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Arad statt Asien – eine hervorragende Idee? 

Konrad Kosinski bei einem Besuch in Temeswar Foto: privat

DBJT-Vorstandsmitglied Andrea Kielburg im Gespräch mit Konrad Kosinski, der ein Freiwilliges Soziales Jahr in Arad absolviert - Konrad Kosinski aus Warburg bei Kassel, 18 Jahre alt, macht gerade ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ). Eigentlich nichts Ungewöhnliches. FSJ – das bedeutet, sich über eine längere Zeit, in diesem Fall elf Monate, bei einem sozialen Projekt zu engagieren, oft auch im Ausland – wie bei Konrad. Er absolviert sein FSJ am Theoretischen Lyzeum Adam Müller-Guttenbrunn in Arad. Träger ist hier die Stiftung „Kulturweit“ der deutschen UNESCO-Kommission, deren Schwerpunkt die auswärtige Kultur- und Bildungspolitik ist. Aber was führt einen 18-Jährigen ausgerechnet nach Rumänien, ins Banat? Wie kommt er dort zurecht? Das wollte Andrea Kielburg von der DBJT (Banater Jugend- und Trachtengruppen) genauer wissen und verabredete sich mit Konrad zu einem Interview – online versteht sich, in diesen Zeiten.

Andrea: Dein Einsatzort ist das Adam-Müller-Guttenbrunn-Lyzeum in Arad. Ein Lyzeum ist ja vergleichbar mit einem Gymnasium in Deutschland. Was genau sind dort deine Aufgaben?

Konrad: Im Lyzeum ist mein Aufgabengebiet vielseitig, von Unterrichtsstunden, in denen ich über das Schulsystem in Deutschland erzähle oder einen Vergleich von Traditionen in Deutschland und Rumänien mit den Schülerinnen und Schülern ausarbeite, bis hin zur Betreuung von „Jugend debattiert international“, ein Format, das auch an deutschen Schulen praktiziert wird. Dadurch, dass ich mit allen Klassen von der Fünften bis zur Zwölften zu tun habe, ist die Tätigkeit sehr abwechslungsreich. 

Andrea: Wie genau bist du denn mit den Schülerinnen und Schülern in Kontakt? 

Konrad: Aufgrund der Corona-Pandemie findet der Unterricht aktuell nur online statt, was ich etwas schade finde. Sprachlich ist es aber kein Problem, die Schülerinnen und Schüler verfügen meist über sehr gute Deutschkenntnisse, und viele haben auch einen Bezug zu Deutschland. 

Andrea: Um bei der Sprache zu bleiben: Wie klappt es mit der Verständigung? 

Konrad: Ganz gut eigentlich. Wir reden in der Freizeit meistens Englisch, und so langsam verstehe ich auch ein paar Worte Rumänisch. Ich spreche noch Portugiesisch und Polnisch, sodass es mir leichter fällt, die Sprache zu lernen. Manche Wörter sind auch sehr ähnlich, da kann man sich einiges aus dem Kontext erschließen. 

Andrea: Neben der Tätigkeit am Lyzeum ist das FSJ mit einem Projekt verbunden. Worum geht’s dabei genau? Magst du mir ein bisschen mehr dazu erzählen?

Konrad: Ja, gern. Wir sind ein Team aus zwölf Freiwilligen, die in ganz Rumänien verteilt sind, und arbeiten an einem Heft über deutsche Minderheiten in Rumänien. Dadurch, dass wir aus Deutschland kommen und jetzt in Rumänien sind, fanden wir es spannend, an dieser kulturellen Schnittstelle anzusetzen. Es ist so aufgeteilt, dass jeder Teilnehmer die Minderheit übernommen hat, wo er örtlich eingesetzt ist, deswegen sind es bei mir die Banater Schwaben. Andere schreiben über die Siebenbürger Sachsen usw. Des Weiteren bauen wir noch andere Themen ein, wie zum Beispiel die Kirchenburgen oder auch das Deutsche Forum in Temeswar. Separat wollen wir noch die Ausreisewellen der Deutschen behandeln, als einschneidenden Moment in der Geschichte der Minderheiten.  

Andrea: Hattest du vor dem Projekt schon mal Kontakt zu Banater Schwaben?

Konrad: Nein. Ich muss auch ehrlich sagen, ich wusste, dass es eine deutsche Minderheit in Rumänien gibt, aber das waren für mich die Siebenbürger Sachsen. Über die Vielfalt der Minderheiten war ich mir anfangs nicht bewusst. 

Andrea: Wie bist du darauf gekommen, dein FSJ in Arad zu machen?

Konrad: Das was letztendlich Zufall. Mein Projektträger, „Kulturweit“, schickt Leute in die ganze Welt, von der Mongolei bis nach Chile. Aufgrund von Corona waren die Möglichkeiten dieses Jahr auf die EU beschränkt, und so wurde mir Arad zugeteilt. Man konnte dieses Angebot dann ablehnen und auf ein Neues hoffen oder annehmen, so wie ich es gemacht habe. 

Andrea: Zum Glück oder leider?

Konrad: Auf jeden Fall zum Glück! Dadurch, dass andere Freiwillige an anderen Orten eingesetzt sind, konnte ich auch schon sehr viel von Rumänien sehen. In den Winterferien haben wir uns die Schwarzmeerküste angeschaut, in Kronstadt und Temeswar waren wir auch schon. Auch landschaftlich hat mich die Gegend um die Karpaten echt beeindruckt. 

Andrea: Und wie gefällt es dir in Arad? 

Konrad: Super, ich hab mich echt gut eingelebt. Die Stadt ist nicht zu groß, nicht zu klein, die Cafés haben trotz Corona offen, sodass man auch etwas unternehmen kann. Die Leute hier sind sehr offen und gastfreundlich, da hab ich sehr positive Erlebnisse gemacht. Auch das Essen hat mich überzeugt. Ich habe hier Zacusca kennengelernt, das esse ich inzwischen gläserweise. Und in der Nähe ist ein Langosch-Stand, das ist auch „gefährlich“. 

Andrea: Würdest du ein FSJ in Arad weiterempfehlen?

Konrad: Auf jeden Fall! Ich wollte eigentlich nach Zentralasien, also eine ganz andere Ecke, und dachte, Europa wäre langweilig. Aber ich bereue es nicht, und das werde ich auch so an Interessenten weitergeben. Auch hier in Europa kann man sehr Schönes erleben.