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Wieder eine lebendige rumäniendeutsche Literatur

Vom 4. bis 7. Mai fand die 33. Auflage der Deutschen Literaturtage in Reschitza statt, die wie alle anderen bisher von Erwin Josef Ţigla organsiert und moderiert wurde. In diesem Jahr verbrachten die Gäste einen Tag in Temeswar, der Europäischen Kulturhauptstadt 2023. Zum vierten Mal wurde der Rolf-Bossert-Gedächtnispreis verliehen, dieses Jahr an den aus Siebenbürgen stammenden und jetzt in Wien lebenden Christian T. Klein. Nach dreijähriger Abwesenheit nahm die bekannte Banater Autorin und Künstlerin Ilse Hehn (jetzt in Ulm lebend) wieder daran teil, in Vorfreude auf ihren baldigen runden Geburtstag, den sie Mitte Mai feierte. Das folgende Gespräch führte Edith Ottschofski.

 

Die 33. Deutschen Literaturtage sind hier in Reschitza gerade zu Ende gegangen, was war das Besondere an dieser Auflage?

Ich meine, dass die Freundschaft zwischen den Teilnehmerinnen und Teilnehmern, das enge Zusammenwirken aller, das Wichtigste ist. Reschitza wurde zu einem Stelldichein der rumäniendeutschen Literatur und nicht nur! Eine einmalige Szene im Osten und Südosten Europas, an der auch zahlreiche Literaten, Schriftstellerinnen und Schriftsteller aus dem deutschsprachigen Raum teilnehmen. Ein Novum der Literaturtage war es heuer eben mit der Kulturhauptstadt Europas, mit Temeswar. Es war selbstverständlich notwendig, dass wir einen Tag der Literaturtage Temeswar widmen. Das stand also - die freundschaftlichen Begegnungen und Temeswar - im Mittelpunkt der 33. Auflage.

 

Diesmal kamen ja weder Nora
Iuga noch Joachim Wittstock, die beide die Literaturtage geprägt haben, warum?

Es war für beide so, dass sie krankheitsbedingt absagen mussten. Joachim Wittstock sagte vor einem Monat ab, aus gesundheitlichen Gründen, Nora Iuga, knapp vor der Veranstaltung, einen Tag davor. Wir hoffen, dass es ihnen im nächsten Jahr wieder möglich sein wird, dabei zu sein. Denn immerhin, sie waren diejenigen Schriftsteller Rumäniens, die dazu beigetragen haben, dass die Deutschen Literaturtage in Reschitza ein wirkliches Renommee bekommen haben.

 

Wer hatte die Idee zu den Literaturtagen?

Ich war im Frühjahr 1991 auf einem Besuch bei den Ungarndeutschen in Budapest und Fünfkirchen/Pècs, mit einer Delegation aus dem Banat und da fanden solche Begegnungen mit ungarndeutschen Schriftstellern statt. Und ich wusste durch die Presse, durch die Medien, dass die rumäniendeutsche Literatur größtenteils in Rumänien abgeschrieben wurde, totgesagt wurde, denn 1990, bis zu dieser Reise nach Ungarn, ist der Großteil der rumäni-endeutschen Schriftstellerinnen und Schriftsteller emigriert. Und da hab ich mir gedacht, da muss etwas geschehen, es muss hier eine Drehscheibe geschaffen werden, womit man wieder eine lebendige rumäniendeutsche Literatur schafft.

Und es ist mir gelungen! Sicher im Juni 1991, als die erste Auflage stattfand, mit Teilnahme auch von ungarndeutschen Autoren, hatte ich nicht gedacht, dass diese Veranstaltungsreihe 33 Jahre dauern wird. Und siehe, es gab immer wieder einen Neuanfang, eine neue Teilnahme an den Literaturtagen und die Begeisterung des Mitmachens, die Freude an der Teilnahme haben mich bewegt, immer wieder von neuem die nächste Auflage zu organisieren.

 

Dieses Jahr wurden ja auch die Ungarndeutschen und die Sloweniendeutschen vermisst, dafür kamen aber mit Bastian Kienitz, dem Bossert-Preisträger aus dem letzten Jahr, und Barbara Zeizinger, zwei Binnendeutsche. Wird sich das Profil der Deutschen Literaturtage in Reschitza in diese Richtung ändern?

Nein, es gab auch früher immer wieder Gäste aus der Bundesrepublik Deutschland und aus Österreich und so soll es auch weiterhin sein. Sicher, der Schwerpunkt besteht darin, dass die rumäniendeutsche Literatur, die deutsche Literatur Südosteuropas und Osteuropas im Mittelpunkt steht, so achten wir immer wieder darauf, auch Schriftsteller aus dieser Region Europas einzuladen. Dass es in diesem Jahr nicht gelungen ist, war auf Grund von Überschneidung­en von Terminen, aber wir hoffen, dass es im nächsten Jahr und im übernächsten Jahr wieder dazu kommen wird, dass unsere treuen Gäste aus diesen Ländern wieder dabei sind. Es sind also die Literaturtage unserer Region hier in Europa mit Beteiligung auch bundesdeutscher und österreichischer Schriftstellerinnen und Schriftsteller.

 

Nach welchen Kriterien wird jemand hier eingeladen?

Es ist einmal die Ankündigung der Termine unserer Veranstaltung und das spricht sich im Rahmen verschiedener schriftstellerischen Gruppierungen im deutschsprachigen Raum herum, auch im Osten und Südosten Europas, also der Bekanntheitsgrad unserer Veranstalung ist international. Durch Mund zu Mund Propaganda, auch durch die Presse wird man darauf aufmerksam. Und in jedem Jahr sind es immer mehr, die daran Interesse zeigen, sich zu beteiligen. Wir nehmen gerne alle Interessierten an.

 

Ilse Hehn, die baldige Jubilarin, hat ja nach dreijähriger Abwesenheit durch Corona und ähnliche Unwägbarkeiten wieder an den Literaturtagen teilgenommen und in einem Parforceritt durch ihr künstlerisches und literarisches Schaffen geführt. Gehört sie zu den literarischen Größen, die die Brücke zur Vergangenheit nicht haben einstürzen lassen?

Sie ist ja ein gern gesehener Gast. Mit ihr verbindet mich eine langjährige Freundschaft, ihre Treue zu den Reschitzaer Literaturtagen steht als Zeugnis dafür. Ein Jubiläum bringt Rückblick, aber auch zukunftswei-sende Ideen. Und Ilse hat auf etwas zurückzublicken, aber auch künstlerische Ideen für das Morgen. Auf diese neuen künstlerischen und literarischen Ideen bauen wir auch in der Zukunft. Reschitza erwartet sie!

 

In diesem Jahr waren ja mit ihr, mit Dagmar Dusil, Balthasar Waitz, Carmen Puchianu etc. gestandene Autorinnen und Autoren dabei. Es machen aber wenige junge Leute mit, weder im Publikum noch als Lesende, wie kann man das ändern?  

Es ist auch eine neu geschaffene Möglichkeit, durch den Rolf-Bossert-Gedächtnispreis junge und neue Autoren innerhalb der Literaturtage mit einzuschließen und das ist einer der Wege, die wir auch in Betracht ziehen.

 

Ich finde, der Rolf-Bossert-Preis ist eine Bereicherung der Literaturtage.

Ja, es ist auch so. Größtenteils haben die bedeutenden literarischen Veranstaltungen im Mittelpunkt so eine Preisverleihung und wir haben uns ausgewählt, einen Reschitzaer mit diesem Preis namentlich zu würdigen. Rolf Bossert, der in Reschitza geborene Dichter, Schriftsteller, Übersetzer, Publizist, ist die bedeutendste literarische und kulturelle Persönlichkeit der Reschitzaer Deutschen und der Berglanddeutschen aus der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts. Wir sind froh und dankbar, dass wir diesen Namen mit uns und unserer literarischen Szene prägen und es ist eine Möglichkeit, die Jugend anzuziehen. Wir haben auch verschiedene literarische Wettbewerbe für Schülerinnen und Schüler und das ist auch eine Möglichkeit, Literatur zu fördern.

 

Wie ist der Ausblick in die Zukunft der Deutschen Literaturtage, denn es gibt nicht mehr so viele Deutsche in Rumänien. Werden die Literaturtage weiter bestehen?

In diesem Augenblick kann ich wohl sagen, dass ich beabsichtige, die Literaturtage noch mindestens zweimal, also bis zur 35. Auflage zu organisieren. Wie dann weiter das Interesse sein wird, weiß ich nicht. Aber solange das Interesse besteht, sind wir auch bemüht, mit einem Ja zu antworten.