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Es war hart, ohne Eltern aufzuwachsen

Auf dem Parkfriedhof in Untermenzing gedachte der Kreisverband München mit einer Kranzniederlegung an der Gedenktafel der Banater Schwaben der Opfer der Deportation und Zwangsarbeit. Foto: KV München

„Die Deportation der Banater Schwaben zur Zwangsarbeit in die damalige Sowjetunion war der absolute Tiefpunkt und die größte Tragödie in der dreihundertjährigen Geschichte unserer Volksgruppe.“ Mit diesen Worten eröffnete Bernhard Fackelmann, Vorsitzender des Kreisverbandes München der Landsmannschaft der Banater Schwaben, die diesjährige Feier zum Gedenken an die Verschleppung von rund 35000 Deutschen aus dem Banat in die Sowjetunion vor 78 Jahren, gefolgt von einem Trauermarsch, gespielt von einer Bläsergruppe der „Original Banater Dorfmusikanten“ aus München. Die Gedenkveranstaltung fand am 14. Januar auf dem Parkfriedhof in München-Untermenzing statt. Hier hatten sich Mitglieder des Kreisverbandes, darunter auch Angehörige ehemaliger Deportierter, sowie des Kreisvorstands eingefunden. Der Feier wohnte auch der Bundesvorsitzende der Landsmannschaft Peter-Dietmar Leber mit Gattin Hiltrud bei. Zugegen war ebenfalls eine Fahnenabordnung des Kreisverbandes München, bestehend aus Josef Baumann und Erwin Spick. 

In seiner Ansprache wies Bernhard Fackelmann darauf hin, dass der Kreisverband zum 70. Jahrestag der Russlanddeportation im Januar 2015 hier auf dem Parkfriedhof in Untermenzing eine Gedenktafel für die Opfer der beiden Weltkriege, der Verschleppungen in die Sowjetunion und in die Bărăgan-Steppe sowie für die Verstorbenen in der alten Heimat anbringen ließ. Damit sei die bereits existierende Gedenkstätte der Vertriebenen, bestehend aus einem Gedenkstein des BdV und Gedenktafeln der Landsmannschaften der Schlesier und der Donauschwaben, erweitert und ein Ort des Gedenkens an die Toten unserer Gemeinschaft geschaffen worden. Die Gedenktafel sei auch ein Zeichen gegen das Vergessen, so Fackelmann. Dass die Opfer der Russlanddeportation nicht vergessen sind, zeige diese Gedenkfeier, zu der der Kreisverband alljährlich einlädt.

Der Bundesvorsitzende Peter-Dietmar Leber erinnerte daran, dass zu der Einweihung der Gedenktafel vor acht Jahren auch ehemalige Deportierte gekommen waren. Heute lebten nur noch wenige von ihnen und es seien die Kinder der ehemaligen Zwangsarbeiter, die den Gedenkveranstaltungen beiwohnten. Bei der Gedenkveranstaltung zum 75. Jahrestag der Deportation im Januar 2020 im Donauschwäbischen Zentralmuseum in Ulm sei der Fokus auf diese Gruppe und auf die Folgen der Russlanddeportation für die Kinder der Zwangsverschleppten gerichtet worden, die ebenfalls Opfer dieser Geschehnisse waren, betonte Leber. Um deren Sicht auf die Deportation von 1945 zu dokumentieren, habe die Landsmannschaft 2021 einen Band mit Erzählberichten von Kindern der Deportierten herausgebraucht. Diese offenbarten das ganze Ausmaß der Tragödie. Stellvertretend für tausende ähnliche Schicksale zitierte Leber aus dem Erzählbericht von Elisabeth Fander aus Blumenthal.

„Ich erinnere mich heute noch an diesen schweren Tag im Januar im Winter, als man die Mutter von zuhause weggeführt hat. Wir hatten geweint und geschrien, die haben mich geschubst und gestoßen, weil ich die Mutter nicht loslassen wollte“, schreibt Elisabeth Fander, die damals noch keine vier Jahre alt war. Ihre Mutter wurde ins Uralgebirge deportiert, wo sie fünf Jahre lang in einer Nickelgrube schuften musste. Ihren Vater hat sie nie kennengelernt, er ist kurz vor Kriegsende gefallen. Sie blieb mit ihrem vier Jahre älteren Bruder in der Obhut der Großeltern. „Keiner kann sich das vorstellen, ohne Eltern aufzuwachsen. Die Großeltern haben ihr Bestes gegeben, was sie nur konnten, haben sie für uns gemacht, aber es war hart und schwer“, erinnert sich Elisabeth Fander.

Zu dem Lied „Ich hatt՚ einen Kameraden“ wurde ein Kranz zum Gedenken an die Opfer der Deportation an der Banater Gedenktafel niedergelegt. Mit einem gemeinsam Vaterunser und dem Lied „Großer Gott, wir loben dich“ endete die Gedenkfeier 2023. 

Anschließend lud der Kreisvorsitzende alle anwesenden Landsleute zu Kaffee und Kuchen in eine nahegelegene Gaststätte ein, wo man sich bis zu später Stunde unterhielt und sich freute, nach der langen Corona-Zeit wieder beisammen zu sein.