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Gedenken heißt erinnern und mahnen

Monsignore Andreas Straub, Heimleiterin Elisabeth Klein, Landesvorsitzender Harald Schlapansky und Fahnenabordnungen bei der Kranzniederlegung am Denkmal im Nischbach-Haus. Foto: Ramona Sobotta

Dem Banater Seniorenzentrum „Josef Nischbach“ in Ingolstadt, das im Laufe der Zeit für viele Banater Schwaben ein letztes Zuhause geworden ist, ist es ein wichtiges Anliegen, alljährlich der Deportation der Banater Schwaben zur Zwangsarbeit in die Sowjetunion zu gedenken und die Erinnerung an dieses düstere Kapitel unserer Geschichte aufrechtzuerhalten. Die Gedenkveranstaltungen haben hier eine lange Tradition, zumal sich unter den Heimbewohnern lange Zeit auch ehemalige Verschleppte befanden. In diesem Jahr, am 14. Januar, fand das Gedenken an die Russlanddeportation in Zusammenarbeit mit dem Landesverband Bayern und dem Kreisverband Ingolstadt der Landsmannschaft der Banater Schwaben statt, die diesmal den Kranz zum Gedenken an die Opfer der Deportation am Denkmal im Banater Seniorenzentrum niederlegten. Die Fahnenabordnungen des Kreisverbandes Ingolstadt und der Heimatortsgemeinschaft Neuarad gaben den festlichen Rahmen dazu.

Die Feier begann mit einer Ansprache des Vorsitzenden der Landsmannschaft der Banater Schwaben aus Bayern Harald Schlapansky. Er erinnerte an die grausame Zeit, die infolge der Deportation im Januar 1945 über die Banater Schwaben hereingebrochen ist, an das unermessliche Leid, das den verschleppten Frauen und Männern zugefügt wurde, an die unmenschlichen Arbeits- und Lebensbedingungen, die eine hohe Zahl an Todesopfern forderten, an die Folgen der Deportation für die betroffenen Familien. Die Russlanddeportation sei eine große Ungerechtigkeit gewesen, sie habe unschuldige Menschen getroffen, die – nur weil sie Deutsche waren – das wieder aufbauen mussten, was Nazideutschland in den Kriegsjahren zerstört hatte, betonte Schlapansky. Eine Wiedergutmachung für das erlittene Unrecht sei zwar sowohl seitens Rumäniens – durch die Anerkennung der Zeiten der Zwangsarbeit als Arbeitsjahre sowie durch monatliche Entschädigungsleistungen an die unmittelbar Betroffenen und seit 2020 auch an deren Kinder – als auch seitens der Bundesrepublik Deutschland durch die Gewährung einer einmaligen Anerkennungsleistung erfolgt, jedoch könne all dies bei Weitem das erduldete Leid nicht kompensieren, so der Landesvorsitzende.  

Der geistliche Teil der Gedenkfeier wurde wie schon in den Jahren zuvor von Monsignore Andreas Straub gestaltet. Bei der Kranzniederlegung am Denkmal sprach er die Gebete und anschließend zelebrierte er einen Gedenkgottesdienst im Foyer des Hauses. Auch er ging in seiner Predigt auf das schwere Los der Russlanddeportierten ein, die in den Zwangsarbeitslagern Grausames erdulden und erleiden mussten. Etwa 15 Prozent von ihnen hätten die Mangelversorgung, die Kälte und die Strapazen der schweren Arbeit nicht überlebt. Nur Gottvertrauen, Glaube und Gebet hätten den leidgeprüften Menschen in dieser trostlosen Zeit fern der Heimat geholfen, betonte Monsignore Straub. Für die Heimgekehrten habe es keine Therapie gegeben, um das Erlittene aufzuarbeiten. Die Narben in der Seele seien ein Leben lang geblieben.

„Wo bleibt das Bemühen um Gerechtigkeit und Frieden?“ – diese Frage habe man sich damals gestellt und sie sei auch heute in Anbetracht des Krieges in der Ukraine aktueller denn je, unterstrich Monsignore Straub. Sie mache deutlich, dass in diesem Bemühen nicht nachgelassen werden dürfe und es erforderlich sei, Werte wie Demokratie, Menschenrechte, Freiheit und Frieden zu verteidigen. 

Im Anschluss an den Gottesdienst las Elfriede Andor, die im Betreuten Wohnen lebt, unter Tränen ein Gedicht vor, das ihre Mutter in einem sowjetischen Arbeitslager für sie geschrieben hatte. Die Verse, aus denen Wehmut und Heimweh spricht, ließen erahnen, unter welchem seelischen Schmerz die Deportierten litten. Ihr Leben war nicht nur von der Ungewissheit über das eigene Schicksal, sondern auch von der Sorge um die daheimgebliebenen Angehörigen geprägt.  

Der Chor der Banater Seniorengruppe unter der Leitung von Ewald Buschinger umrahmte die Feier mit bekannten Russlandliedern, wie „Tief in Russland“, „Gestern in der Nacht“ oder „Wo die Dnjepr-Wellen schlagen an den Strand“. Viele Anwesenden haben die Lieder mitgesungen und so mancher hatte Tränen in den Augen. Bei Kaffee und Kuchen ging der sehr emotionale, aber auch sehr schöne Nachmittag zu Ende. 

Ein herzlicher Dank gilt zum einen allen Mitwirkenden, die zur Gestaltung dieses Erinnerungstages beigetragen haben, und zum anderen dem Kulturwerk Banater Schwaben e.V., das diese Gedenkveranstaltung aus Mitteln das Bayerischen Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales gefördert hat.

Wir werden hier im Banater Seniorenzentrum auch weiterhin jedes Jahr an die Russlanddeportation erinnern und die Ereignisse von damals nicht dem Vergessen anheimfallen lassen, beseelt von dem Wunsch, dass derartiges nie wieder geschehe.