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Einzigartiges Begegnungs- und Brauchtumsfest (Teil 2)

Festprogramm im Konzertsaal des Ion-Vidu-Musiklyzeums in Temeswar: Auftritt der Trachtengruppe Spaichingen, die zusammen mit der Trachtengruppe München an den diesjährigen Heimattagen teilgenommen hat. Musikalisch begleitet wurden die Tanzvorführungen von den Original Banater Dorfmusikanten aus München. Foto: Walter Tonţa

DFDB-Vorsitzender Johann Fernbach zeichnete den Bundesvorsitzenden der Landsmannschaft der Banater Schwaben Peter-Dietmar Leber mit der Ehrennadel in Gold des Banater Forums aus. Foto: Erwin Berg

Zu den 14. Heimattagen der Banater Deutschen in Temeswar 

Weitere Grußworte überbrachten Konsul Ralf Krautkrämer, Stefan Ihas, Nikolaus Rennon, die ehemalige bayerische Landtagspräsidentin Barbara Stamm, die den Banater Schwaben seit drei Jahrzehnten freundschaftlich verbunden ist, sowie der Vorsitzende des Vereins der ehemaligen Russlanddeportierten, der 92-jährige Ignaz Bernhard Fischer.

Nach einem musikalischen Intermezzo – die junge, mehrfach preisgekrönte Violinistin Ana-Maria Popan, begleitet am Klavier von der Hochschullehrerin Silviana Cîrdu, spielte ein Stück von Fritz Kreisler – folgte die Festrede von Michael Szellner. Auf das Motto des Heimattages Bezug nehmend, schilderte er das wechselvolle Los der Banater Schwaben in den letzten 100 Jahren anhand von Episoden aus der eigenen Familiengeschichte. In seiner von Nüchternheit und einer guten Portion Humor geprägten Rede gab er zunächst Einblicke in die Lebens- und Arbeitswelt der Großeltern- und Elterngeneration, um dann an die für die Banater Schwaben schicksalhaften Ereignisse des 20. Jahrhunderts zu erinnern: Erster Weltkrieg, Anschluss des östlichen Banats an Rumänien, Zweiter Weltkrieg und Aufoktroyierung des kommunistischen Regimes, Deportation und Zwangsumsiedlung, Aussiedlung. Seinen Vortrag beendete Szellner mit der Feststellung: „Wir Banater Deutschen, ob Schwaben oder Berglanddeutsche, ob aus der Stadt oder vom Lande, wir sind ein merkwürdiger Stamm. Auch wenn wir weniger geworden sind und unsere Sippschaften in der ganzen Welt verstreut leben, können wir nach alledem eines behaupten: Hurra, wir leben noch!“

Musikalische Leckerbissen boten im Anschluss an die Festansprache die Banater Musikanten, eine Kapelle des Deutschen Forums, die unter dem Gastdirigenten Richard Beißer drei bekannte Blasmusiktitel spielte. Der aus Großjetscha stammende Vollblutmusiker hatte nach dem Studium als Soloklarinettist im Orchester der Temeswarer Oper gewirkt und war nach seiner Aussiedlung nach Deutschland als Musiklehrer und Leiter des Musikvereins Bühlertann tätig. Seit 2011 dirigiert er die traditionsreiche, von Robert Payer gegründete Original Burgenlandkapelle.

Bundesvorsitzender Leber geehrt

Der Festakt bot einen würdigen Rahmen für die Verleihung von Auszeichnungen an zwei verdienstvolle Persönlichkeiten: Der Bundesvorsitzende der Landsmannschaft der Banater Schwaben Peter-Dietmar Leber erhielt die Ehrennadel in Gold, die höchste Auszeichnung, die das Demokratische Forum der Deutschen im Banat zu vergeben hat, während die Tanzleiterin des Jugendtrachtenvereins „Banater Rosmarein“ Andreea Lăpugean mit dem Stefan-Jäger-Preis 2018 der gleichnamigen Stiftung ausgezeichnet wurde.

Dr. Johann Fernbach bezeichnete in seiner Laudatio Peter-Dietmar Leber als „besonders engen Freund des Demokratischen Forums der Deutschen im Banat“, er sei „unser engster Partner in Deutschland und unser Vertrauter in allen wichtigen Fragen, die unsere Gemeinschaft betreffen“. Als Bundesvorsitzender habe er neue Schwerpunkte in der Vereins-, aber vor allem in der Jugendarbeit gesetzt und die Kontakte zur alten Heimat intensiviert. Fernbach hob Lebers Rolle als Brückenbauer zwischen Deutschland und Rumänien hervor und wertete sein diesbezügliches Wirken als „zutiefst europäisch“. Zudem habe Leber durch eine intensive Öffentlichkeitsarbeit Rumänien und das Banat, vor allem aber die Banater Schwaben, ihre Geschichte, ihre Werte und Traditionen bekannter gemacht. Die Ehrennadel in Gold des Demokratischen Forums der Deutschen im Banat werde Peter-Dietmar Leber „für seine langjährige, drei Jahrzehnte umfassende Tätigkeit im Dienste der Banater Schwaben, für seine Freundschaft und Offenheit, für die stets gepflegte Partnerschaft zwischen Ausgesiedelten und Hiergebliebenen“ verliehen, sagte Fernbach.

Die Laudatio auf Andreea Lăpugean hielt die Leiterin des Jugendtrachtenvereins „Banater Rosmarein“ Edith Singer. Die junge promovierte Wissenschaftlerin, die auch Chemie an der Lenauschule unterrichtet, sei mit elf Jahren zu den „Rosmareinern“ gestoßen und habe heute die Tanzleitung des Vereins inne. Sie engagiere sich unermüdlich in der Brauchtumspflege und Jugendarbeit und wirke aktiv im Deutschen Forum der Banater Jugend mit, lobte Singer. Der Stefan-Jäger-Preis wurde Lăpugean von Norbert Hansmann, dem Geschäftsführer der Banatia-Stiftung für Internationale Kooperation, überreicht.

Mit dem „Klarinettenmuckl“, meisterhaft von Richard Beißer auf seiner Klarinette gespielt, endete der Festakt.

Trachtenparade und Volkstanzfestival

Am Nachmittag wurde unter Mitwirkung zahlreicher Tanz- und Trachtengruppen, Chöre, Blaskapellen und Musikensembles aus dem Banat und aus Deutschland ein mehrstündiges Kulturprogramm im vollbesetzten Konzertsaal des Ion-Vidu-Musiklyzeums dargeboten. Durch das Programm führten Astrid Weisz und Adi Ardelean von der Redaktion der deutschen Sendung des Temeswarer Rundfunks. Die vorgeführten Tänze, zum Teil mit Blasmusikbegleitung, und die zu Gehör gebrachten Lieder zeigten eindrucksvoll, wie vielfältig die Volkskultur der Banater Schwaben aus Heide und Hecke sowie der Banater Berglanddeutschen ist, wie lebendig ihr Brauchtum und ihre Traditionen noch heute sind. Das Festprogramm erbrachte den Beweis, dass die hüben wie drüben in die Vereinsarbeit eingebundene junge Generation, unabhängig von ihrer Herkunft und ethnischen Zugehörigkeit, mit großer Leidenschaft das Brauchtum pflegt und am Leben erhält.

Eröffnet wurde der Kulturnachmittag von der Jugendblaskapelle aus Steierdorf/Anina, wonach die Tanzgruppen „Steierdorfer Edelweiß“ und „Warjascher Spatzen“ je zwei Tänze präsentierten. Der „Temeswarer Liederkranz“ erfreute das Publikum mit seinen Volksliedern, danach zeigten fünf weitere Gruppen aus dem Banat ihr tänzerisches Können: die Tanzgruppe „Buntes Sträußchen“ Großsanktnikolaus, die Jugendtanzgruppe des Arbeitskreises „Banat-JA“ aus Arad, die Seniorentanzgruppe „Bunter Herbstreigen“ aus Temeswar, der Jugendtrachtenverein „Banater Rosmarein“ aus Temeswar sowie die Tanzgruppe „Billeder Heiderose“. Als nächstes betraten die beiden Gastgruppen aus Deutschland die Bühne. Die Tanzgruppen aus München und Spaichingen traten in Begleitung der Blaskapelle „Original Banater Dorfmusikanten“ aus München auf. Die volle Aufmerksamkeit des Publikums genossen anschließend die jüngsten Tänzerinnen und Tänzer der Kindertanzgruppe „Hänschenklein“ aus Temeswar. Auf sie folgten die Tanzgruppen „Hatzfelder Pipatsche“ und „Edelweiß Detta“, wonach es im Programm mit drei Formationen aus dem Banater Bergland weiterging: dem „Franz Stürmer“-Chor, dem Duo „Intermezzo“ und der Erwachsenentanzgruppe „Enzian“, alle aus Reschitza. Bei der nächsten Tanzgruppe, jener aus Großjetscha, handelte es sich um die jüngste Gründung. Ihren ersten Auftritt absolvierte sie mit Bravour. Den Schluss machte die Blaskapelle „Banater Musikanten“ aus Temeswar, die im Laufe des Nachmittags schon die Auftritte einiger Tanzgruppen begleitet hatte.

Mit einem Ball im Karl-Singer-Festsaal des Adam-Müller-Guttenbrunn-Hauses klang der Tag aus.