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Brauchtumsseminar mit Spaß und Gesang

Chor „singAndres“ beim Auftritt vor Publikum in Bad Wurzach. Fotos: Susanne Freudenberg

Sanktandreser aus allen Generationen fanden sich zum ersten Sanktandreser Brauchtumsseminar in Bad Wurzach zusammen, um die Tradition lebendig zu halten und weiterzugeben.

Tradition und Brauchtum sind nicht nur unsere Wurzeln, sondern stehen auch für Gemeinschaft und Zusammenhalt.“ Dieser Spruch hat sich für uns in vollem Umfang und in aller Deutlichkeit bewahrheitet. In Bad Wurzach fand nämlich das erste Brauchtumsseminar der Saktandreser Heimatortsgemeinschaft statt. Knapp 60 Teilnehmer sind dem Aufruf des HOG-Vorstands gefolgt. Besonders erfreulich waren die vielen Kindern und deren Eltern, die das Brauchtum unserer alten Heimat „live“ miterleben wollten. Unser Ziel war es, das, was wir Andreser einst so innig hegten und pflegten, zu bewahren und weiterzugeben.
Es ist schon  zur Tradition geworden, dass der im Jahr 2017 gegründete Chor der ehemaligen Sanktandreser, genannt „singAndres“, sich einmal im Jahr an Christi Himmelfahrt für ein Chorprobenwochenende trifft. So auch dieses Jahr geschehen. Und trotzdem war es anders als sonst, denn im Anschluss an die Chorproben war im Rahmen des Brauchtumsseminars gleich ein Auftritt geplant. Der Aufenthaltsraum in der breit angelegten Herberge auf dem Wieshof war voll mit gut gelaunten Andresern und Freunden. Barbara aus der Schweiz, Jürgen als Heilbronner bzw. Ilsfelder Franke, unser langjähriger Wahl-Andreser Manfred als Nürnberger Franke, Karin aus der Ostzone Deutschlands, Susanne aus Erding, Wolfgang aus Oberbayern usw. reihten sich ein in unsere „schwowische“ Gesellschaft, um in den nächsten Tagen mit uns über unser Brauchtum zu staunen bzw. Altes aufzufrischen.
Während die Chormitglieder noch fleißig probten, bereitete Hans Noll das Essen für alle Anwesenden zu: eine Variation von „schwowischem Paprikasch“ und ungarischem Gulasch. Eine geglückte Delikatesse für den langsam ansteigenden Hunger. Am Abend packte dann jeder sein Grillgut aus. Auf zwei Grillrosten grillten Sigi Heich, Heinrich Tomi und Jürgen Mezger die Mici und Steaks, während Helene Tomi die Zucchini und die „Vinete“ (Auberginen) auf einer heißen Platte briet. Die Frauen bereiteten die tollsten Beilagen zu. Lecker, lecker…
Bis tief in die Nacht ließen wir den Abend ausklingen. Unterstützt von Akkordeonklängen sangen wir Volkslieder wie „Der Mai ist gekommen“, „Im grünen Wald, wo die Drossel singt“ oder „Du, du liegst mir im Herzen“ usw., Lieder, die uns bereits in der Kindheit uns in die Wiege gelegt worden sind. Aber auch Lieder wie „Ich bin ein Heidekind“, getextet von unserer ehemaligen Deutschlehrerin Theresia Feil und komponiert von unserem ehemaligen Musiklehrer Werner Albert sowie „Oh, du mein Sanktandres“ von unserem Landsmann Anton Bleiziffer fehlten nicht am Gesangabend. Es bildeten sich Gruppen für Gesellschaftsspiele: Fuchse, Canasta und Rummy waren beliebt und unterhaltsam. Alle Spiele hatten ihren Reiz.
Am Samstag in der Früh überraschte uns das hilfsbereite Geschwisterpaar Sarah und Paul, die längst in der Küche und im Essraum tätig waren, als die „Lumper“ (Leute, die besonders lang und ausgiebig feiern) vom Vorabend noch tief schliefen. Somit nahm langsam das Frühstücksbuffet Gestalt an. Im Laufe des Vormittags spielten einige Sportliebhaber im zweiten Obergeschoss des Hauses Tischtennis oder kickten. Auch unsere kleinen Gäste zeigten da Interesse. Nicolas stand zum ersten Mal vor so einem Tischtennistisch. Andere wie Emma, Max und Sarah wiederum spielten gemeinsam im Seminarraum. Paul spielte behutsam sein Repertoire auf dem Klavier, das verführerisch bereit stand.
Während die Chormitglieder für den Auftritt am Fronleichnamstag in Sanktandres probten, stand das Zubereiten unsrer „Banater Bratwurscht“ auf dem Programm. Hans Noll, Jakob Wissenz, Heinrich Thernes, Heinrich Tomi und Hans Metzger hatten die Wurstzubereitung voll und ganz im Griff. Interessierte Zuschauer konnten das Würzen und Kneten der Fleischmasse und anschließend das Wurstspritzen verfolgen. Die schmackhaften Wurstringe kamen nach dem „Aufmarsch“ in die hergerichteten Bräter. Die Begutachtung der Wurst ergab das Urteil: „Die Arbeit hat sich gelohnt.“ Genauso sagte man im Banat beim Schlachtfest, das damals jedes Jahr ein wichtiges Ereignis war.
Zur Verdauung der Feinkost wurden Spazier- und Wanderwege in der Frühlingssonne angestrebt. In der Küche standen bereits die Bäckerinnen, von Neugierigen und die Hilfsbereiten umringt, und backten „Kipfle“ und „Schitt ins Blech“. Das letztere Gebäck nennt man auch noch „Faule-Weiwer-Kuche“. Wenn man aber genauer hinschaut, merkt man, wie viel Arbeit und Fleiß selbst in diesen Kuchen steckt. Im Nu waren die Banater Kipfel und der leckere Kuchen verspeist.
Weil eben alles so hervorragend schmeckte, das vom Ortsbäcker gebrachte Brot und die Brötchen zum „Tunke“ und als „Schmalzbrot“ noch hergenommen wurde, aber kein Mensch daran dachte, dass auch am Sonntag noch Brot gebraucht wird, standen wir plötzlich ratlos da. Ideen waren gefragt. Und so nahmen eine weitere „Seminarvorführung“ in Angriff: Es wurde frisches Brot gebacken: „Weißbrot wie dehemm mit knuspriche Korscht“. Ohne Sorgen  konnten alle Teilnehmer sich bis spät in die Nacht wieder dem Gesang und den Gesellschaftsspielen widmen.
Zuvor stand noch der lang erwartete Chorauftritt der singAndreser unter der Leitung von Heidrun Till auf dem Programm. Für die Ansage war auch diesmal Thommy Till zuständig. Im Repertoire stand u.a. das Quodlibet „Es tönen die Lieder.“ Dieses mehrstimmige Musikstück beinhaltet mehrere gut bekannte Lieder wie „Heut kommt der Hans zu mir“, „Hab mein Wage voll gelade“ oder „Trink nicht so viel Kaffee“.
Auch “Die Geige, sie singet” – eine Melodie mit fünf Stimmlagen  bzw. mit fünf imitierten Instrumenten – begeisterte das Publikum. Am Schluss wurde der Chor mit viel Applaus verabschiedet.
Nach einem ergiebigen Frühstück packten am Sonntag alle ihre Sachen. Was ich mir jedoch nicht nehmen ließ: Ich fragte unsre kleine Emma, ob ich ihr ein kleines Ständchen vorspielen dürfte. Das angesagte Stück heißt „Kleine Emma“ und war der erste Walzer, den ich auf dem Akkordeon spielen lernte. Als Emmas Zusage kam, tönte der Klang des Akkordeons über den Wieshof und man drehte noch eine gutgelaunte Tanzrunde. Zum Schluss erklang „Goodbye ihr Freunde, es war so schön, wir freu’n uns heute schon auf ein Wiedersehen.“ 
Unser erfolgreiches Seminar war ganz und gar unserem Banater Brauchtum gewidmet. Eine Wiederholung täte unserer Gemeinschaft und unserem Zusammenhalt sicherlich gut. Warum sollten wir es deshalb im nächsten Jahr nicht noch einmal wagen?