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Rekascher Jahrgangstreffen mit Buchpräsentation in Königsbrunn

Das älteste erhaltene Rekascher Kirchweih-Fotodokument stammt aus dem Jahr 1933.

Waltraut Rumesz stellte das von Stefan Lehretter herausgegebene Buch über die Rekascher Kirchweih vor.

Die Augsburger Tanzgruppe bei ihrem Auftritt Foto: Stefan Lehretter

„Mit dem Herbst, da der Wein gekeltert wird, die Maiskolben ihr knisterndes Lieschenkleid hergeben müssen und man das Saatkorn in die aufgerissene Erde streut, kommt auch die Zeit der Kerweih. Wir dürfen mit Recht sagen, der schwäbischen Kerweih – denn sie gehört ausschließlich uns.“ Dieses Zitat aus einer von Franz Liebhard gezeichneten und 1959 in der Bukarester deutschen Tageszeitung „Neuer Weg“ erschienenen Reportage ist nicht nur von Stefan Lehretter seinem Bildband „Kirchweih in Rekasch – Brauchtum im Banat“ vorangestellt worden, sondern es diente auch als Einführung der Buchpräsentation von Waltraut Rumesz beim Rekascher Jahrgangstreffen in Königsbrunn. Die Veranstaltung stand gleich unter drei schlechten Vorzeichen: Corona hatte viele Beteiligte ausgeschaltet, die Verkehrslage auf den Autobahnen und der B17 hatte die Fernreisenden aufgehalten und zu allem Überfluss kippte auch noch das Wetter. Dennoch war das 29. Jahrgangstreffen der Rekascher im „Trachtenheim“ Königsbrunn bei Augsburg ein gelungenes Fest, umrahmt von der Vorstellung des Bildbandes, dem Auftritt von Trachtengruppen sowie von Musik und Tanz.

Nach dem Saaleinlass und dem Warten auf die verspäteten auswärtigen Gäste traten die Tanzgruppen des Augsburger Kreisverbandes der Banater Schwaben auf und boten als Kinder-, Jugend- und Erwachsenengruppen unter den Anleitungen von Ramona Abendschein, Andrea Kielburg und Ramona Sobotta getrennt und zusammen vielerlei Tänze dar. Dank technischer Unterstützung durch den gebürtigen Josefsdorfer Peter Bergmann klappte auch die musikalische Umrahmung sowie der nachfolgende Vortrag. Dem Ehepaar Maria und Peter Bergmann gebührt ein herzlicher Dank für seinen Einsatz und die Hilfestellung. 

Bei dem anschließenden Vortrag ging es um ein Hineintasten in das Buch über die Rekascher Kirchweih. So hob die Referentin einerseits aus dem Vorwort des HOG-Vorsitzenden Erwin Lehretter hervor, dass eine Dokumentation der Kirchweihfeste unabkömmlich sei, um nicht jahrhundertealte Traditionen zu vergessen. Andererseits aber wurde auch im Vorwort des Herausgebers Stefan Lehretter darauf verwiesen, dass dieses Buch keine Monografie der Kirchweihfeste sei und auch nicht den Anspruch auf Vollständigkeit erhebe, sondern ein ganz bewusst gestalteter Bildband, der zwar auf die Besonderheiten der Rekascher Kirchweihfeste hinweist, ansonsten jedoch hauptsächlich die Bilder „sprechen lässt“. Dies ist dem Autor vorzüglich gelungen.

„Erfunden wurde die Kerweih weder in Rekasch noch im Banat.“ Mit dieser Aussage begannen die Kommentare zur Präsentation. Es wurde auf das Patrozinium der Kirche und das zunächst vom 24. Juni (Johannes der Täufer) in den Oktober (nach Abschluss der Feldarbeiten) verlegte Fest verwiesen, welches dann wiederum in den 1970er Jahren in den August zurückgebracht wurde, weil die meisten jugendlichen Mitwirkenden an die Schulferien gebunden waren. Ferner wurde auf den Wandel der Trachten aufmerksam gemacht: Ursprünglich war es die Sonntagstracht der Unverheirateten, danach jene der Banater Trachtenbälle und ab 1955 – dem ersten Kirchweihfest nach dem Zweiten Weltkrieg – setzte sich die dokumentierte Tracht durch, die auch detailgetreu im Buch beschrieben wird.

Erste Bilddokumente stammen aus den 1930er Jahren: Das sind wunderbar in Szene gesetzte Gruppenaufnahmen von 20 bis 30 Kirchweihpaaren, auf denen immer auch der Gastwirt Ferdinand Tasch zu sehen ist. Aus dem Jahr 1933 stammt das älteste erhaltene Fotodokument. Jene Jahre stellten nicht nur die Blütezeit der Banater Schwaben in wirtschaftlicher wie auch kultureller Hinsicht dar, sondern die Generation davor war vom Ersten Weltkrieg betroffen oder gar ausgelöscht worden, sodass im besagten Jahr gleichzeitig eine vom katholischen Frauenverband organisierte Kinder- und eine Jugendlichen-Kirchweih stattfinden konnte. Es handelt sich um die Geburtsjahrgänge 1919-1927 beziehungsweise 1915-1920. Fotografisch belegt sind noch die Jahre 1937 und 1938 sowie die alljährlichen Trachtenbälle zwischen 1936 und 1941, die immer im Winter stattfanden, mit entsprechenden Straußlizitationen und bemerkenswerten Aufnahmen von den Spendern des bunt geschmückten Straußes.

Nach dieser Zeit gab es keinen Anlass zum Feiern, bis die Kriegskinder, deren Eltern in den 1930er Jahren zumeist mitgemacht hatten, nach Jahren der Umbrüche und der Missstände wieder die Initiative ergriffen, den Tanzsaal von dem dort gelagerten Getreide des staatlichen Landwirtschaftsbetriebs freiräumten und nach alter Tradition wieder Kirchweih feierten. Dies geschah in den Jahren 1955, 1956 und 1958. Im Jahrzehnt danach richteten die geburtenschwache Jahrgänge der Nachkriegsgeneration 1965, 1968 und 1969 das Kirchweihfest aus. Lediglich die 1970er Jahre hatten jährliche Feiern vorzuweisen, allerdings mit immer weiter schrumpfenden Teilnehmerzahlen. Aus dieser Zeit stammen selbsterklärend auch die meisten Bilder. Die heutigen Generationen erkennen sich noch darauf, wohingegen auf den älteren Aufnahmen oft ein N.B. für „nicht (mehr) bekannt“ steht.

Neben diesen chronologischen Wiedergaben stellt das Buch auch einzelne Kirchweih-Elemente vor – und so war auch der Vortrag aufgebaut: Die Tracht selbst, nebst allen Ritualen und Traditionen, die sich (leicht) abgewandelt haben in den gut dokumentierten Jahrzehnten, die aber immer unter dem gleichen Zeremoniell standen. Dankenswerterweise ist viel Material zur Verfügung gestellt worden, das sind Bilder, aber auch Filmmitschnitte von bereits damals in der Bundesrepublik lebenden Verwandten. Der Vortrag ging auf diese Rituale und den Ablauf der einzelnen Feiertage ein. Ein eingespielter kurzer Filmmitschnitt widerspiegelte die Stimmung, die Farben, den Gleichschritt und auch das Zeremoniell zur Begrüßung der Gäste durch den Vortänzer sowie die Verlosung von Hut und Tuch durch die Geldherren. Schade nur, dass keine Originalaufnahme des „Kerweihstickls“ tontechnisch erhalten blieb, denn auch dieses war ein ganz besonderes Element.

Das Ende des Buches widmet sich dem Ausklang der Kirchweihfeste in Rekasch, die 1989 und 1990 nochmals stattfanden, allerdings stark gerupft und kaum noch von deutschen Jugendlichen getragen. 2022 gab es – finanziert und unterstützt vom Deutschen Forum im Banat – ein Revival eines Kirchweihfestes, organisiert von Tiberius Palikucsan, einem ehemaligen Mitwirkenden von 1990, der auch als Kirchweihvater agierte. Einen solchen gab es in Rekasch jedoch nie. Und überhaupt: Wenn auch die Mitglieder verschiedener Tanzgruppen und Vereine sich viel Mühe gaben, Brauchtum und Traditionen einzuhalten, so war es doch nicht mehr die bewährte „Rekascher Kerweih“.

In der neuen Heimat gab es auch ein Aufleben der Brauchtumspflege: Seit 2007 gab es immer wieder Aufmärsche und Tanzeinlagen von vier bis zehn Paaren, mit einem Höhepunkt 2015 anlässlich der 30-Jahr-Feier der HOG Rekasch, als 23 Trachtenpaare, begleitet von einer Blasmusikkapelle, in der sämtliche Rekascher Musikanten nebst Nachkommen mitspielten, aufmarschierten.

Mit diesem Ereignis endet die Fotodokumentation und auch die Buchvorstellung nahm hier ihr Ende mit einem Hinweis auf die Förderung des Unterfangens durch das Kulturwerk Banater Schwaben e.V. Das Buch ist bei Erwin Lehretter in Augsburg (Tel. 0821 / 724221) und Franz Tasch in Karlsruhe (Tel. 0721 / 1326118) gegen eine Spende für die HOG erhältlich.

Franz Tasch vertrat bei dieser Veranstaltung den ersten Vorsitzenden Erwin Lehretter, der krankheitsbedingt ausgefallen war. Er übernahm die Begrüßung der Gäste wie auch die Ansprache zum Jahrgangstreffen, zu dem sich nur wenige der zu Feiernden 50 bis 85-Jährigen eingefunden hatten. Zu viele der älteren Generationen sind inzwischen verstorben. Geehrt wurden auch die jeweils ältesten Besucher mit der schon zur Tradition gewordenen Schokolade für die Damen und dem Rekascher Wein für die Herren. 

Doch damit war das Programm noch nicht zu Ende. Die exzellente Küche des Trachtenheims sorgte für das leibliche Wohl der Gäste und die Formation „Amore Blue“, das sind Bianca und Patrick Schummer, für gute Stimmung. Ihr Repertoire war auf das Publikum abgestimmt und lockte viele auf die Tanzfläche. 

Dank gilt an dieser Stelle allen, die sich in irgendeiner Weise eingebracht haben, ob das ein Fahrdienst, Hilfe bei der Dekoration oder der technische Support war, den Tanzgruppen, den Organisatoren sowie allen Gästen. Ein besonderer Dank gilt natürlich dem Verfasser des Buches, ohne dessen Präsentation die Veranstaltung gar nicht so breit angelegt hätte stattfinden können. Das nächste Fest wird an Pfingsten 2023 in Karlsruhe sein: Das ist dann das reguläre HOG-Treffen mit Vorstandswahlen.