum Umziehen ein. Nach und nach füllten sich die Räume mit immer mehr Trachtenträgern der Tanzgruppen „Vergissmeinnicht“ aus Buziasch und „Kornblumen“ aus Nitzkydorf sowie der Tanzgruppe aus Reutlingen. Dazu gesellten sich weitere Trachtenträgerinnen aus, Bakowa, Temeswar, Singen sowie von weiteren Heimatortsgemeinschaften. Im Pater Berno Haus fanden sich die Kerweihbuwe ein, um von dort aus, begleitet von der Kapelle, die „Kerweihmodle“ in der Schule abzuholen. Stolz liefen sie in voller Montur und mit gefüllten Weinflaschen durch den Ort. Den Frauen war die nahende Blasmusik eine Vorwarnung, dass es nun auch gleich für sie losgehen würde, sodass noch die letzten Röcke und Tücher zurechtgezupft wurden. Im Schulhof stellten sich alle paarweise auf, um als Kirchweihzug weiterzugehen. Zunächst zurück ins Pater- Berno Haus, um den Strauß abzuholen, anschließend dann weiter zur Kirche zur gemeinsamen Feier des festlichen Kerweih-Hochamtes.
Wer davor noch keinen Blick auf den Kirchweihzug hatte werfen können, der bemerkte hier, dass wegen der vielen Trachtenträger der Mittelgang der Kirche nicht ausreichte. Etliche mussten im Altarraum sowie die Seiten mit bunten Trachten gefüllt wurden, sodass alle ihren Platz finden konnten.
Ein Herzensanliegen unserer Heimatortsgemeinschaft wurde wahr. Unser Heimatpriester Reinholdt Lovasz zelebrierte zusammen mit dem Ortspfarrer Eugen Vodila und Diakon Lucian Mot das feierliche Pfingst- und Kerweih-Hochamt. Für uns Bakowaer (oder zumindest mit „Bakowaer Wurzeln“ war es ein „Nachhausekommen“. Ein Wechsel der Gefühle von Freude und Wehmut, Gänsehaut und Tränen war auf den Gesichtern zu erkennen. Das Hochamt wurde wie in alten Zeiten vom Bakowarer Kirchenchor unter der Leitung von Käthe Schlapansky mitgestaltet und von den Kerweihpaaren und Kerweihgästen mit Begeisterung unterstützt. Als dann die Musik von Josef Zippel und seinen ehemaligen Eisenbahner Musikanten erklang, war die Ergriffenheit vieler zu spüren. Dieses Gefühl wurde noch gesteigert durch die Violinklänge von Johann Fernbach mit Orgelbegleitung. Die Fürbitten wurden von der Nachtänzerin Julia Polling und der Dritttänzerin Melinda Petla vorgetragen. Gegen Ende des Hochamtes sorgte der Spruch der Vortänzerin Elisa Schöffler für Gänsehautgefühl. Die zutreffenden, rührenden Worte, von Elvine Schöffler verfasst, gingen zu Herzen. Anschließend ging Ernst Bayerle auf die Historie der zweiten Bakowaer Kirche ein, deren Weihe mit diesem Fest gefeiert wurde. Die Begrüßung der Kerweihleut und Kerweihgäste in drei Sprachen erreichte auch unsere rumänischen und amerikanischen Gäste und ließ sie Teil der Kerweihgesellschaft werden. Die Segnung des Kerweihstraußes und des Kerweihweins durch Ortspfarrer Eugen Vodila mit Assistenz unseres Heimatpriesters Reinholdt Lovasz bildeten den Abschluss des Hochamtes.
Dem feierlichen Auszug der Kirchweihpaare folge das Gruppenfoto vor der Kirche, das darin mündete, dass alle Trachtenträger Arm in Arm schunkelnd dastanden und gemeinsam mit den anwesenden Gästen „Nach meiner Heimat zieht’s mich wieder“ sangen – ein Gänsehautmoment, den alle Anwesenden egal welchen Alters miteinander teilten.
Nach diesem ergreifenden Moment setzte der Kirchweihzug seinen Weg fort zum Haus von Helene und Karl Buchall, wo alle zu einem kleinen Umtrunk und Imbiss eingeladen waren. Anschließend marschierten die Trachtenträger die Hauptstraße auf und ab, um sich den Zuschauern zu präsentieren. Einmalig und beeindruckend war schon schiere Menge an Trachtenträgern.
Beim folgenden Mittagessen, konnten sich alle stärken und, - soweit Sitzen möglich war - auch etwas ausruhen. Danach zog der Kirchweihzug mit den Musikanten wieder durch das Dorf zum Maibaum, wo die fast 70 Paare gerade so auf den Platz passten. Zahlreiche Gäste scharten sich um die Tanzfläche. Das Vortänzerpaar eröffnete den Tanz, danach machten alle Trachtenträger mit. Lars Wild trug seinen Spruch als Vortänzer vor, was zum Straußaustanzen mit der Vortänzerin überleitete. Dieses wurde allerdings jäh von einem plötzlichen und starken Gewitter unterbrochen. Schnell wurden Regenschirme und Capes hervorgeholt, um die Trachten zu schützen, und alle rannten ins trockene Innere der Schule nebenan oder des Kulturheims.
Da der strömende Regen nicht nachließ und sich das Wasser auf der Straße sammelte, wurde fieberhaft überlegt, wie es nun weitergehen soll. Schließlich wurden die Instrumente in den Saal gebracht, der Tanz wieder aufgenommen, als alle Musikanten wieder einigermaßen trocken waren. Es folgte die Versteigerung des diesmal noch unüblich reichlich geschmückten „Storze“ durch die Nach- und Dritttänzer Nils Schöffler und Karsten Loch. „Verlizitiert“ wurde der Storze nach einem gebührlichen Bieterkampf an Raimund Klotzbier, der ihn aber an Denny und Melinda Petla weitergab. Den beiden wird also die Ehre zuteil, bei der nächsten Bakowaer Kirchweih den Vortanz zu übernehmen.
Das „Homspiele“ des Storze musste wetterbedingt leider ausfallen. Beim abendlichen Kirchweihball flammte die Stimmung jedoch erneut auf. Dazu spaltete sich aus der Musikkapelle das Trio Algeno ab, sodass im Wechsel Musik von der Band bzw. der Kapelle gespielt wurde. Auch wurde der DBJT-Reisegruppe, (bestehend aus 50 Jugendlichen, die über eine Woche im Banat verbringen wollten) noch eine wichtige Rolle zuteil. Durch die spontane Vorführung ihrer Gemeinschaftstänze wie „Donauschwabenwalzer“ und „Veilchenblaue Augen“ wurde den Gästen nicht nur eine Showeinlage geboten, sondern auch die Lust zu tanzen geweckt. In dieser ausgelassenen Stimmung dauerte der Ball bis in die späten Stunden und alle konnten nach einem ereignisreich schönen Tag, wenn auch mit unerwarteten Wendungen, zu Bett gehen.
Am nächsten Morgen fanden sich die Landsleute an der Kapelle unserer Vorfahren auf dem Silascher Weinberg zu einer Andacht ein. Sie wurde von unserem Landsmann Ignaz Fischer gehalten und musikalisch durch den Kirchenchor gestaltet. Es ist kein Geheimnis, dass die Bakowaer schon früher einen vorzüglichen Wein zu machen verstanden und auch ausgelassen zu feiern. Dem getreu, feierten wir nach der Andacht vor der Kapelle im wunderschönen Saal der Crama Aramic mit herrlichem Ausblick über die Weingärten bei bester Stimmung, gutem Essen und vorzüglichen Weinen zusammen mit unseren Musikanten. Es hätte noch ewig so weiter gehen können, doch leider stand der Saal uns nicht länger zur Verfügung und so feierten wir, in Bakowa im Kulturheim weiter bis Mitternacht. Am Dienstagmorgen trafen sich alle noch ein letztes Mal im Pater Berno Haus. Bei einem gemeinsamen Frühstück bot sich die Gelegenheit, die letzten Tage Revue passieren zu lassen, aber auch die weiteren Pläne zu diskutieren, etwa die Teilnahme an den Banater heimattagen in Temeswar. 
War diese Kirchweih in der alten Heimat also auch ein Erfolg, so wie die letzte? Vergleichen lässt sich das kaum, denn wir hatten viele neue Gesichter unter den Teilnehmern und Gästen. Das Wetter hat uns leider einen gewaltigen Strich durch die Rechnung gemacht. Dennoch können wir uns mehr als glücklich schätzen für die wunderschönen, einzigartigen und herzergreifenden Momente, die wir gemeinsam mit allen, Freunden aus Nah und Fern im Laufe dieser Tage mehrfach erfahren durften. Wir können also ohne Zweifel von einer erfolgreichen Feier sprechen, einer mitreißenden Zeit, die uns immer in Erinnerung bleiben wird und uns niemand nehmen kann. Die Rückmeldungen zahlreicher Gäste aus der alten und neuen Heimat, darunter auch von sechs Gästen aus den USA mit Bakowaer Wurzeln, bestätigen das.
Zu verdanken ist das allen, die an der Planung und Durchführung mitgewirkt haben, die in der Tracht teilgenommen haben, die als Zuschauer gekommen sind oder auch nur aus der Ferne mitgefiebert haben. Dank euch und mit euch war dieses Fest einmalig und es wird für uns alle unvergessen bleiben.
Auf der Webseite der HOG Bakowa unter dem Link wp.bakowa.de findet man zahlreiche Bilder und Links zu den Videos der Feierlichkeiten. Diese werden unsere Erinnerungen wachhalten und allen, die nicht dabei sein konnten, die Möglichkeit geben, dabei und mittendrin zu sein.

Videos von Theresia und Ottmar Liep:

Castel Royal:  https://www.youtube.com/watch?v=8Td8GDIsKHM
Kerweihsamstag: www.youtube.com/watch
Kerweihsonntag: www.youtube.com/watch
Kerweihmontag: https://www.youtube.com/watch?v=e61e7wdh1W