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Deportation und Restitution im Fokus der Vorträge in Stuttgart

Der Brauchtumsnachmittag des Kreisverbandes Stuttgart hat einen festen Platz im kulturellen Leben der Stuttgarter Banater Schwaben. Am 2. März lud der neue Kreisvorsitzende Franz Demele zum ersten Mal zum gemütlichen Beisammensein ein. Der Chor unter der Leitung von Hildegard Mojem sang mehrere Lieder, dazu kamen Rezitationen in schwäbischer Mundart und zwei Vorträge von Mitgliedern des Kreisverbandes.

Der Vortrag von Franz Demele bezog sich auf das Thema Restitution von während der kommunistischen Zeit enteignetem Vermögen und Entschädigung für ehemalige Russland- und Baragan-Deportierte und Opfer sonstiger politischer Verfolgung. Zu letzterem Aspekt erläuterte er die Bestimmungen des Dekret-Gesetzes 118/ 1990, das die Gewährung einer Entschädigung vom Besitz der rumänischen Staatsangehörigkeit und bis 1998 auch vom ständigen Wohnsitz in Rumänien abhängig machte. Durch das Gesetz 211/2013 sind auch jene  im Ausland lebenden ehemaligen Deportierten antragsberechtigt, die die rumänische Staatsangehörigkeit nicht mehr besitzen. Der Referent
erklärte, welche Schritte zu unternehmen sind, welche Unterlagen gefordert werden und welche Behörden über die Anträge entscheiden bzw. die monatlichen Zahlungen veranlassen.

Den größten Teil des Vortrags nahmen die Erklärungen zu den gesetzlichen Bestimmungen hinsichtlich der Restitution von Vermögen ein: Das  Gesetz 165/2013 behält viele Bestimmungen der bisherigen Restitutionsgesetze bei, ändert aber auch einige wesentliche Bestimmungen ab. Es sieht keine neue Frist für Antragstellungen vor und betrifft nur Anträge, die für Immobilien bis 14. Februar 2002 und für landwirtschaftliche Flächen bis 30. November 2005 gestellt wurden. Das Gesetz regelt die Restitution „in natura“ bzw. die Kompensation durch Gewährung von Ersatzflächen, Teilnahme an Versteigerungen oder Entschädigungszahlungen für beide Kategorien von Anträgen. Es gilt sowohl für noch nicht beschiedene Anträge als auch für laufende Gerichtsverfahren vor den nationalen Instanzen und dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Sachkundig wurden anschließend die Fragen der Teilnehmer beantwortet.

Den letzten Teil des Nachmittags füllte Anton Schenk, der über die Russlanddeportation eine ergreifende Schilderung brachte, lebendig gehalten durch eigene Erlebnisse. Als Sechzehnjähriger wurde er im Januar 1945 zusammen mit seinem Vater und weiteren über 800 Landsleuten aus Hatzfeld zur Zwangsarbeit verschleppt. Schenk beschrieb die unmenschlichen Lebens- und Arbeitsbedingungen im Lager Dnepropetrovsk: harte Sklavenarbeit, quälender Hunger, mangelnde Hygiene, Krankheiten. Der Tod war allgegenwärtig, und so erhielt das Lager den tristen Beinamen „Krepierlager“. Von den über 800 verschleppten Hatzfeldern sind dort 120 gestorben. Heute gäbe es nur noch wenige Zeitzeugen der Russlandverschleppung. Die damals Jüngsten seien heute über 86 Jahre alt. Über diese Zeit sollte man auch heute immer wieder reden und sich fragen, wie diese Menschen dieses traumatische Erlebnis verarbeitet und wie diese schicksalhaften Jahre ihr weiteres
Leben gezeichnet haben, mahnte Anton Schenk. Zum Schluss zitierte er das Lied vom kleinen Harmonikaspieler. Im Refrain heißt es: „Kleiner Harmonikaspieler, spiel’ mir das Lied noch einmal. Spiel’ mir das Lied meiner Heimat, die doch so fern von mir war.“

Der Nachmittag klang bei Gesprächen und, trotz des bedrückenden Themas, bei guter Laune aus.