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Bayern: Zentraler Tag der Heimat in Augsburg

BdV-Landesvorsitzender Christian Knauer bedankte sich bei den Ehrengästen und Mitwirkenden (von links): Oberbürgermeisterin Eva Weber, Staatsministerin Carolina Trautner, MdL, BdV-Kreisvorsitzende Dr. Hella Gerber, BdV-Bezirksvorsitzender Andreas Jäckel, MdL, BdV-Landesgeschäftsführerin Susanne Sorgenfrei, Aussiedlerbeauftragte Sylvia Stierstorfer, MdL, Botschafter Emil Hurezeanu. Foto: Maria und Peter Bergmann

Banater Landsleute beim Tag der Heimat im Goldenen Saal des Augsburger Rathauses mit dem Landtagsabgeordneten Andreas Jäckel (rechts)

Verleihung des Kulturpreises 2020 des BdV Bayern (von links): Bundesbeauftragter Dr. Bernd Fabritius, Botschafter Emil Hurezeanu, Preisträger Michael Schmidt, Staatsministerin Carolina Trautner, BdV-Landesvorsitzender Christian Knauer Foto: Maria und Peter Bergmann

Im Freistaat Bayern wurden in den letzten Monaten auch nahezu alle landsmannschaftlichen und BdV-Veranstaltungen abgesagt, wichtige auf das nächste Jahr verschoben. Den zentralen Tag der Heimat 2020, der schon im Vorjahr geplant worden war und für den die Stadt Augsburg den historischen „Goldenen Rathaussaal“ zugesagt hatte, wollte der Vorstand des Landesverbandes jedoch nicht aufgeben, galt es doch, an den 70. Jahrestag der Verkündung der Charta der deutschen Heimatvertriebenen zu erinnern und die traditionellen Tage der Heimat landesweit einzuleiten. Daher stand dieses historische Dokument am Anfang des Festaktes in Form einer einführenden kurzen Film-Dokumentation sowie im Mittelpunkt der ganzen Feier und der Festreden.

Angepasst an die Verhältnisse und coronabedingten Umstände konnte nur eine begrenzte Zahl von Teilnehmern in den Festsaal der Stadt geladen werden. Gefolgt war der Einladung viel Politik-Prominenz sowie Amtsträger zahlreicher landsmannschaftlicher und BdV-Verbände aus Bayern, vor allem aus Bayerisch Schwaben, darunter die der Banater Schwaben, Donauschwaben und Siebenbürger Sachsen sowie des Kreisverbandes Augsburg des BdV mit seiner Vorsitzenden Dr. Hella Gerber. Sie und der Bezirksvorsitzende des BdV Schwaben, Andreas Jäckel, Mitglied im Landtag, eröffneten die Festveranstaltung und begrüßten die Gäste. Ein weiteres Willkommensgrußwort als Gastgeberin sprach die Oberbürgermeisterin der Stadt Eva Weber, die stets Entgegenkommen zeigt für die Anliegen der landsmannschaft-lichen Verbände und ihre Aktionen gern unterstützt. In diesem Sinne schätzte sie die „Heimattag-Veranstaltung“ als Ehre für die Stadt, da sie trotz Corona-Zeiten allen Anforderungen entsprechend bestens vorbereitet wurde. Mit Bedauern verwies sie auf die vielen in Augsburg zur Tradition gewordenen bereichernden Kulturveranstaltungen, die jetzt nicht stattfinden können, wie die Banater Kirchweih oder das Kronenfest der Siebenbürger Sachsen. Oder auf die vielfältigen Tätigkeiten im Haus der Begegnung in Augsburg-Lechhausen, ein aktives Vereinszentrum für viele Kulturgruppen.

Den Festvortrag zum BdV-Jahresthema „70 Jahre Charta der deutschen Heimatvertriebenen“ hielt Alt-Landrat Christian Knauer, Landesvorsitzender des BdV Bayern. Das in diesem Jahr besonders oft gewürdigte Dokument bezeichnete der Redner als einen grundlegenden Beleg des Versöhnungs- und Europagedankens im Sinne der damals über 100000 versammelten Teilnehmer, aber auch als eine Selbstverpflichtung für den Wiederaufbau des Landes – ein weitsichtiger Schritt, der seine Nachhaltigkeit bewiesen habe. Als Beispiel für das Aufeinander-Zugehen aus jüngster Zeit nannte Knauer Rumänien, das Entschädigungen für Zwangsarbeiter und Deportierte sowie politisch Verfolgte kürzlich durch ein Gesetz auf deren Kinder ausgeweitet hat.

Der Festredner, der auch Vizepräsident des Bundes der Vertriebenen ist, erinnerte auch an den 70. Jahrestag der Gründung des Zentralrates der Juden in der Bundesrepublik Deutschland und entbot einen Gruß an die israelitischen beziehungsweise jüdischen Gemeinden in Bayern. Damit in Verbindung betonte er, dass aus heutiger Sicht der Charta von damals einiges hinzuzufügen gewesen wäre. Der Landesvorsitzende rief zum Zusammenhalt auf, zur Weitergabe der Verbundenheit zur Gemeinschaft und zur alten Heimat der Vorfahren, der Traditionen und des Wissens, das von der älteren Generation „gesät“ wurde, damit auch der 100. Jahrestag der Charta im Goldenen Rathaussaal in Augsburg gefeiert werden könne.

Eine weitere Festrede hielt die Staatsministerin für Familie, Arbeit und Soziales Carolina Trautner. Sie bezeichnete die Flüchtlinge, Vertriebenen und Aussiedler als „Herzstücke“ in der Nachkriegsgesellschaft in Bayern, in der Bundesrepublik insgesamt. Die mitgebrachten großen Traditionen und ihre Geschichte seien zu den „besten Vorbildern“ in unserem Land zu zählen. In Verbindung mit der Charta der Heimatvertriebenen hob sie unter anderem den Großmut der Autoren der Schrift hervor, den Versöhnungsgedanken, die Hoffnung auf ein neues Europa und eine neue Zukunft. Die Charta sei uns „Lehre und Erbe“, denn nur durch ein Miteinander könne ein gemeinsames Europa gestaltet werden.

Die Staatsministerin versprach im Namen der Regierung Bayerns weiterhin die Förderung der Kulturstätten, die sich um die Vergangenheit und Gegenwart der Deutschen aus dem Osten und Südosten Europas und ihre Kultur und Vereinsarbeit kümmern. Als großes Projekt jüngster Zeit nannte sie das Sudentendeutsche Museum in München, das vor der Übergabe steht, und den geplanten Bau eines Kulturzentrums für die Deutschen aus Russland und den ehemaligen Staaten der Sowjetunion. Ähnliche Zentren sollen für die Donauschwaben (Banater Deutschen) und die Siebenbürger Sachsen in Bayern entstehen. Zudem würdigte die Ministerin die Brückenfunktion der Landsmannschaften, der Heimatvertriebenen, Aussiedler und Spätaussiedler, die bei dieser Zusammenarbeit auch künftig mit der Bayerischen Regierung als „Partner“ rechnen können.

Kulturpreis des BdV Bayern verliehen

Zweiter Hauptpunkt der Veranstaltung war die traditionelle Verleihung des Kulturpreises des BdV Bayern, der aus einem Hauptpreis und zwei Ehrengaben besteht.

Die erste Ehrengabe begründete Laudator Christian Knauer. Sie ging an das „Schlesische Schaufenster“ in Straubing, das zugleich eine Dokumentationsstelle wurde und dank der 2009 gegründeten und nun geehrten Schlesien-Stiftung Bayern nicht nur für Schlesier und deren Nachkommen, sondern auch für Bayern nachhaltig wirkt. Die Bedeutung dieser 2017 eröffneten und
ehrenamtlich eingerichteten Kulturstätte – Museum, Dokumentationsstelle und Ort für Wanderausstellungen zu verschiedensten Themen – hob Laudator Knauer, der den Preis und die Urkunde zusammen mit Oberbürgermeisterin Weber dem Stiftungsvorsitzenden Christian Kuznik übergab.

Die zweite Ehrengabe ging ebenfalls an ein (Heimat-)Museum, das Stadtmuseum in Geretsried, eine sogenannte „Vertriebenenstadt“ in Bayern, die auf dem Gelände einer Rüstungsfabrik entstand. Vorgestellt wurde es von Paul Hansel. Das Museum geht auf Initiativen aus den 1970er Jahren zurück und konnte dank eines Fördervereins seit 1989 in eine moderne Präsentationform überführt werden. Überreicht wurde die Ehrengabe mit Urkunde an die „Seele“ des Museums, Anita Zwicknagl, und an Bürgermeister Michael Müller von der Beauftragten der Bayerischen Staatsregierung für Vertriebene und Aussiedler Sylvia Stierstorfer, MdL. Beide geehrten Museumsvertreter luden zum Besuch ein.

Den Kulturpreis 2020 des BdV Bayern vergab die Jury laut Dr. Bernd Fabritius, Bundesbeauftragter für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, einstimmig an Michael Schmidt beziehungsweise dessen Stiftung in Rumänien. Fabritius stellte den Preisträger vor, der 1960 in Siebenbürgen geboren wurde, als Aussiedler mit der Familie nach Bayern gelangte und früh im Jugendverband der Siebenbürger aktiv war. Nach der Wende gründete er ein eigenes Unternehmen in Rumänien, das inzwischen rund 2000 Menschen einen Arbeitsplatz sichert. Michael Schmidt wollte vor allem den dort verbliebenen Landsleuten Hilfe sichern. Das erfolgreiche Unternehmen ermöglichte ihm gemeinsam mit seiner Frau Veronika, die Schmidt-Stiftung zu gründen mit dem Hauptziel, Kultur, Schulen mit deutscher Muttersprache, aber auch Studierende und große Kulturveranstaltungen, wie die Kulturwochen im siebenbürgischen Haferland, die tausende Besucher aus dem ganzen Land anlocken, zu fördern.

Den Preis übergaben Dr. Bernd Fabritius und Staatsministerin Carolina Trautner. Der Ehrengast Emil Hurezeanu, Botschafter Rumäniens in Berlin, würdigte in einer kurzen Ansprache die Kulturmittlerrolle der Michael Schmidt Stiftung und untermauerte die Begründung für diesen Kulturpreis.

Auf ein Minimum musste die musikalische Umrahmung der Feier reduziert werden. Als Vertreterin der Kulturgruppen der Deutschen aus Russland in Augsburg bot die Jugendliche Valeria Schumacher – der „musikalische Mittelpunkt“ der Feier – zur Abwechslung im Programmablauf heimatlich-volkstümliche Lieder dar und erntete viel Beifall. Ihr und allen Mitwirkenden, den hohen Gästen wie auch den Helfern und Organisatoren dankte der Landesvorsitzende Knauer in seinem Schlusswort, besonders dem Botschafter Rumäniens, dessen Anwesenheit ein Zeichen der Verbundenheit und Solidarität mit den Landsleuten in Deutschland sei. Wenn es in diesem Jahr auch nur eine „Sitz-Veranstaltung“ mit weniger Teilnehmern, Abstand und Masken war, so stelle sie doch eine würdige Gedenkveranstaltung für 70 Jahre Charta dar, betonte Knauer.

Zum Abschied gaben Mitglieder des Kreisverbandes Augsburg der Banater Schwaben anstelle eines Thekenimbisses kleine Päckchen Banater Kuchen mit auf den Heimweg, eine Initiative der Vorsitzenden Dr. Hella Gerber, umgesetzt vom Ehepaar Tine und Hans Slavik und Helfern.

Unter den Teilnehmern der Feier befand sich auch Harald Schlapansky, der Landesvorsitzende Bayern der Landsmannschaft der Banater Schwaben. Yvonne Dornstauder und ihr Ehemann Nikolaus vom Augsburger Kreisverband hatten zur Feier die schwäbische Tracht angelegt und das Ehepaar Maria und Peter Bergmann sorgte für die Foto- und Video-Dokumentation der Veranstaltung.

Das Bayerische Fernsehen zeigte Ausschnitte der Feier in den Rundschau-Nachrichten am Spätnachmittag und Abend der Sonntagssendung (20. September).