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Sinnende und klingende Melancholie

Passend zum Motto des diesjährigen Antonitreffens „Sinnende und klingende Melancholie“ verzauberte der Freiburger Singkreis unter der Leitung von Anton Bleiziffer das Publikum mit Vertonungen von Lenau- und Eminescu-Gedichten. Fotos: Josef Budean

Drei Generationen der Familie Weber musizierten gemeinsam und erfreuten die Gäste mit heimatlichen Klängen.

Es sind nicht viele Veranstaltungen der Banater Schwaben, bei denen es eine „Warteliste“ für die Teilnahme gibt, wie dies beim Antonitreffen in Freiburg der Fall ist. Über 27 Jahre und über regionale Grenzen hinweg erfreut sich diese kulturelle Veranstaltung – von langer Hand geplant und bis ins kleinste Detail durchorganisiert – großer Beliebtheit. Und so zog das Antonitreffen am 18. Januar viele Banater Schwaben in den Pfarrsaal St. Petrus Canisius, wo sie von Anton Bleiziffer, dem Initiator und Motor der Veranstaltung, begrüßt wurden. Das Grußwort der HOG Sanktanna überbrachte Kulturreferentin Katharina Hell. Bleiziffer überreichte Bernhard Brüggen den Ferdinand-Totterer-Heimatpflegerbrief für seine Verdienste um die Pflege und Erhaltung von deutschem Volksgut und sein Bemühen um Völkerverständigung.

Das Kuchenbuffet ließ keine Wünsche offen und alle erfreuten sich an den Klängen der Sanktannaer Musikanten. Dass hier drei Generationen der Familie Weber mitgespielt haben, soll nicht unerwähnt bleiben. Auch nicht die Tatsache, dass Kinder und Jugendliche hoch motiviert mithalfen. Mit viel Fleiß und Mühe hat es der Freiburger Singkreis wieder geschafft, ein vielfältiges Angebot, kulturell auf höchstem Niveau, auf die Beine zu stellen, welches seinesgleichen sucht.

Fester Bestandteil des Antonitreffens ist das Namenstagslied am Anfang – von den Sanktannaern frei und aus voller Kehle gesungen, sowie der Gottesdienst in der St. Petrus Canisius-Kirche. Stadtdekan Wolfgang Gaber, Dompfarrer von Freiburg, kommt nun schon seit Jahren gerne und eigens für diese Messe nach Freiburg-Landwasser. In seiner Predigt rief er die Gläubigen auf, nicht um sich selbst zu kreisen. Wie der Kreisverkehr nicht dafür geschaffen worden sei, sich dort aufzuhalten, sondern geregelt und schneller ans Ziel zu gelangen, so möge auch der Mensch aus der Sackgasse des Lebens heraus auf sein eigentliches Ziel zusteuern. Der Hausorganist entlockte der Königin der Instrumente himmlische Töne, Solistin und Flötenen-semble umrahmten den Gottesdienst musikalisch.

Nach dem Abendessen wurde das fortgesetzt, was im Sommer 2013 in Sanktanna beim Vortrag „Akkulturationserscheinungen unter verschiedenen Ethnien in Sanktanna“ von Anton Bleiziffer begonnen wurde: eine musikalisch-literarische Reise in die Vergangenheit mit dem Ziel, Vergangenheit besser zu verstehen und Zukunft bewusster zu gestalten. In drei Sprachen (deutsch, rumänisch und ungarisch) wurde das Verbindende zwischen den Kulturen hervorgehoben. Diese Brückenbauerrolle ist nicht neu für den Freiburger Singkreis und das Antonitreffen, standen doch auch schon in der Vergangenheit die Türen für andere kulturelle Beiträge offen. Vielleicht ist es gerade diese Toleranz und Flexibilität, die sich in der unglaublichen Wandlungsfähigkeit dieser Veranstaltung zeigt.

Anton Bleiziffer und Christine Muranyi verdeutlichten das Verbindende zweier Genies, Nikolaus Lenau und Mihai Eminescu – zwei Seelenverwandte, die sich nie kennenlernten. Was der eine begann, setzte der andere mit Erfolg fort. Getrieben von einer unerfüllten Sehnsucht nach Liebe und der Hoffnung, das Unerreichbare doch noch möglich zu machen, schufen sie Werke voller Melancholie und Sehnsucht, die sich noch heute großer Beliebtheit erfreuen. Über den Abend verteilt, besang der Freiburger Singkreis tiefe Gefühle. Sieben Lenau-Gedichte hatte Anton Bleiziffer eigens vertont und auf dem Akkordeon begleitet. Bei Eminescu griff man auf alte rumänische Volkslieder und Romanzen zurück und verzauberte damit das Publikum. Sprachgewaltig rezitierte der Schauspieler Hans Jakobi Werke beider Dichter. Mit seiner unverwechselbaren Stimme trat Bernhard Brüggen als Solist auf. Christel Muranyi und Anton Bleiziffer sangen hervorragend im Duett. Willi Hack brachte auf seinem Keyboard mit Lenau-Texten unterlegte alte deutsche und rumänische Volksweisen zu Gehör. Mit Elfriede Mayer sang er noch ein wunderbares Duett. Kirsten Hopfener sang sich mit viel Gefühl in die Herzen der Zuhörer. Das Repertoire reichte sogar weiter, bis zu Autoren, die Gedichte auf Lenau geschrieben hatten. Die ungarische Seite vertrat gekonnt Erzsi Pfeiffer. Passend zum Thema des Abends, „Sinnende-klingende Melancholie“, waren auch das Bühnenbild und die Tischdekoration gestaltet.

Originell in ihrer Art und mit jugendlicher Frische gestalteten Alexander und Clemens Bleiziffer ihren Auftritt. Der eine gab den Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki, der andere den Dichter Nikolaus Lenau. In einem „Interview“ im Himmel wurde Lenau von Reich-Ranicki zu seinen Werken und Absichten befragt. Die beiden unterhielten das Publikum ausgezeichnet und vergaßen auch nicht, Franz Wiesenmayer einen Preis zu überreichen, der als Komödiant schon seit Jahren in Freiburg und anderswo auftritt. Alles in allem war es ein sehr schöner Abend voller Romantik und Melancholie, der seinen Ausklang mit der Blasmusik-Darbietung der Eisenbahner Musikanten fand. Mit ihrer Musik und fröhlichen Art erfreuten sie auch diesmal das Publikum.

Am nächsten Nachmittag traf man sich wieder in der gleichen Lokalität zum Diavortrag von Josef Budean. Der Sanktannaer Landsmann mit Wohnsitz in Freiburg präsentiert nun schon seit 17 Jahren in seiner unverwechselbaren, originellen Art Impressionen aus Rumänien und schafft es immer wieder, Gefühle und Stimmungen in Bildern wiederzugeben. Diesmal wurde die an Holzkirchen reiche und landschaftlich einmalige Region Maramuresch vorgestellt. 140 Zuhörer spendeten bei dieser Gelegenheit 450 Euro zugunsten eines Projekts, das bedürftige Kinder in der Maramuresch unterstützt.