Der Landesverband Bayern des Bundes der Vertriebenen (BdV) feierte am 8. November sein 60-jähriges Bestehen. Zum Festakt im Max-Joseph-Saal der Münchner Residenz fanden sich rund 280 Gäste ein. Dr. Gotthard Schneider, BdV-Landesvorstandsmitglied und Präsident der Schlesischen Landesvertretung, begrüßte mit herzlichen Worten den Ministerpräsidenten des Freistaates Bayern Dr. Markus Söder, die bayerische Sozialministerin Kerstin Schreyer MdL, den Staatssekretär im Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat Stephan Mayer MdB, den Beauftragten der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten und BdV-Präsidenten Dr. Bernd Fabritius, die Beauftragte der Bayerischen Staatsregierung für Aussiedler und Vertriebene Sylvia Stierstorfer MdL sowie die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde für München und Oberbayern Dr. Charlotte Knobloch. Gekommen waren auch neben Vertretern aller Landtagsfraktionen die Generalkonsuln von Polen, Rumänien, Russland, Tschechien und Ungarn sowie Vertreter aller Landsmannschaften.
Seitens der Landsmannschaft der Banater Schwaben nahmen der Bundes- und Landesvorsitzende Peter-Dietmar Leber, die stellvertretenden Landesvorsitzenden Bernhard Fackelmann und Georg Ledig, Landesvorstandsmitglied Harald Schlapansky sowie weitere Funktionsträger an dem Festakt teil.
Einst die Ewiggestrigen, jetzt die Ewigmorgigen BdV-Landesvorsitzender Christian Knauer erinnerte an die Entstehung des BdV in Bayern durch den Zusammenschluss der verschiedenen landsmannschaftlichen Gruppierungen, mit dem Ziel, den gemeinsamen Anliegen der Heimatvertriebenen eine „kraftvolle Stimme“ zu geben. Sozial- und heimatpolitische Themen, später vor allem Fragen der Aussiedler- und Spätaussiedleraufnahme und des Minderheitenschutzes hätten die Tätigkeit des BdV über die Jahrzehnte geprägt. Gleichzeitig habe der BdV den Landsmannschaften und ihren Mitgliedern immer auch eine kulturelle Heimat geboten, in der Herkunft und Tradition gelebt werden konnten.
Auch im Sinne eines geeinten und friedlichen Europa sei das Wirken des BdV wertvoll und zukunftsorientiert, betonte Knauer. Der BdV setze sich aktiv gegen Antisemitismus ein, sei gegen Ausgrenzung und Fremdenhass, da allein das gemeinsame Ziel, die Einheit Europas, die Voraussetzungen für Frieden schaffen könne. Lange Zeit seien die Vertriebenen in den Augen vieler die Ewiggestrigen gewesen. „Heute wird uns das Kompliment gemacht, wir sind die Ewigmorgigen. Auch aufgrund unserer jetzigen Aktivitäten. Aufgrund der Migrationsberatung, aufgrund des Eintretens für eine Ächtung der Vertreibung weltweit“, so Knauer. Er forderte eine gemeinsame Initiative der Europäischen Union, um Vertreibungen sanktionsfähig zu machen. Wer Vertreibungen als Mittel der Politik einsetze, solle sich für sein Handeln vor internationalen Strafgerichtshöfen verantworten müssen. „Damals, nach dem Zweiten Weltkrieg waren 15 Millionen Menschen von Flucht und Vertreibung betroffen, heute sind es über 70 Millionen. Und wenn die internationale Völkergemeinschaft nicht endlich klare Grenzen setzt, dann wird dieses Unheil weitergehen.“ So werde sich der Bund der Vertriebenen auch weiterhin für die Rechte von Vertriebenen, Flüchtlingen und Minderheiten einsetzen, versicherte Knauer.
Dem Freistaat Bayern bescheinigte er eine „vorbildliche Vertriebenen-politik“. Für den BdV seien in den vergangenen sechs Jahrzehnten der Bayerische Landtag und die Staats-regierungen stets „verlässliche Partner“ gewesen. „Im Gegensatz zu vielen anderen Bundesländern wurde in Bayern die Förderung der Vertriebeneneinrichtungen im Sinne des Paragraphen 96 des Bundesvertriebenengesetzes nicht gekürzt, sondern stetig ausgebaut. Gleichzeitig erfuhr der BdV kontinuierlich nachhaltige politische Unterstützung auch bei der Umsetzung seiner Vorschläge auf Bundesebene, etwa bei der Umsetzung der Forderung nach Einführungen eines nationalen Gedenktages für die Opfer von Flucht und Vertreibung oder der symbolischen Entschädigung für das erlittene Sonderopfer der deutschen Zwangsarbeiter“, sagte Knauer. Weiter hoffe sein Verband, dass eine Initiative Bayerns im Bund Erfolg haben werde, um die Ungerechtigkeiten bei den Rentenberechnungen für die Spätaussiedler schnellstmöglich zu beseitigen.
Lob für die Arbeit des BdV seit 60 Jahren
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder nannte in seiner Festrede die BdV-Feier „ein Familienfest“. Die Vertreter der 18 Landmannschaften und ihres Dachverbandes strahlten stets Lebensfreude und Optimismus aus, so Söder. Der Bund der Vertriebenen sei seit 60 Jahren ihre kulturelle Heimat, er sei das Sprachrohr der Vertriebenen und Spätaussiedler in Bayern auf Landes- und Bundesebene, helfe und unterstütze seine rund 80000 Mitglieder und setze sich ein für das Recht auf Heimat, für Minderheitenschutz und Meinungsvielfalt ein.
Söder lobte die hervorragende Arbeit des BdV in Bayern seit 60 Jahren: „Das sind die eigentlichen Brückenbauer für Europa. Man muss sich das mal vorstellen: Vertrieben vom eigenen Grund, aus der Heimat vertrieben unter Gewaltandrohung, Opfer des Zweiten Weltkrieges gewesen. Aber nicht auf Revanche, nicht auf Vergeltung aus, sondern auf Brückenbauen. Sie sind immer noch die heimlichen Diplomaten, um gerade in Südosteuropa Patenschaften zu knüpfen. Insofern ist dies nicht nur ein Rückblick, sondern auch ein Blick in die Zukunft.“
Ohne die vielen Vertriebenen und Aussiedler wäre Bayern nicht so stark geworden wie es jetzt sei, sagte Söder. Deshalb unterstütze der Freistaat die Arbeit des BdV nachhaltig, aktuell mit 230000 Euro jährlich.
BdV-Präsident Dr. Bernd Fabritius, zugleich Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, überbrachte die besten Wünsche der Bundeskanzlerin Angela Merkel und des Bundesministers des Innern, für Bau und Heimat Horst Seehofer und würdigte die besondere Stellung des Landesverbandes Bayern des Bundes der Vertriebenen sowie dessen unermüdliches Engagement in der Verständigungs-, Erinnerungs- und Kulturpolitik sowie im Bereich der Integration.
Dem Freistaat Bayern sprach der Bundesbeauftragte einen besonderen Dank aus für die Aufnahme vieler Vertriebener, Aussiedler und Spätaussiedler. „Heute wissen wir, dass die wirtschaftliche Eingliederung und die gesellschaftliche Beheimatung dieser heimatlos gewordenen Menschen ein Erfolg waren. Das war sowohl der inneren Einstellung der Heimatvertriebenen als auch der Hilfsbereitschaft und Solidarität des aufnehmenden Landes Bayern geschuldet.“ Auch heute habe die bayerische Staatsregierung stets ein offenes Ohr für die Anliegen der Heimatvertriebenen, Aussiedler und Spätaussiedler.
Dem Begriff „Heimat“ sprach Fabritius einen besonderen und berechtigten Platz im öffentlichen
Bewusstsein und in den Lehrplänen zu, da in der Heimatliebe Werte wie Kultur und Brauchtum verwurzelt seien. Das Verständnis dafür habe auch zur gegenseitigen Wertschätzung von Einheimischen und Vertriebenen geführt, einem unumstößlichen Fundament der bayerischen Staatspolitik.
Verleihung des BdV-Kulturpreises 2019
Der BdV-Präsident würdigte die engagierte Verbandsführung durch Christian Knauer, sein nunmehr 30-jähriges Wirken für Heimatvertriebene und Aussiedler, seine „hervorragenden Verdienste um die Zusammenarbeit der europäischen Völker“ und überreichte dem bayerischen BdV-Landesvorsitzenden die Wenzel-Jaksch-Medaille, die höchste Auszeichnung für BdV-Funktionsträger. Dabei bot der Laudator einen Einblick in Knauers von vielen wichtigen Funktionen und Ehrenämtern geprägten Lebenslauf und hob seine Verdienste um die parteipolitische und gesellschaftliche Öffnung des Verbandes hervor, seinen Beitrag zur Entkrampfung der Beziehungen zu den Ländern Ost- und Südosteuropas wie auch seinen „außerordentlichen Einsatz im Geiste von Freiheit und Recht“. Christian Knauer ist seit 1999 Landesvorsitzender des BdV in Bayern, zuvor war er zehn Jahre BdV-Bezirksvorsitzender in Schwaben. 2006 wurde er zum Vizepräsidenten des Bundes der Vertriebenen gewählt.
Ein weiterer Höhepunkt des Festaktes war die Verleihung des Kulturpreises 2019 und der zwei Ehrengaben, gestiftet vom BdV Bayern und den in ihm zusammengeschlossenen Landsmannschaften, gefördert durch das Bayerische Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales. Die Böhmerwälder Sing- und Tanzgruppe München erhielt den mit 2000 Euro dotierten BdV-Kulturpreis. Mit der Ehrengabe des BdV-Kulturpreises wurden Bernhard Fackelmann und die Original Siebenbürger Blasmusik München ausgezeichnet, die kürzlich ihr 70-jähriges Bestehen feierte.