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Zeitreise – Ein Ort namens Heimat

Der Dorfplan von Alexanderhausen aus dem Jahr 1933 Foto: privat

Am 3. Mai 2023 fand eine Geburtstagsfeier statt - leider ohne uns. Alexanderhausen ist nun 190 Jahre alt! Was wir jedoch tun können, ist: diesen Ort, an dem wir das Licht der Welt erblickten, in dankbarer Erinnerung zu behalten und mit Stolz auf unsere Wurzeln zu blicken. Lasst uns gemeinsam Rückschau halten.

Einen Heimatort zu finden, an dem man sich niederlassen kann, an dem man sich sicher und wohl fühlt,  wo man in einer Gemeinschaft leben, ein Haus bauen oder Kinder groß ziehen möchte - all das erstrebten und bewirkten unsere Ahnen im Jahr 1833, als sie das einmalige Dorf Alexanderhausen unter schwierigsten Bedingungen aufbauten. Es liegt heute in unserer Verantwortung, diese Meisterleistung in Demut und Dankbarkeit zu ehren. Für uns ist es heute kaum vorstellbar, dass sich vor weniger als 200 Jahren auf der Gemarkung (siehe Dorfplan) des heutigen Ortes Alexanderhausen Weide- und Sumpfgebiet befand. In den Monographien ist die Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte unseres Dorfes detailliert festgehalten. Aber letztlich ist es heute kaum nachvollziehbar, wie es unseren Vorfahren möglich war, diesen besonderen Ort ohne Einsatz von Maschinen, nur durch Handarbeit zu gestalten. Denken wir nur an unsere von zahlreichen Besuchern und Landsleuten bewunderte zweitürmige Kirche. In vielen Wohnzimmern hängt heute noch neben dem Hochzeitsbild ein großes Bild dieser Kirche. Auch die jetzige Gemeindeverwaltung erklärte die Kirche zum Denkmal und Wahrzeichen von Alexanderhausen.

Wehmut verursachte der Einschnitt mit folgenschweren Ereignissen ab 1945. Es sind die Folgen des zweiten Weltkrieges, welche zur Auflösung unserer Gemeinschaft geführt haben. Hass und Rachegefühle gegenüber den Deutschen führten seitens der neuen Regierung und der kommunistischen Partei zu kriminellen Handlungen. Zu den Parteifunktionären der Anfangsperiode zählten eher wenige Rumänen. Die meisten waren unter falschem Namen als solche getarnt, z.B. Emil Bodnăraș, dessen richtiger Name Bodnarenko war. Uns liegt eine Liste mit 30 solchen Fällen vor, welche auch in der rumänischen Presse veröffentlicht wurde. Diese Leute haben alles entschieden, sowohl die Verschleppungen als auch Enteignungen in den Banater Dörfern. Letztlich führte diese Drangsal jedoch zur Rückkehr in die Heimat unserer Ahnen und zur Entfaltung eines neuen Lebens in Freiheit.

Bereits in den 60er und 70er Jahren war es vorhersehbar, dass in naher Zukunft der Name Alexanderhausen von der Karte Rumäniens verschwinden wird. Das Dorf hieß nun Șandra. Wir sind jedoch dankbar, dass unser schönes Alexanderhausen erhalten blieb und zu den schönsten Dörfern im heutigen Rumänien zählt. Jedes Jahr am 3. Mai wurde der Geburtstag mit Beteiligung der Nachbargemeinden immer groß gefeiert. Es war neben der im Oktober gefeierten „Kerweih“ der wichtigste Tag der Gemeinde. Auch heute kann mit Freude festgestellt werden, dass die Gemeinde diesen Tag in alter Tradition, jedoch weniger mit Beteiligung der Nachbargemeinden begeht. Selbst unser Brauchtum wird gepflegt: Junge Leute marschieren in unserer Tracht mit Begleitung der Blaskapelle durchs Dorf. Aber Tatsache ist auch, dass zur 200-Jahr-Feier kein Deutsch mehr gesprochen wird, da mittlerweile weniger als zehn Deutsche vor Ort leben.

Freundschaftliche Verbindungen bleiben trotzdem bestehen: Bei der letzten Feier vor der Pandemie legte Hans Schuch als Vertreter der HOG gemeinsam mit Bürgermeister Savu einen Kranz am Kriegerdenkmal nieder, in Erinnerung an alle seit 1833 verstorbenen Landsleute.

Blicken wir erneut in die Vergangenheit. Stets gab es das Bestreben, eine Heimatchronik zu erstellen. Im Jahr 1976 wurde die HOG gegründet auch mit dem Ziel, kulturelles Erbe und Brauchtum zu pflegen und zu dokumentieren. In Frankental wurde unsere Monographie 1998 zu einer der besten erklärt. 79 Landsleute haben ihre Erinnerungen schriftlich festgehalten. In Band 2 wurde das Geschriebene mit ca. 600 Bildern belegt. Im dritten Band, dem „Ortsfamilienbuch“ sind alle in Alexanderhausen geborenen und einst wohnhaften Landsleute sowie deren Nachkommen mit allen Daten erfasst.

Alexanderhausen hat in den vergangenen 190 Jahren in allen Bereichen, ob Wirtschaft oder Kultur, große Erfolge zu verzeichnen. Heute kann man Alexanderhausen mit dem Heimatort von vor 1945 nicht mehr vergleichen. Es hat sich vieles positiv, aber auch einiges ins Negative verändert. Die Erdölförderung hat sehr zur positiven Entwicklung beigetragen, so dass die Einwohner einen höheren Lebensstandard im Vergleich zu den anderen Gemeinden erreicht haben.

Wir sind stolz auf einige Persönlichkeiten, die nicht nur im Ort, sondern im ganzen Banat und auch über die Grenzen Rumäniens hinaus bekannt wurden, z. B: Franz Lukas 1856-1934, Priester Johann Gehl 1877-1935, Johann Assmann 1876-1959, Jakob Wilhelm 1898-1977, Prof. Dr. Hans Gehl 1925-1983, Josef Ph. Brandl 1922-2003, Nikolaus Tullius, geb. 1935.

Besondere Anerkennung gebührt Nikolaus Nikola, welcher in den 30er Jahren mit großem Erfolg mehrere Operetten ausschließlich mit Sängern aus Alexanderhausen auf die Bühne brachte. Ebenso war nach 1945 die Tanzgruppe unter der Leitung von Margarete Grawisch auf Landesebene sehr erfolgreich.

All das sind nur einige Auszüge aus unserem Erinnerungsschatz. Bleibt uns Heimat als ein Ort oder nur als ein Gefühl? Möge jeder von uns Alexanderhausenern die persönliche Lebensgeschichte, verbunden mit inneren Bildern, Erinnerungen, Empfindungen wachhalten, teilen und weitertragen.

Ein Hoch auf 190 Jahre Alexanderhausen!