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Wo wir verstanden werden, ist unsere Heimat

Die Trachtenträgerinnen und Trachtenträger sowie die Weinbergmusikanten vor der Spaichinger Stadthalle

Trachtenzug von der Stadthalle zum Marktplatz

Die Weinbergmusikanten (Leitung: Johann Wetzler) und das Gesangstrio Melitta Giel, Dietmar Giel und Irmgard Holzinger-Fröhr

Nachdem das für 2020 geplante Volkstanzfestival und das Landestrachtenfest der Banater Schwaben in Baden-Württemberg coronabedingt verschoben werden musste, schien es, bei den Freunden der Brauchtums- und Traditionspflege in diesem Jahr viel Nachholbedarf für Teilnehmer und Gäste gegeben zu haben. Sehr herzlich und vertraut begrüßten sich die knapp 100 Trachtenträgerinnen und Trachtenträger in der Spaichinger Stadthalle – nach einer längeren Durststrecke, aber nun unter optimalen Bedingungen und in einem schönen, feierlichen Rahmen. Denn schon im Vorfeld der Veranstaltung haben der Landesvorsitzende Richard Jäger sowie der Vorsitzende des ausrichtenden Kreisverbandes Tuttlingen-Rottweil-Schwarzwald-Baar Heinz Franzen keine Mühe gescheut, um das Festival für Teilnehmer und für Gäste zu einem unvergesslichen Ereignis werden zu lassen. 

Bei strahlendem Sonnenschein versammelten sich die Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen vor der Stadthalle und zogen unter den Klängen der von Johann Wetzler geleiteten Weinbergmusikanten auf den Spaichinger Marktplatz. Hier wurden sie von einem zahlreichen und dankbaren Publikum empfangen, denn nicht nur Banater Schwaben, sondern auch viele Spaichinger haben die Ankündigung der Veranstaltung auf dem zentralen Platz der Stadt unter dem Dreifaltigkeitsberg aus der örtlichen Presse vernommen. Selbst der Leiter der hiesigen Musikschule Ralf Vosseler fühlte sich von der mitreißenden Blasmusik angezogen und staunte nicht schlecht über die gute Qualität der Darbietung unserer Weinbergmusikanten. 

Der Spaichinger Bürgermeister Markus Hugger, ein erklärter Freund der Banater Schwaben, hatte gerne die Schirmherrschaft für die überregionale Veranstaltung übernommen. Er freute sich über die schönen Tänze und die Vielfalt der bunten Trachten auf dem Marktplatz und lud eine Abordnung der Tanzgruppen und Organisatoren zu einem Empfang mit Umtrunk ins Rathaus ein. Auch diesmal zeigte sich wieder, dass es dem Image der Banater Schwaben guttut, wenn sie ihre Trachten nicht nur vor eigenem Publikum in Hallen, sondern auch in der Öffentlichkeit zeigen – wie letztes Jahr in Göppingen und eben in diesem Jahr in Spaichingen. Viele Spaichinger Einwohner vermissen es, dass außer Fasnacht in den urbanen Zentren Baden-Württembergs kaum noch öffentlich Brauchtum gepflegt wird. Deshalb genossen sie die Vorführungen der mit vielen Kindern und Jugendlichen bestückten Gruppen mit ihren schönen Trachten.

In der Stadthalle durfte der Vorsitzende Heinz Franzen viele Ehrengäste begrüßen, unter anderen den Landesvorsitzenden der Banater Schwaben in Baden-Württemberg Richard Jäger mit Gattin, Bürgermeister Markus Hugger mit Gattin, den BdV-Schatzmeister Matthias Schwarz, den stellvertretenden Präsidenten des Weltdachverbandes der Donauschwaben Jürgen Harich, den DBJT-Vorsitzenden Patrick Polling, die Kreis- und HOG-Vorsitzenden Ingrid Röhrich, Dr. Norbert Neidenbach, Horst Redl und Hansi Winze, die Tanzgruppenleiterinnen, das Ehrenmitglied des Kreisverbandes Josef Koch und viele andere. 

In seinem Grußwort verwies er auf die guten Bedingungen der Kinder- und Jugendtanzgruppe vor Ort und bemerkte, dass viele Jugendliche sich erfreulicherweise für ihre Familiengeschichte, ihre Vorfahren und ihre Banater Wurzeln interessieren. „Ein Jugendlicher mit Eltern oder Großeltern aus dem Banat sollte seine Wurzeln kennen, die zur Stärkung seiner eigenen Identität beitragen. Wurzeln, die einem auch das Verständnis gegenüber anderen Völkern in der immer näher zusammenwachsenden Welt vereinfachen sollen.“ Trotz der schwierigen Zeit über die beiden Corona-Jahre sei der Zusammenhalt der Mitglieder in der Raumschaft Tuttlingen, Rottweil und Villingen-Schwenningen gut geblieben und nun freue man sich auf neue Projekte und viele schöne Begegnungen innerhalb der DBJT und der gesamten Banater Gemeinschaft in Deutschland. 

Auch Bürgermeister Markus Hugger lobte den Sinn für Gemeinschafts- und Brauchtumspflege der Banater Schwaben und drückte seine Verbundenheit auch dadurch aus, dass er zusammen mit seiner Frau Daniela die Darbietungen der Tanzgruppen interessiert verfolgte und sich viel Zeit für Gespräche mit Gästen nahm.

Der Landesvorsitzender Richard Jäger bekräftigte die Aussagen seiner Vorredner. Er stellte fest, dass Spaichingen inzwischen eine Hochburg der Banater Schwaben sei, und ihr Wirken vor Ort eindeutige Spuren hinterlasse. Die vielfältigen Aktivitäten im Stadtbild und die von Brigitte Polling und Christine Wollanka sehr erfolgreich geleiteten Kinder- und Jugendgruppen trügen zu einer positiven Wahrnehmung der Gemeinschaft bei. Er gab seiner Freude Ausdruck, hier eine starke Gemeinschaft vorzufinden, die über ein hervorragendes Potenzial verfügt und eröffnete das Tanzfestival mit einem großen Dank an alle Mitwirkenden. 

Mit starken Worten griff Patrick Polling als Vorsitzender der Deutschen Banater Jugend- und Trachtengruppen (DBJT) das Thema Herkunft und Wurzeln in seinem Grußwort auf. Da „wo wir lieben und wo wir leben, wo wir verstanden werden, ist unsere Heimat, also ist Spaichingen meine Heimat. Heimat versteht man erst, wenn man sie verlässt, eine Erfahrung, die viele von uns gemacht haben.“ Ebenso betonte Matthias Schwarz in seinem Beitrag, dass es nach wie vor von großer Bedeutung sei, Tradition und Brauchtum, aber auch unsere typische Lebenskultur zu pflegen und den Kindern weiter zu vermitteln. Auch dafür sei Vereinsarbeit wichtig und unerlässlich. 

Ein lebendiges Beispiel für diesen Gedanken lieferte anschließend Lukas Krispin als charmanter Moderator der folgenden Tanzaufführungen. Wie eine Reise durch Baden-Württemberg zu den einzelnen Lebensorten der beteiligten Tänzerinnen und Tänzer stellte er deren künstlerische Darbietungen auf sympathische Art und Weise dem aufmerksamen Publikum vor und gab Erklärungen zum besseren Verständnis des Geschehens auf der Bühne. Die Gäste freuten sich über die gelungenen Auftritte der Tanzgruppen aus Albstadt, Esslingen, Rastatt, Reutlingen, Singen und Spaichingen sowie die beeindruckenden Gemeinschaftstänze „Kathiländler“, „Donauschwabenwalzer“ und „Veilchenblaue Augen“. All diese Tänze wurden – bis auf wenige Ausnahmen – von den Weinbergmusikanten mit viel Einfühlungsvermögen musikalisch begleitet. Dazu gesellte sich das Gesangstrio von Melitta und Dietmar Giel sowie Irmgard Holzinger-Fröhr mit bekannt harmonisch und präzise vorgetragenen Stücken von Volksmusik bis Operette. 

Bis spät nach Mitternacht spielten im Anschluss „Die Palomas“ zum Tanz auf und sorgten für gute Stimmung und rege Aktivitäten auf dem Tanzparkett. Und die fleißigen Küchenhelferinnen und -helfer des Kreisverbandes Tuttlingen-Rottweil-Schwarzwald-Baar, dieses Mal unter der Regie von Horst Neidenbach, scheuten keine Mühe, um den Besuchern alle möglichen kulinarischen Wünsche zu erfüllen.