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DBJT-Brauchtumsseminar: „Losgeloss, wie de Hund vun de Kett“

Mehr als 100 Jugendliche fanden sich wieder zum Brauchtumsseminar der DBJT in Bad Wurzach ein und kamen in den Genuss eines abwechslungsreichen Programmangebots. Fotos: Jasmin Dornstauder

Die Tanz-Workshops − ob Volks-, Standard- oder moderne Tänze − sind fester Bestandteil eines jeden Brauchtumsseminars.

In der Kochgruppe lernten interessierte Jugendliche, wie man „Faschierte“ macht. Diese gab es später zum Abendessen.

Das jährlich im November im Wieshof in Bad Wurzach stattfindende Brauchtumsseminar für Jugendliche wurde dieses Jahr vom 8. bis 10. November durchgeführt.

Solch eine Veranstaltung bedarf entsprechender Vorbereitung, und so plant der DBJT-Vorstand bereits ein halbes Jahr vorher die verschiedenen Workshops und möglichen Angebote. Stehen die Kochgruppe, die Workshops und die Teilnehmerzahlen fest, werden die Zimmer eingeteilt, Getränke bestellt, Formulare gedruckt usw.

Am Freitag finden sich als erste die Mitglieder des Vorstandes ein, um das Haus für das Wochenende zu übernehmen. Nicht viel später taucht auch bereits die Kochgruppe auf, denn wenn am Abend für 100 Personen Essen auf dem Tisch stehen soll, muss rechtzeitig damit begonnen werden. Mit dem Eintritt der Dämmerung treffen dann die ersten Teilnehmer ein. Die Jugendlichen beziehen ihre Zimmer, wobei diesmal alle 116 Betten in Anspruch genommen wurden. Das Haus war also ausgebucht, zumal insgesamt 130 Personen gezählt wurden (einige haben nicht in Bad Wurzach übernachtet).

Um 20 Uhr war der Großteil der Teilnehmer eingetroffen und die belebten Gespräche waren nicht zu überhören. Man hat sich nach langer Zeit schließlich auch viel zu erzählen. Die Teilnehmer kamen aus den Tanzgruppen Spaichingen, Singen, Esslingen, München, Augsburg, Ingolstadt, Nürnberg, Karlsruhe, Frankenthal, Crailsheim, Würzburg, es nahmen aber auch Jugendliche teil, die nicht Mitglied einer Tanzgruppe sind. Nach der Begrüßung durch den DBJT-Vorsitzenden Patrick Polling wurde mit einem zünftigen Marsch das Abendessen in den großen Gemeinschaftssaal gebracht. Es gab „Brotworscht mit Krumbierepiree und Krautsalat“.

Die Kochgruppe wurde dieses Mal nicht von einer Tanzgruppe gestellt, sondern bestand aus Eltern von teilnehmenden Jugendlichen. Gerhard Hellner, Elvine Schöffler, Edith und Rainer Hassenteufel, Fredi und Alice Walter sowie Johann und Kirsten Wild hatten nicht nur ein Händchen für gutes Essen, sondern konnten auch mit dem Stress, den die Küchenarbeit mit sich bringt, souverän umgehen. „Natürlich ist es in dem ein oder anderen Moment stressig, aber man weiß ja, wofür man das auf sich nimmt, da macht es dann einfach Spaß“, so Elvine Schöffler. Dass man auch in der Küche Spaß hatte, merkte man nicht nur an einer gut gelaunten Kochgruppe, sondern auch an den Aussagen zum Essen. „Das war, wie ich glaube, das beste Essen, das ich je hier gegessen habe“, so Julia Polling.

Nach dem Abendessen fand ein Vortrag von Patrick Polling statt, der die DBJT mit ihren Aufgabenbereichen vorstellte und Zukunftsideen einbrachte. Mit den Worten: „Stellt euch vor, die Landsmannschaft ist das große Haus, in dem wir als DBJT wohnen“, griff Polling auf die Rede des Bundesvorsitzenden Peter-Dietmar Leber bei der diesjährigen HOG-Tagung zurück und versuchte dieses Bild auch den Jugendlichen zu vermitteln. Stefan Ihas, Präsident des Weltdachverbandes der Donauschwaben, stellte daraufhin diese Organisation vor und zeigte unter anderem Möglichkeiten auf, mit den auf der ganzen Welt verstreuten Donauschwaben in Kontakt zu treten. „Die Vorträge kamen bei den Jugendlichen gut an und scheinen auf steigendes Interesse zu stoßen“, so die Meinung von Patrick Stanek, DBJT- Vorstandsmitglied und Vorsitzender des Kreisverbandes Würzburg.

Den restlichen Abend verbrachten die Jugendlichen gemeinsam bei Musik und Tanz. Die Anlage hatte Robert Abendschein mitgebracht und für die Dauer des Seminars zur Verfügung gestellt. Es wurde sehr spät an diesem Abend und trotz des am nächsten Tag anstehenden straffen Programms war der Schlaf nur noch Nebensache.

Samstagfrüh um 7.30 Uhr sollte es aus den Federn gehen. Der traditionelle Weckruf über die Lautsprecheranlage erklang zwar pünktlich, doch ein paar Jugendliche hatten kurz davor eine andere Art Weckruf abgesetzt: Mit Topfdeckeln und Kochlöffeln sorgten sie für mächtig Krach. „Wenn das Wochenende so schnell vorbei ist, muss man die Nacht eben auch noch nutzen. Und am frühen Morgen kommt man halt auf komische Gedanken“, so die Erklärung von Sebastian Schöps, einer der trommelnden Unruhestifter. Natürlich wurde das alles mit Humor genommen.

Nach einem leckeren Frühstück begannen pünktlich um 9 Uhr die Workshops. In der ersten Einheit konnten die Teilnehmer aus drei Möglichkeiten auswählen: „Fit in den Tag“, „Volkstanzbasics“ oder „Mundart in Aktion“.

Wer mit traditioneller Musik und dem Erlernen der Walzer- und Polkaschritte in den Tag starten wollte, war in dem vom stellvertretenden Bundesvorsitzenden der Landsmannschaft Harald Schlapansky geleiteten Kurs „Volkstanzbasics“ genau richtig. Hier erlernten sowohl Anfänger als auch Fortgeschrittenere nicht nur die Grundschritte der typisch banatschwäbischen Tänze, sondern auch den Tanz „Rediwa“, der als Mix aus Walzer- und Polkateilen ideal erschien.

Noch fitter in den Tag starten konnte man im Kurs von Julia Polling, die den meist unausgeschlafenen Jugendlichen ein straffes Programm aus Meditation, Krafttraining und Zumba anbot. Die Anstrengung lag hier schon in der Luft, wenn man nur den Raum betrat, und trotzdem hatten die Teilnehmer ihren Gefallen daran. Es bestehe Wiederholungs-bedarf, so die einhellige Meinung.

Wer noch nicht ganz wach war und sich am frühen Morgen erst einmal bei einer Tasse Kaffee unterhalten wollte, der war im Kurs „Mundart in Aktion“ goldrichtig. Hier wurde mit Patrick Stanek und Ramona Sobotta einfach mal „schwowisch gered“. Die Teilnehmer sollten sich zunächst auf Schwowisch vorstellen und bekamen dann verschiedene typisch schwowische Begriffe zugeteilt, die sie in der Runde zu erklären versuchen sollten. Wenn man mit dem Schwowischen nicht so vertraut ist, dann ist es gar nicht so einfach herauszufinden, was „Umorke“ oder „Paradeis“ sind und was „Riwissle“ und „Gatchjer“ bedeutet. Die mundartliche Entdeckungsreise gestaltete sich spannend, zumal jede Ortsmundart ihre Besonderheiten hat. So erzählte ein erwachsener Teilnehmer: „Ich han in meim Lewe noch net kehrt, dass mer Amber saat un net Emer“. Der Kurs hat gezeigt, wie wichtig die Pflege des Dialekts ist und wie nötig solche Angebote sind, um unser Schwowisch nicht in Vergessenheit geraten zu lassen.

In der zweiten Einheit konnten die Teilnehmer einen Flashmob erlernen oder sich im Haareflechten üben. Der Flashmob zur Musik von Andreas Gabalier („Hulapalu“) wurde unter Anleitung von Stefanie Timmler einstudiert. Die DBJT will ihn bei den Heimattagen 2020 in Ulm in der Fußgängerzone präsentieren. Choreografie und Tanzbeschreibung können beim DBJT-Vorstand und bei den Gruppenleitern angefordert werden und auch im Internet, auf Facebook oder Instagram, wird der Tanz zu finden sein.

In dem von Ramona Kiefer und Claudia Fiedler geleiteten Kurs „Haareflechten“ konnten sich nicht nur die Mädchen, sondern auch die Jungs einmal daran versuchen, einen französischen Zopf oder verschiedene Flechtmuster hinzubekommen. Viel Spaß hatten die Teilnehmer daran, denn wann darf man schon mal als Junge an die Haare der Tanzpartnerin?!

Im Anschluss daran verköstigte die Kochgruppe die Hungrigen mit Schinkennudeln und Kompott. Während des Mittagessens bedankte sich Patrick Polling bei der Landmannschaft der Banater Schwaben und dem Bayerischen Sozialministerium (über das Haus des Deutschen Ostens) für die Förderung des Seminars. Auch bei Stefan Ihas, der sich wegen eines weiteren Termins verabschieden musste. „Es ist einfach schön, so viel Jugend hier zu sehen. Wenn die Flamme am Brennen gehalten wird, erlischt das Feuer nicht“, lautete das Fazit von Stefan Ihas. Vorgestellt wurden sodann erste Prototypen eines neuen T-Shirts der DBJT, einer DBJT-Sweatjacke und einer DBJT-Mütze. Daran wird weiter gearbeitet, die „Kollektion“ soll nächstes Jahr präsentiert werden.

Nach dem stärkenden Mittagessen ging es weiter mit den Kursen. Neu im Programm war der Kurs „DBJT-Gemeinschaftstänze“. Die beiden DBJT-Vorstandsmitglieder Andrea Kielburg und Lukas Krispin machten die Anfänger mit den gemeinsamen Tänzen der DBJT vertraut und boten den Fortgeschrittenen die Möglichkeit, diese zu festigen. So können weitere Jugendliche beim Heimattag in Ulm an der Vorführung der Gemeinschaftstänze teilnehmen. Aufgrund der guten Resonanz im vergangenen Jahr wurde der Workshop „Banater Kartenspiele“ erneut angeboten. Heinz Franzen, Vorsitzender des Kreisverbandes Tuttlingen-Rottweil-Schwarzwald-Baar, sowie Horst Neidenbach übernahmen das Kommando und führten vor, wie man mit Fuchs und Lentschi den Durchmarsch macht. Vielen bereitete das Fuchsen so viel Spaß, dass auch der Abend dafür herhalten musste.

In der Pause am Nachmittag konnten sich die Teilnehmer an den mitgebrachten Kuchen und sonstigen Leckereien laben und anschließend ein wenig Luft schnappen, wonach es mit den letzten zwei Kursen an diesem Tag weiterging. Zum einen konnten die Kochbegeisterten zusammen mit Elvine Schöffler von der Kochgruppe lernen, wie man „Faschierte“ macht. Es wurde fleißig geknetet und geformt, das schmackhafte Ergebnis gab es später zum Abendessen. Zum anderen konnten die Tanzfreudigen ihre Fertigkeiten im Workshop „Standardtänze“ trainieren. Julia und Patrick Polling zeigten verschiedenste Figuren des Discofox, der Rumba, des Tangos oder Quickstepps, sodass auf dem nächsten Jugendball das Tanzbein umso flotter geschwungen werden kann.

Parallel zu den Workshops trafen sich Mitglieder der Arbeitsgruppe Tracht unter der Leitung von Elwine Muth ebenfalls in Bad Wurzach, um verschiedene Trachten zu fotografieren und zu beschreiben, um so für die Zukunft festzuhalten, was die Trachten ausmacht und wie sie getragen werden. Für die Jugendlichen ist dies sehr wichtig, denn nur so kann Trachten- und Brauchtumspflege weiterhin betrieben werden. In einem Kurs zeigte Elwine Muth den interessierten Jugendlichen, wie die Röcke gestärkt wurden. Dabei durften alle einmal Hand anlegen und sich selbst daran versuchen.

Die DBJT-Band probte den ganzen Tag über im Musikraum des Hauses und überraschte kurz vor dem Abendessen mit einem kleinen Konzert, bei dem neben dem musikalischen Leiter Andreas Zornek vor
allem Johannes Krispin, Melanie Furak, Nadine Bachl und Hannah Frombach ihr Können unter Beweis stellten.

Kurz vor dem Abendessen trafen auch die Mitglieder der Kapelle „Original Banater Echo“ unter der Leitung von Manfred Ehmann im Wieshof ein und ließen sich zusammen mit allen anderen die „Faschierte mit Paradeisgrumbire“ sowie den Scheiterhaufen mit Vanillesoße schmecken.
Direkt im Anschluss begann die Kapelle mit der musikalischen Abendgestaltung. Zu Banater Blasmusik konnte nun das Tanzbein geschwungen werden. Viele waren erschöpft vom langen Tag, hatten schwere Beine oder wollten nur Karten spielen, doch als dann um 22 Uhr zu den Gemeinschaftstänzen aufgerufen wurde, platzte der Raum aus allen Nähten. Fast 60 Paare mit Kapelle in einem knapp 60 Quadratmeter großen Raum tanzten zu „Veilchenblaue Augen“, „Donauschwabenwalzer“, „Mein Banater Land“ und „Kathiländler“. „Da kann man sich die Heizung dann auch sparen“, so Andrea Kielburg, nach der Tanzvorführung. Weiter ging es mit traditioneller Blasmusik und einer vollen Tanzfläche bis spät in die Nacht.

Am nächsten Morgen trafen sich alle nach einem guten, stärkenden Frühstück im Gemeinschaftsraum. Patrick Polling bedankte sich bei allen Teilnehmern und Referenten für das gelungene Seminar. Dann wurde das Erlernte vorgeführt und zum Schluss gab es viel Beifall für die Referenten und die Kochgruppe. Das gemeinsame Wochenende wurde mit dem Lied „Wahre Freundschaft“ beschlossen.
Ein anstrengendes, aber schönes Wochenende im Allgäu ging zu Ende und die Teilnehmer machten sich auf den Heimweg. Eines war jedoch den meisten klar: „Nechschtes Johr sin ich widder do“.