Die Tagung der Vorsitzenden der Landes- und Kreisverbände und der Heimatortsgemeinschaften der Landsmannschaft der Banater Schwaben e.V. fand am Wochenende vom 18. bis 19. März 2023 in Frankenthal statt. Gastgeber war traditionell das Donauschwabenhaus, nachdem in den letzten zwei Jahren dieses Treffen lediglich online stattfinden konnte. Nebst organisatorischen Aspekten und Austausch gab es Vorträge über Projekte und Initiativen einzelner Gliederungen und Verbände sowie einen Vorblick auf Geplantes.
Wie jede größere und offizielle Veranstaltung bei den Banater Landsleuten begann auch diese mit der Banater Hymne. Damit eröffnete die Sprecherin der Heimatortsgemeinschaften im Bundesvorstand Anita Maurer am Samstagmittag das Treffen, an dem sich über 130 ehrenamtliche Amtsinhaber beteiligten. Es folgte ein kurzes Grußwort seitens des Bundesvorsitzenden Peter-Dietmar Leber, der auch zu einer Gedenkminute einlud und stellvertretend für alle in dieser Zeit verstorbenen Landsleute, derer gedacht werden sollte, die Liste der über 20 Vorsitzenden vorlas, die seit dem letzten Präsenztreffen verstorben sind und deren Leistungen dem heutigen Wirken der landsmannschaftlichen Gliederungen zugrunde liegen.
Ein Grußwort an die Versammlung richtete auch der Bürgermeister der Stadt Frankenthal Bernd Knöppel, der mit dem Wort „Heimat“ auch die Verantwortung eines friedvollen, geeinten Miteinanders in der europäischen Vielfalt verband. Bereits am Vortag der Tagung hatte sich die Gruppe „Frauen im Ehrenamt“ getroffen und eine Stadtführung sowie eine Weinverkostung mitgemacht, so wie es vor der Pandemie und den Sicherheitsmaßnahmen bereits Tradition geworden war.
Das Programm sah für den ersten Tagungstag Vorträge sowie die Wahl des Sprechers/der Sprecherin der Heimatortsgemeinschaften im Bundesvorstand vor. Einstimmig wurde die Schöndorfer HOG-Vorsitzende Anita Maurer in diesem Amt bestätigt. Zu ihrem Stellvertreter wurde der Lenauheimer HOG-Vorsitzende Werner Griebel gewählt.
Neue Kräfte gewinnen
Am Beispiel der Landsmannschaft erläuterte Stefanie Dolvig-Curac Möglichkeiten, wie neue Kräfte für die Vorstandsarbeit gewonnen werden können und welche Chancen und Perspektiven sich daraus ergeben. Sehr wichtig sei dabei, dass neue Vorstandsmitglieder die Aufgabe bekommen sollten, für Nachfolger zu sorgen. Dabei sei das direkte Gespräch vorrangig, man solle interessierte Mitglieder an die Vorstandsaufgaben heranführen, Abläufe erläutern, und auch beispielsweise aufklären, wie viel Einsatz ein bestimmtes Ehrenamt voraussetzt. In ihrer Masterarbeit nach dem Fernstudium „Management von Kultur- und Non-Profit-Organisationen“ an der Technischen Universität Kaiserslautern hatte sich Stefanie Dolvig-Curac damit beschäftigt, wie man Ehrenamtliche für die Vorstandsarbeit in Non-Profit-Organisationen gewinnen kann. Mittels einer Umfrage im Rahmen der Landsmannschaft erfuhr sie dann, dass meist die fehlende Zeit oder der zu groß eingeschätzte Aufwand der Grund seien, um nicht für den Vorstand zur Verfügung zu stehen.
Außerdem würde man derzeit viel zu spät damit beginnen, nach einem Nachfolger zu suchen: Meist erst dann, wenn es aus gesundheitlichen oder persönlichen Gründen gar nicht mehr ginge, was dazu führe, dass die Neuen ins kalte Wasser gestoßen werden, weil die Einarbeitungszeit fehle. Es sei sehr wichtig, Erfahrungen zu teilen, unterstützend beizustehen und dann aber auch die Personen „machen zu lassen“, also sich zurückzuziehen, wenn diese selbstständig agieren können und wollen.
Das Geschlechterverhältnis unter den Vorsitzenden im Rahmen der Landsmannschaft läge bei ungefähr 130 Männern zu 30 Frauen, das Durchschnittsalter liege bei 63,7 Jahren. „Es gibt aber auch jüngere Banater, die im Vorstand mitwirken, aber eben noch nicht den Vorsitz innehaben. Das heißt, potenziell haben wir Kandidaten, die nachrücken könnten, und auch die Frauenquote in den Vorständen ist höher“, unterstrich die Referentin.
Ereignisse, Projekte, Initiativen
Die aus Temeswar angereiste Journalistin Astrid Weisz stellte sodann banatdeutsche Ereignisse auf Stadt- und Regionalebene in Bezug auf Temeswar als Europäische Kulturhauptstadt 2023 vor. Es wurden einige Events, wie das Programm der Heimattage im Detail präsentiert, aber auch auf den Konsularischen Kulturkalender des Deutschen Konsulats hingewiesen, der alle zwei Wochen aktualisiert eine Übersicht an Veranstaltungen bietet, die von deutschen Akteuren in der Region veranstaltet werden. Ebenso wurden Highlights des städtischen Kulturprogramms, aber auch Herausforderungen sowie Mängel angesprochen.
Aktuelle Projekte und Initiativen der Landsmannschaft Banater Schwaben wurden anschließend seitens des Bundesvorstandes vorgestellt. Es gab ganz praktische Hinweise und Appelle, wie etwa zur grafischen Identität von Vereinskorrespondenz, die Frage nach freiwilligen Mitarbeitern für die Onlinepräsenz der Banater Schwaben (zum Beispiel Wikipedia), das Aktualisieren von Vereinsdokumenten usw. Es gab auch Tipps und Hinweise seitens der Bundesgeschäftsstelle, so von dem Betreuer des Internetauftritts der Landsmannschaft Jürgen Griebel, der sowohl die Webseite als auch soziale Medien betreut, über die Termineintragung. Doch wichtiger noch war es dem Bundesvorsitzenden Leber, die Anwesenden über Politisches bezüglich der Renten zu informieren oder über Fördermöglichkeiten seitens des Bundesverbandes.
Die Betreuerin des Banater Kultur- und Dokumentationszentrums Ulm Halrun Reinholz hatte gleich zwei Projekte zu präsentieren: das Jubiläumsbuch zu 150 Jahren Nikolaus-Lenau-Schule in Temeswar, das der Verein der Freunde der Lenauschule zum in diesem Jahr nachgefeierten Jubiläum am 19. Mai in Temeswar herausgibt, sowie eine Vorlage für Roll-Ups, die Heimatortsgemeinschaften und Kreisverbände nutzen können, um bei verschiedenen Veranstaltungen, die sie organisieren oder mitgestalten, über sich zu informieren und damit visuell einheitlich zur Landsmannschaft aufzutreten.
Die Arbeit der Gliederungen und Vereine
Die Arbeit des Frauenverbandes im Bund der Vertriebenen stellte Hiltrud Leber vor, die vor wenigen Wochen zur Vizevorsitzenden des Verbandes gewählt wurde. Christine Neu, die Vizevorsitzende der Landsmannschaft, stellte die Aktivität des Fördervereins Sackelhausen dar, die besonders darauf bedacht sei, die Friedhofspflege sowie Instandsetzungsarbeiten an der katholischen Kirche und weiteren Denkmälern zu fördern, aber am 28. Mai dieses Jahres auch das Jubiläum „250+1 Jahre Kirche im Ort“ begeht.
Wie man Roll-Up-Ausstellungen gestalten kann, welche Tipps und Tricks bei der Wahl der Hersteller gelten und vieles mehr erklärte Karin Bohnenschuh, die Vorsitzende der HOG Giseladorf/Panjowa, die eine solche zweisprachige Ausstellung zum Jubiläum von 140 Jahren seit der Gründung Giseladorfs und gleichzeitigen Jubiläum von 40 Jahren seit Gründung der HOG Giseladorf/Panjowa erstellt hat. Die Ausstellung wird auch zum diesjährigen Kirchweihfest im Banat am 26. August gezeigt werden.
Der bayrische Landesvorsitzende Harald Schlapansky präsentierte eine Initiative, durch die ein Sanktannaer Neujahrslied zum immateriellen UNESCO-Weltkulturerbe ernannt werden soll. Das Besondere sei, dass die Banater Schwaben dieses in Deutschland verschollene Liedgut wieder eingebracht hätten, und dass es ein Lied sei, das sowohl in Deutschland als auch im Banat heute noch beziehungsweise wieder gesungen werde.
Die Autorin und Fremdenführerin Astrid Ziegler, die Mitgestalterin des Blogs „Banat Tour“, präsentierte nebst des Onlineauftritts ein eigens für das Kulturhauptstadtjahr Temeswar 2023 entstandenes Projekt: „Gemeinsam mit dem Architekten Herbert Habenicht und dem Fotografen Hans Rothgerber haben wir einen virtuellen Stadtrundgang mit 24 Stationen in der Temeswarer Innenstadt ausgearbeitet. Ein Blick auf Temeswar aus der Perspektive der von hier Ausgewanderten, die die Stadt auch teils neu entdecken.“ Der Stadtrundgang soll ab dem 5. April auf Deutsch, Rumänisch, Englisch und Ungarisch unter der Adresse Owntowntour.com abrufbar sein.
Doch nicht nur zum Lernen und Austauschen war man gekommen, sondern auch zum Plaudern, Essen und Tanzen, und so sorgten für die Unterhaltungsmusik am Samstagabend „Die Gaudis“ mit Gotthold Abel, Hans Griffaton, Johann Schmaltz, der als erster Vorsitzender des Kreisverbandes Frankenthal mit seinem Team auch als Gastgeber dafür sorgte, dass es den Gästen aus ganz Deutschland an nichts fehlte.
Ausblick und Abschied
Der Sonntagvormittag brachte die Heimatortsgemeinschaften und Ortschaften Ulmbach-Neupetsch und Jahrmarkt auf die Leinwand, wurden sie doch mittels umfangreicher bebilderter und teils musikalisch illustrierter Vorträge von ihren HOG-Vorsitzenden Peter Rieser und Helene Magdalena Eichinger vorgestellt, zumal beide in diesem Jahr Jubiläen im Banat mit Kirchweihfesten feiern werden.
Langanhaltenden Stehapplaus erntete zur Verabschiedung der verantwortliche Redakteur der Banater Post Walter Tonţa, der zum 31. Mai in Rente geht und die Redaktion Stefanie Dolvig-Curac und Halrun Reinholz überlässt.
Am Ende der Tagung berichteten dann alle anwesenden Vorsitzenden, welche Initiativen, Projekte oder Veranstaltungen bei den landsmannschaftlichen Gliederungen 2023 umgesetzt werden sollen, was knapp zwei Stunden lang dauerte. Viele Herausforderungen kristallisierten sich als ähnlich heraus, die Größenordnungen des Geplanten dagegen fiel ganz heterogen aus, so auch die Schwerpunkte, die teils kulturell und integrativ sind, teils auf Zugehörigkeitsgefühl oder die Verbindung zur „alten Heimat“ fokussieren. „Diese Vielfalt, das kann unsere Stärke sein“, unterstrich zum Schluss Bundesvorsitzender Peter-Dietmar Leber. Die nächste HOG-Tagung ist für den 9. und 10. März 2024 geplant.