zur Druckansicht

„You are free now!“ (Teil 2)

Eine ungeschriebene Regel besagt: „Wer gemeinsam tanzt, muss auch gemeinsam Bilder machen.“

Ein seltener Anblick: Schweizer Tänze in italienischen Städten

So nah am Strand wie in Cannes haben wir nirgends getanzt.

DBJT on Tour – Elisa Schöffler berichtet in zwei Teilen vom Abenteuer der Folkloretage in Italien und Frankreich

Also, in der letzten Ausgabe unserer Jugendseite habt ihr schon einiges über unsere abenteuerliche Reise gelesen: Von der Anfahrt nach Italien über den großen Ausflugstag in drei Ländern bis hin zu unserem ersten Auftritt in Sanremo. Von dort aus wollten wir, besonders vorausschauend, extra früh nach Cannes aufbrechen, um dort ja nicht in Hektik verfallen zu müssen. Doch dann, anstatt direkt auf die Autobahn zu gelangen, steckten wir in einer kleinen Gasse fest.

Vor uns verhinderte ein falsch parkender LKW die Weiterfahrt, zur Seite kesselte uns eine Straßenlaterne ein und hinter uns hatte sich in dieser Einbahnstraße schon eine beachtliche Schlange an Autos gebildet. Die dennoch vorbeifahrenden Vespas halfen nicht, genauso wie eine sehr aufgeregte wie mitfühlende ältere Dame. Auch ein Passant, der die Polizei rief, konnte nicht wirklich weiterhelfen, denn laut seiner Aussage würde diese erst irgendwann auftauchen, oder eben auch nicht. Ja, und was blieb uns dann übrig? Während die Mädels halb in Tracht, also nur in Bluse, Leiwl und Unterrock im Bus saßen, mussten vornehmlich die wenigstens stattlich gekleideten Jungs aus dem Bus raus und die wirklich kooperativen italienischen Autofahrer bitten, mit Rückwärtsfahren die schmale Straße freizumachen, sodass wir ebenfalls rückwärts ausparken konnten. Karsten fasst diesen Moment mit einem Lachen zusammen: „Wir haben mal in einem fremden Land kurz in Tracht den Verkehr geregelt.“

Den hindernisfreien Weg zur Autobahn zeigte uns dann der Vespafahrer mit großem Herz und sehr viel Zeit, der uns zuvor schon am Parkautomaten geholfen hatte. Und so fanden wir schließlich, von Stau begleitet, unseren Weg nach Cannes. Dort begann wieder das Große Trachten Ausladen und Anziehen, wenn auch unter erschwerten Bedingungen, da hier der Wind in den Trachten eine willkommene Angriffsfläche fand. Erneut begann dann das Prozedere des einander Folgens, weil eine Gruppe hoffentlich über den genauen Auftrittsort informiert wurde. An Yachten vorbei und der Kulisse, die sonst für die großen Filmfestspiele gedacht und wo just an diesem Tag der pinke Teppich für die „Canneseries“ ausgerollt worden war, fanden wir dann unseren Weg bis zu dem Punkt an der Strandpromenade, wo wir schließlich für circa eine Stunde mit selbstgewählten Pausen unsere Darbietung abliefern durften. Die Pausen zwischen den Tänzen nutzen wir natürlich nicht nur zum Verschnaufen, sondern ganz intensiv um den anderen Gruppen beim Tanzen und Musizieren zuzusehen und mitzujubeln.

Vom Winde vertrieben und angesichts der bevorstehenden Rückfahrt nach Italien mussten wir uns irgendwann dann doch von den faszinierenden Anblicken losreißen, bevor wir im Villaggio wieder mit einer neuen Sorte Pasta und dem mysteriösen zweiten Gang begrüßt wurden – eines der wenigen Muster, das sich auf dieser abwechslungsreichen Reise abgezeichnet hat.

Damit sind wir auch schon am letzten Tag angekommen, an dem wir ein weiteres Mal in Tracht schlüpfen durften. Doch bevor es soweit war, begaben wir uns in Diano Marina, dem heutigen Ort des Geschehens, zur altbekannten Parkplatzsuche und einem weiteren rückwärts-aus-der-Straße-Herausfahren, in dem wir mittlerweile schon geübt waren. Dann verstreuten wir uns in der gesamten Stadt auf der Suche nach Pizza und mehr, während zwei Paare als Vertreter beim Bürgermeister der Stadt zum Empfang eingeladen waren. Unter anderem überreichten bei dieser Gelegenheit Patrick Polling und Lukas Krispin als Vertreter der DBJT ein Geschenk an den Gastgeber, eingerahmt von den Trachten und Fahnen, die die verschiedenen Nationen mitgebracht hatten.

Schließlich trafen wir uns ein letztes Mal am Bus, um die Tracht mangels anderer Möglichkeiten nun schon wirklich geübt unter freiem Himmel anzuziehen. Dann ging es weiter zu dem Teil, der für Maria und Samia zu den absoluten Highlights zählte: Den finalen Auftritten. Auf dem Platz vor dem Rathaus angekommen, nutzten wir die Zeit für ein Gruppenfoto, zu dem wir noch die umstehenden Gruppen einluden, darunter auch eine Schweizer Gruppe, von der ihr ebenfalls zukünftig mehr hören werdet. Danach reihten wir uns in einer Allee auf und warteten geduldig, bis wir mit dem Auftritt auf dem Rathausplatz an der Reihe waren – wobei mit „Warten“ hierbei natürlich gemeint wird, dass die wartenden Gruppen ihre eigene kleine Party feierten, mit lauter Musik und ausgelassenem Tanz.

Vom Rathaus führte uns der Weg in den kleinen Stadtpark, in dem eine Bühne aufgebaut war, die Schauplatz für das große Festprogramm wurde. Nacheinander durften alle Gruppen ein kleines Programm zeigen, das sie repräsentierte: Ob Tanz, Gesang, musikalische Darbietung oder andere Einfälle, es war alles erlaubt und alles gerne gesehen. Dazu gehörte auch Volkstanz auf AC/DC’s „Thunderstruck“. Hier hatten auch wir als Trachtenträger endlich die Gelegenheit, in Ruhe alle Trachtengruppen bestaunen zu können. Litauen, Slowakei, Irland, Spanien, Serbien, Ungarn, Bulgarien, Kanada, Rumänien, Mexiko, Deutschland und die Schweiz – all diese und noch weitere Länder waren vertreten und begeisterten einander. Dabei zeigte sich auch, dass unsere Trachten gar nicht so grundverschieden waren. Dennoch, die Stunden vergingen, sodass ein paar sich zwischenzeitlich am Bus wieder umgezogen oder Essen aus den Imbissen in der Parallelstraße brachten, um dann weiter genauso entspannt wie angeregt zuschauen zu können.

Zuletzt war die mexikanische Gruppe dran, die durch ihre farbenfrohen Trachten, einfallsreiche Tänze und mitreißende Klänge einen perfekten Abschluss bildeten – nur noch getoppt davon, dass sie im Anschluss alle auf die Bühne holten, wo die verschiedensten Tänze und Polonaisen gleichzeitig stattfanden, während die anderen sich alleine am Anblick erfreuen konnten. Völlig verständlich, dass das für Sonja das große Highlight war, aber genauso bestimmt für viele weitere.

Nach einer Siegerehrung, bei der jeder einen kleinen Pokal bekam und die rumänische Gruppe, die mit uns im Villaggio war, sogar eine Kulturreise nach Paris gewann, war es dann auch plötzlich zu Ende. Viel zu schnell für unseren Geschmack, also zogen wir mit unserer eigenen Musik, Bollerwagen und großem Lautsprecher sei Dank, durch die Stadt zurück zum Bus, wo wir vergnügt und nach getaner Arbeit unsere Tracht schon für die große Rückreise verstauten.

Die Party ging dabei nicht nur im Bus weiter, sondern auch im Speisesaal tanzten wir, alle Gruppen gemeinsam, zu „Dragostea Din Tei“ und führten unsere eigene, private Feier mit allen, die noch lange nicht schlafen gehen wollten, draußen neben dem Pool fort. Unterm Sternenhimmel kam es schließlich dazu, dass wir in Italien mit Mexikanern zu Populare tanzten. Klingt verrückt, ist aber das perfekte Sinnbild für diese einmalige Reise.

Die Heimreise, die uns am Sonntag einholte, war geprägt von Insider-Witzen und einem allgemeinen Revuepassieren lassen der tausend Ereignisse der letzten Tage, oder wie Sonja sagt: „Da sind so viele Eindrücke gekommen, ich kann gar keinen Moment fassen.“ Aber auch Karsten fand die richtigen Worte: „Es wusste ja auch keiner, wie es wird, was wird. Und ja – es hat sich als positiv herausgestellt so eine Reise zu machen, die sehr spontan war. Es hat echt Spaß gemacht und es hat sich gelohnt.“ Auch Maria, die bei dieser Reise ihre ersten Berührungspunkte mit der DBJT hatte, fasste die Reise lachend zusammen: „Es war alles schön und gut! Wir sind zufrieden!“

Was gibt es da noch mehr zu erzählen? Eigentlich vieles. Und wer glaubt, dass das hier schon viel Text war, sollte sich am besten weitere Infos aus erster Hand von unseren Mitreisenden holen. Denn ja: Wir alle haben sehr viel zu berichten. Über uns, über andere und über vieles mehr.

Zum Schluss bleibt mir dann nichts anderes mehr zu sagen, als mich zu bedanken. Bei der DBJT, die vor und während dieser Reise so viel zu organisieren hatte, geplant und spontan wieder umgeplant hat und mit einem Beispiel für Flexibilität und Gelassenheit vorausgegangen ist. Aber auch bei der kompletten Reisegruppe!

Finish.