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„Die Welt ist voller Lieder“. 22. Bundestreffen der Banater Chöre

Der „Mondschein“-Chor der Deutschen Nationalitätenselbstverwaltung aus Szekszárd (Ungarn) nahm als Gastchor am Bundestreffen der Banater Chöre in Gersthofen teil.

Staatssekretär a.D. Johannes Hintersberger MdL (rechts) und Bundesvorsitzender Peter-Dietmar Leber mit den Chorleiterinnen Martha Molnár und Aniko Oster und der Augsburger Kreisvorsitzenden Dr. Hella Gerber.

Zum Schluss gabe es Blumen für die Chorleiter, Solisten und die Moderatorin. Fotos: Nikolaus Dornstauder

„Unser klingendes Erbe“ lautet der Titel einer vierbändigen Dokumentation des Musikforschers Robert Rohr (1922-2008) zur Musikkultur der Donauschwaben. Wesentlicher Bestandteil dieser reichen Musikkultur ist der Chorgesang, der im Banat – wie in den anderen donauschwäbischen Siedlungsgebieten – auf eine lange Tradition zurückblicken kann. Bis heute wird die Tradition des Banater Chorgesangs von den hier in Deutschland wirkenden Chören und Singgruppen gepflegt. Sangesfreudige Frauen und Männer tragen unter der Leitung beherzter Chorleiterinnen und -leiter dadurch Sorge, dass das „singende, klingende Erbe“ unserer Gemeinschaft lebendig bleibt. Das jährliche Bundestreffen der Banater Chöre ist ein beredter Ausdruck dafür, dass die Gesangstradition lebt, dass es unserer Landsmannschaft als Veranstalter ein Anliegen ist, den Chorgesang zu fördern und die Tradition zu erhalten.

Mit den Chortreffen wurde bereits 1997 eine Veranstaltungsreihe ins Leben gerufen, die bis heute fortgesetzt wird und in diesem Jahr ihre 22. Auflage erlebte. Nach den ersten Bundestreffen der Banater Chöre und Singgruppen in Frankenthal, Karlsruhe, Bühl, Gersthofen und Homburg/Saar hat sich ab 2003 Gersthofen in der Nähe von Augsburg als Austragungsort etabliert. In der dortigen Stadthalle trafen sich am 6. Oktober sieben Chöre und Singgruppen, die den zahlreich erschienenen Freunden des Gemeinschaftsgesangs einen gelungenen Konzertnachmittag boten. Mitgewirkt haben diesmal auch zwei Gastchöre: neben dem Augsburger Chor „Heimatmelodie“ der Deutschen aus Russland der Deutsche Nationalitätenchor „Mondschein“ aus Szekszárd im ungarischen Komitat Tolna.

Nach der Banater Hymne hieß Bundesvorsitzender Peter-Dietmar Leber die Chöre von nah und fern, die Besucher des Konzertnachmittags und die Ehrengäste willkommen. Mit den Worten „Sie kennen die Banater Schwaben, Sie lernten vor einigen Jahren auch das Banat kennen“ begrüßte er Staatssekretär a.D. Johannes Hintersberger, Mitglied des Bayerischen Landtags (CSU). Einen herzlichen Willkommensgruß richtete er an die Grünen-Politikerin Annemarie Probst, Banater Schwäbin mit Mandaten im Kreistag Augsburg-Land und im Bezirkstag Schwaben, den Vertreter der Stadt Augsburg Juri Heiser, CSU-Stadtrat und Vorsitzender des Augsburger Kreisverbandes des Bundes der Vertriebenen (BdV), und den stellvertretenden Landesvorsitzenden des BdV Bayern Friedrich Wilhelm Böld mit Gattin Pia Lingner-Böld. Leber begrüßte sodann seine Kollegen aus dem Bundesvorstand, den stellvertretenden Bundesvorsitzenden Harald Schlapansky sowie die Beisitzer Werner Gilde und Walter Keller, die anwesenden Vorsitzenden der landsmannschaftlichen Gliederungen, namentlich die Vorsitzende des Kreisverbandes Augsburg Dr. Hella Gerber, die wieder durch das Programm führte.
Der Bundesvorsitzende dankte der Kulturreferentin für den Donauraum am Donauschwäbischen Zentralmuseum Ulm Dr. Swantje Volkmann für die Förderung der Veranstaltung sowie allen, die an der Organisation des Chortreffens beteiligt waren: den Mitarbeitern der Bundesgeschäftsstelle und den Helfern aus den Reihen der HOG Glogowatz um Franz Schlechter.

Der Landtagsabgeordnete Johannes Hintersberger drückte in einfühlsamen Worten seine besondere Verbundenheit mit jenen Menschen aus, die gerne und in Chören singen. Dies führe die Menschen zusammen, setze positive Energie frei, trage zum Zusammenhalt der Gesellschaft bei. Kritisch bemerkte er, dass heute in den Schulen kaum noch deutsche Volkslieder gesungen werden. Vor einigen Jahren habe er mit den Bundesvorsitzenden der Landsmannschaften das Banat und Siebenbürgen besucht, erinnerte Hintersberger, und sei von dem, was er über die Geschichte und Kultur der Deutschen in dieser Region erfahren hatte, tief beeindruckt gewesen. Er lobte das Wirken unserer Landsmannschaft, dass sie eine Brücke ins Banat aufrechterhalte, und begrüßte es, dass sich die Banater Schwaben in Augsburg so engagiert in das gesellschaftliche Leben der Stadt einbringen würden.

Als erstes betrat der Banater Chor aus Stuttgart die Bühne. Der seit Januar 2017 unter der Leitung des Kreisvorsitzenden Wilhelm Hack stehenden Chor bereichert seit 33 Jahren das kulturelle Wirken der Landsmannschaft auf Kreis-, Landes- und Bundesebene und ist auch bei den Banater Chortreffen regelmäßig präsent. „Heute ist es die 19. Teilnahme“, verkündete die Moderatorin. Der Stuttgarter Chor eröffnete seinen Auftritt mit dem „Gefangenenchor“ – auch als „Freiheitschor“ bekannt – aus Giuseppe Verdis Oper „Nabucco“, der als berühmtester aller Verdi-Chöre gilt. Dreistimmig sang er die deutsche Fassung „Flieg, Gedanke, getragen von Sehnsucht“. Auf das populäre Liebeslied „Wenn ich ein Vöglein wär“, eine Volksweise, folgte der Popsong „Butterfly“, der Anfang der 1970er Jahre ein weltweiter Hit war. Der Chor verabschiedete sich mit dem Lied „Die Rosen in Mutters Garten“, einer Komposition des Chorleiters, die – wie viele seiner Lieder – der Banater Heimat gewidmet ist.

Einen Dirigentenwechsel gab es auch beim Banater Seniorenchor Augsburg. Im Oktober vergangenen Jahres trat Aniko Oster, die aus einer deutschstämmigen Familie im Komitat Braunau kommt und seit 1994 in Deutschland lebt, die Nachfolge von Werner Zippel an. Diese hatte den Chor seit 1996 geleitet. Der Seniorenchor – das Durchschnittsalter der Sängerinnen und Sänger liegt bei etwa 79 Jahren, wobei auch zwei über Neunzigjährige zu seinen Mitgliedern zählen – tritt bei Veranstaltungen des Kreisverbandes Augsburg auf, ist aber auch darüber hinaus immer wieder zu hören, so zum Beispiel vor kurzem beim Tag der Heimat des BdV Augsburg. Obwohl er nur insgesamt sieben Mal am Chortreffen teilgenommen hat, gehört er in den letzten Jahren zu den Stammgästen dieses Sängerfestes. Seinen diesjährigen Beitrag stellte der Seniorenchor unter das Motto „Rosmarein, die Blume der Treue“ und erfreute das Publikum mit einer bunten Folge von Volks- und Heimatliedern: die Marschpolka „Es war einmal zur schönen Maienzeit“, das Volkslied „Ein Sträußlein Rosmarin“ sowie die Wanderlieder „Mädel, draußen ist es schön“ und „Morgen will mein Schatz verreisen“.

Der Deutsche Nationalitätenchor „Mondschein“ aus Szekszárd, der den nächsten Programmpunkt bestritt, feierte voriges Jahr sein 40-jähriges Jubiläum. Bis heute ist der Chor seinen ursprünglichen Zielen – die Bewahrung der deutschen Traditionen, die Pflege des alten Volksliedgutes und die Weitergabe dieses Kulturerbes an die jüngere Generation – treu geblieben, was sich unter anderem auch darin widerspiegelt, dass seine Mitglieder bei Auftritten alte Volkstrachten tragen. Der Chor hat zwei Tonträger herausgebracht, nimmt regelmäßig an Veranstaltungen der Ungarndeutschen und an Festen der Stadt Szekszárd teil und wurde mehrfach ausgezeichnet, darunter auch mit dem Großpreis Goldener Pfau, die höchste Qualifikationsstufe, die in Ungarn ein Chor in der Kategorie Volksmusik erreichen kann. Unter der Leitung von Martha Molnár und an der Ziehharmonika von Anton Keller begleitet überbrachte der „Mondschein“-Chor einen Strauß alter ungarndeutscher Volkslieder: „Ach Heimat, ach Heimat, du bist so wunderschön“, „Jetzt geh ich in den grünen Wald“, „Am Rhein“, „Der Falkenstein hat drei Töchterlein“, „Wenn morgens früh die Sonn’ aufgeht“.

Zwischen dem „Mondschein“-Chor und dem Chor der Donaudeutschen Landsmannschaft Frankenthal unter der Leitung von Katharina Eicher-Müller, der als nächstes die Bühne betrat, bestehen seit vielen Jahren enge Beziehungen, bedingt durch die Tatsache, dass Katharina Eicher-Müller ihre Chorleitertätigkeit 1979 in Szekszárd begonnen und den dortigen neu gegründeten deutschen Chor bis 1988 geleitete hatte. Dr. Hella Gerber, die Moderatorin des Konzerts, versäumte es nicht, auf ein doppeltes Jubiläum hinzuweisen: zum einen das 25-jährige Bestehen des Frankenthaler Chors und zum anderen das 40-jährige Chorleiterjubiläum seiner Dirigentin Katharina Eicher-Müller. Der Chor der Donaudeutschen Landsmannschaft Frankenthal beteiligt sich rege am Verbandsleben – unter anderem singt er alljährlich zur Eröffnung unserer Verbandstagung in Frankenthal – und hat bisher nur viermal am Bundestreffen der Banater Chöre nicht teilgenommen.

Vor der Darbietung des Frankenthaler Chors sangen dessen Solistinnen Maria Muhl und Elisabeth Gaug das Lied „Wo die Alpenrosen blüh’n“. Johann Becker begleitete sie wie auch den anschließenden Auftritt des Chors an der Ziehharmonika. Aus Anlass seines Jubiläums präsentierte der Chor Lieder aus seinem reichhaltigen Repertoire, die jeweils für Bereiche stehen, die er in den 25 Jahren seines Bestehens thematisch abgedeckt hat: „Abendfrieden“ (mehrstimmiges Chorlied), „Heimatsehnen“ von Robert Player (Heimatlied), „Rot blüht der Mohn“ (Lieder über Pflanzen und Blumen), „Schöne Stunden“ (Lieder über Sehnsucht und Gemütlichkeit), „Mit Musik“ (Lieder über die Musik).

Nach der Pause verzeichnete das Banater Chortreffen mit dem erstmaligen Auftritt des Kleinen Chors der Banater Schwaben Karlsruhe eine Premiere. Die sechs Sängerinnen und Sänger gehören zugleich dem Karlsruher „großen“ Chor an, der – wie der „kleine“ Chor – von Sonja Salman geleitet und am Klavier begleitet wird. Zunächst brachte der Chor das Lied „Heut’ ist der schönste Tag in meinem Leben“ aus dem gleichnamigen österreichischen Film von 1936 zu Gehör, in dem der Tenor Joseph Schmidt, ein Bukowinadeutscher, die Hauptrolle spielte. Die Sopranistinnen Melitta Giel und Irmgard Holzinger-Fröhr erfreuten danach das Publikum mit dem Titel „Schöne Nacht, du Liebesnacht“, dem wohl bekanntesten Duett aus Jacques Offenbachs Oper „Hoffmanns Erzählungen“. Die darauffolgenden Lieder „Möwe, du fliegst in die Heimat“ von Gerhard Winkler und „Heimat ist…“ von Walter Geiger wurden von den Solisten Melitta und Dietmar Giel vorgetragen. Zum Abschluss präsentierte der Kleine Chor die Ballade „Mich stört kein Regen und kein Wind“, geschrieben im Jahr 1969 von Hal David und Burt Bacharach für den Film „Zwei Banditen“. Der Titel gewann den
Oscar in der Kategorie Bester Song. Dazu präsentierten die „Banater Schwabenkinder“ eine von Dagmar Österreicher choreografierte tänzerische Einlage.

Zum ersten Mal als Gastchor dabei war der Chor „Heimatmelodie“ aus Augsburg unter der Leitung von Alena Heiser. Die 1986 gegründete Singgemeinschaft zählt bundesweit zu den besten russlanddeutschen Chören und wurde vielfach ausgezeichnet, zuletzt 2017 mit dem Kulturpreis des BdV Bayern. Seit 21 Jahren wird der Chor von Alena Heiser dirigiert. Musikalisch begleitet wurden die 29 Sängerinnen und Sänger am Klavier beziehungsweise am Akkordeon von Anna Hosmann, Alexander Fertig und Waldemar Ksenzov. Der Chor trug zwei Lieder („Heimatgefühl“ und „Schließ mich in dein Herz“) vor und beendete sein Programm mit einem Potpourri an Liedern der Heimatvertriebenen in der Bearbeitung von Alena Heiser und Alexander Fertig. Die solistischen Parts übernahmen Anna Hosmann und Tatjana Zier.

Den Konzertnachmittag beschloss der Chor der Banater Schwaben Karlsruhe, der seit Anfang 2017 von der Pianistin Sonja Salman geleitet wird. Der Chor, der im vergangenen Jahr sein 35-jähriges Jubiläum feierte, gehört zu den mitgliedstärksten Banater Chören. Seine Vielseitigkeit und sein breit gefächertes Repertoire ermöglicht es ihm, bei verschiedensten Anlässen aufzutreten und diverse Musikgeschmäcker zu bedienen. Mit dem Titel „Die Welt ist voller Lieder“ eröffnete der Karlsruher Chor seine Darbietung, um dann das Publikum mit dem Lied „Glocken der Heimat“ zu verzaubern. Es folgte der weltbekannte „Walzer Nr. 2“ von Dmitri Schostakowitsch mit einem deutschen Text von Michael Kunze unter dem Titel „Sonntags im Park“. Ein furioser Abschluss gelang dem Chor mit den „Wiener Spezialitäten“ (Text und Bearbeitung: Otto Groll), einer Folge von beliebten Wiener Melodien“, wie der Marsch „Wien bleibt Wien“ von Johann Schrammel, das Lied „Wie mein Ahnl zwanzig war“ aus Carl Zellers Operette „Der Vogelhändler“, das „Fiakerlied“ von Gustav Pick, der „Radetzky-Marsch“ von Johann Strauß und die Arie „Ja das alles auf Ehr“ aus der Oper „Der Zigeunerbaron“ von Johann Strauß. Die Jugendlichen der Tanzgruppe „Banater Schwabenkinder“ präsentierten zu dem Potpourri tänzerische Einlagen, choreografiert von Dagmar Österreicher.

Das abwechslungsreiche Konzert der Banater Chöre und der beiden Gastchöre bescherte dem Publikum einen unterhaltsamen Nachmittag. Die einzelnen Darbietungen quittierte es mit viel Applaus.