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Kirchweihfest bildete den Höhepunkt beim Großjetschaer Heimattreffen

Der mit bunten Bändern geschmückte Kirchweihstrauß

Der HOG-Vorsitzende Norbert Neidenbach bedankte sich mit je einem Blumenstrauß bei Hilde Redl (rechts) und Dagmar Österreicher für die Gestaltung des Kirchweihfestes. Fotos: HOG Großjetscha

Kultureller Höhepunkt des Heimattreffens war das traditionelle Großjetschaer Kirchweihfest, zu dem über zwanzig Paare in Großjetschaer Tracht mobilisiert werden konnten.

Nachdem das Treffen der HOG Großjetscha wegen der Pandemie-Restriktionen im Jahr 2021 nicht stattfinden konnte, viele Landsleute sich jedoch schon sehr auf ein Treffen gefreut und bei mehreren Vorstandsmitgliedern nachgefragt hatten, entschied sich der Vorstand für die Durchführung eines Treffens in diesem Jahr, und zwar am 21. September, wie gewohnt in der Oberwaldhalle in Rastatt-Rauental.

Nachdem diese Entscheidung bereits Anfang des Jahres gefallen war, wurde eine Liste der zu erledigenden Aufgaben erstellt und in Angriff genommen. Bezüglich des kulturellen Rahmenprogramms hatten sich die Vorstandsmitglieder für die Vorführung einer traditionellen Kirchweih, so wie diese in Großjetscha gefeiert wurde, entschieden.

Die ersten Gäste trafen bereits kurz vor Öffnung des Saales ein und die Halle füllte sich allmählich. Die Befürchtungen der Organisatoren, dass die Besucherzahl gering bleiben könnte, zerstreuten sich zusehends.

Um den Gästen genügend Zeit zum „Verzähle“ zu lassen, wurden die offizielle Eröffnung und der Beginn des kulturellen Programms auf den späteren Nachmittag verlegt – was sich als richtig erweisen sollte.

Mit den ersten Gästen trafen auch die ersten Kuchenspenden ein. Es waren richtige Meisterwerke, die die Großjetschaerinnen vollbracht hatten. Jede einzelne Torte (insgesamt waren es über 30) war mit großer Liebe und Hingabe, aber auch mit Fantasie und Kreativität gebacken und verziert worden – ein Genuss für Augen und Gaumen und ein erneuter Beweis Großjetschaer Backkunst. Der Erlös aus diesen Kuchenspenden kam der HOG und auch allen Landsleuten zugute, denn damit wird die Instandhaltung des Großjetschaer Neuen Friedhofs unterstützt.

Doch nun zurück zum Ablauf des Treffens. Zur offiziellen Eröffnung hieß der Vorsitzende der HOG Großjetscha Norbert Neidenbach alle Landsleute herzlich willkommen. Es folgten eine kurze Vorstellung des Programms des Heimattreffens sowie einige organisatorische Hinweise, wonach der HOG-Vorsitzende erneut auf die Notwendigkeit hinwies, eine Verjüngung des Vorstands durch das Heranziehen von jüngeren, engagierten Mitgliedern herbeizuführen, die bereit sind, einen Teil ihrer Freizeit ehrenamtlich für die Großjetschaer Gemeinschaft aufzuwenden.

Der Vorstand setzt sich aktuell wie folgt zusammen: Vorsitzender: Norbert Neidenbach, stellvertretender Vorsitzender: Josef Köllmel, Kassenwartin: Angela Jahnke, Schriftführer: Werner Giehl, Kulturreferentin: Hilde Redl, Beisitzer: Helmut Reiter, Hans Götter, Ulrike Rössner, Heidelinde Redl, Horst Giehl und Gudrun Neidenbach. Die Kassenprüfung obliegt Helga Ebner und Horst Redl.

Der kulturelle Höhepunkt des Treffens war das traditionelle Großjetschaer Kirchweihfest. Hilde und Horst Redl konnten über 20 Trachtenpaare in Großjetschaer Kirchweihtracht mobilisieren. Dies war – auch vor dem Hintergrund der Pandemie-Restriktionen der letzten Jahre – eine beachtliche Leistung. Ohne das Engagement und das organisatorische Geschick von Hilde Redl und ihre vielen Anrufe bei den Landsleuten wäre diese Kirchweih nicht zustande gekommen. Zum Gelingen des Festes haben, wie bei den Großjetschaern üblich, viele Hände beigetragen. So wurde der Strauß bei Familie Redl in Singen geschmückt. Franz Liess, der beim letzten Treffen den Strauß für seine Frau Hedwig ersteigert hatte, war mit seiner Frau gekommen, um dabei zu helfen. Beim Anlegen der Frauentrachten gab es tatkräftige Unterstützung von Erika Bach, Helga Ebner, Sieglinde Kafka, Elwine Muth, Heidelinde Redl und Henriette Redl.

Viele der Kirchweihpaare waren Großjetschaer oder hatten Großjetschaer Wurzeln. Die Gemeinschaftstänze wurden von den Großjetschaer Tänzerinnen und Tänzern sowie den „Banater Schwabenkindern“ (der Kulturgruppe des Kreisverbandes Rastatt) vorgeführt.

Der Einzug dieser stattlichen Zahl an Trachtenpaaren, unter ihnen auch einige Kinderpaare, die voller Begeisterung mitmarschierten, wurde vom Publikum mit tosendem Applaus honoriert. Die farbenfrohen, wunderschönen Frauentrachten und die geschmückten Hüte der „Kerweihbuwe“ waren wieder einmal eine Augenweide. Es wurden Erinnerungen an die Kirchweihfeste in der alten Heimat wach, und der ein oder andere Gast war wohl in Gedanken in Großjetscha.

Besonders hervorzuheben ist das generationenübergreifende Engagement einiger Landsleute. So war Familie Keller mit vier Generationen in Tracht am Kirchweihfest aktiv beteiligt. Dies waren Katharina Keller mit Sohn Alfred, Enkel Gerd und der sechs Jahre alten Urenkelin Mara. Ebenso waren Barbara und Josef Pumple mit Sohn Siegfried Pumple, Tochter Kunigunde Haas und den Enkeltöchtern Lena und Julia in Tracht erschienen. Auch Familie Götter war mit drei Generationen vertreten: Leni und Hans Götter mit Tochter Heidi und den Enkelinnen Amelie und Sophie. Bei landsmannschaftlichen Veranstaltungen wird immer wieder darauf hingewiesen, wie wichtig es sei, Brauchtum und Tradition an die Nachfolgegenerationen weiterzugeben. Die Großjetschaer haben den Beweis erbracht, dass dies möglich ist.

Die beiden Geldherrenpaare Franz und Hedwig Liess beziehungsweise Hans und Leni Götter eröffneten den langen Kirchweihzug. Traditionsgemäß lud der erste Geldherr Franz Liess alle Gäste zur Kirchweih ein. Seine wohlüberlegten, mitunter nachdenklich stimmenden Worte beschrieben sehr treffend die aktuelle Situation unserer Landsleute. Die Begrüßung in schwäbischer Mundart übernahm der zweite Geldherr Hans Götter mit einem Spruch, den er bereits bei der Kirchweih 1973 in Großjetscha vorgetragen hatte. Auch dies ein weiteres Beispiel von Kontinuität in der Traditionspflege über Grenzen und Generationen hinweg.

Die Versteigerung des Kirchweihstraußes erfolgte auf „amerikanische Art“. Nikolaus Marinescu waltete dabei seines Amtes als „Kirchweihvater“. Ersteigert wurde der Strauß von Walter Trendler für seine Gattin Gabriele, die ihre Überraschung und Freude kaum verbergen konnte. 

Einen besonderen Beitrag zum Gelingen des Festes leistete auch die Blasmusik. Die bekannte und beliebte Kapelle „Notenvagabunden“ umrahmte die Feier musikalisch.

Die zwar in verkürzter Form, aber mit allen traditionellen Elementen dargebotene Kirchweih wurde mit dem Ausmarsch der Trachtenpaare abgeschlossen – erneut unter anhaltendem Beifall der Anwesenden.

Die Tanzleiterin Hilde Redl, die beiden Geldherren und natürlich alle Trachtenpaare haben den Landsleuten mit ihrer Vorführung ein Stück Banat aus längst vergangener Zeit vermittelt. Das Kirchweihbrauchtum ist Teil unserer kulturellen Identität. Es auch in der neuen Heimat zu pflegen und zu erhalten ist eine der Hauptaufgaben der Heimatortsgemeinschaften. Die HOG Großjetscha hat erneut unter Beweis gestellt, dass sie sich dieser Aufgabe verschrieben hat. Die Heimattreffen bieten den Landsleuten die Möglichkeit, Verwandte, Freunde und Bekannte zu treffen, durch die Aussiedlung verlorengegangene Kontakte wieder herzustellen und die Mundart zu pflegen. Aber mindestens genauso wichtig ist es, Traditionen weiterzuführen, denn nur so kann die Jugend zur Erhaltung unserer Sitten und Bräuche animiert werden. 

Gerne möchte ich noch die Ausstellung von Nikolaus Rabong erwähnen. Der gebürtige Orzydorfer präsentierte den im Banat gebräuchlichen Hausrat in Miniatur. Zu sehen waren Werkzeuge, landwirtschaftliche Gerätschaften, Einrichtungsgegenstände und sogar eine detailgetreue Nachbildung der Orzydorfer Kirche, inklusive des Glockengeläuts. Die Ausstellung stieß bei den Besuchern des Treffens auf erhebliches Interesse. Immer wieder hörte man Reaktionen, wie „Ach, das kenne ich, das hatten wir auch zuhause“.

Die Bewirtung durch den Partyservice des Restaurants „La Vio“ darf keinesfalls vergessen werden. Sie erfolgte in gewohnter Qualität und Herzlichkeit. Die Speisen und Getränke, alles „wie derhem“, haben ihren Teil zum Gelingen des Treffens beigetragen.

Es war ein besonderes und ein gelungenes Treffen, wie mir von vielen Teilnehmern versichert wurde. Ihr Fazit lautete: „Scheen war’s mol wieder“. Natürlich freuen sich die Organisatoren über positive Rückmeldungen, sie wissen aber auch, dass hinter einem solchen Treffen eine Team-Leistung steht. Dafür möchte ich mich bei allen Mitwirkenden, bei den Helferinnen und Helfern und nicht zuletzt bei den Vorstandsmitgliedern herzlich bedanken.

Auf der Homepage der HOG Großjetscha (www.jetscha.de) wurden ca. 200 Fotos vom diesjährigen Heimattreffen veröffentlicht.