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„Nichts ist vergangen, nichts ist verloren“

Die HOG-Vorsitzende Dr. Hella Gerber und Bürgermeister Dănuţ Drăghici enthüllten das zweisprachige Ortsschild. Foto: Alex Zarin

Zur Freude der Veranstalter des Kulturereignisses – Bürgermeisteramt, Schule, Ortsforum und Heimatortsgemeinschaft – waren viele Ehrengäste nach Nitzkydorf gekommen. Foto: Gerhard Katerna

Feierstunde auf dem Friedhof: Die Segnung der renovierten Friedhofskapelle sowie das Totengedenken mit Kranzniederlegung wurden von Pfarrer Robert Dürbach vorgenommen. Foto: Gerhard Katerna

Für einige Tage sei Nitzkydorf die „Hauptstadt der Banater Kultur“ gewesen, schrieb Codrina Tomov in
einem am 6. August 2018 in der rumänischen Zeitung „Renașterea bănățeană“ erschienenen Beitrag über die Nitzkydorfer Kulturveranstaltungen am 3. und 4. August.

Wir können dazu nur sagen: Welch schöner Beginn mit herzlichem Empfang am Dorfrand, mit Enthüllung des zweisprachigen Ortsschilds unter den Klängen der rumänischen und der deutschen Hymne! Welch umfangreiches, niveauvolles Programm! Welch große Beteiligung von Gästen aus dem In- und Ausland! Bürgermeister Dănuț Drăghici begrüßte alle herzlich und hieß die ehemaligen deutschen Bewohner der Gemeinde „Willkommen zu Hause“. Zur Freude der Veranstalter waren viele Ehrengäste mit dabei, so Ovidiu Ganț, Abgeordneter der deutschen Minderheit im rumänischen Parlament, Dr. Johann Fernbach, Vorsitzender des Demokratischen Forums der Deutschen im Banat, Erwin Josef Ţigla, Vorsitzender des Demokratischen Forums der Banater Berglanddeutschen, Adrian Negoiță, Kabinettschef des Vorsitzenden des Temescher Kreisrates, Peter Krier, Ehrenvorsitzender des Hilfswerks der Banater Schwaben, Helmut Weinschrott, Direktor der Adam-Müller-Guttenbrunn-Stiftung.

Namhafte Referenten, bekannte Musiker, der Biberacher Frauenchor FIS und die Augsburger Musikkapelle waren an der Gestaltung des Programms beteiligt. Ihnen allen gilt unser herzlicher Dank. Ebenso den zahlreichen Helfern im Hintergrund. Ein großes Lob gebührt den vier Hauptorganisatoren mit ihren Teams: der Gemeinde Nitzkydorf mit Bürgermeister Dănuț Drăghici, der Nitzykdorfer Gymnasialschule mit Direktorin Adelina Briscan, dem Nitzkydorfer Ortsforum mit Hildegard Anghelaș an der Spitze sowie der Heimatortsgemeinschaft Nitzkydorf mit ihren Vorsitzenden Dr. Hella Gerber.

Über die Veranstaltungen am 3. August berichtete Ştefana Ciortea-Neamţiu in der „Banater Zeitung“. Der Bericht wird nachfolgend abgedruckt. Weitere Berichte und Fotos folgen in den nächsten Ausgaben.

Vorstand der HOG Nitykzdorf

Eine Ortstafel mit deutscher Aufschrift hat die Gemeinde Nitzkydorf im Kreis Temesch seit dem 3. August. Dies hatte Dr. Hella Gerber, die Vorsitzende der Heimatortsgemeinschaft Nitzkydorf, im letzten Jahr beim Symposium angeregt, jetzt war es soweit: Bürgermeister Dănuț Drăghici und Hella Gerber haben die Ortstafel enthüllt. Dabei waren der Abgeordnete des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien Ovidiu Ganț, der Vorsitzende des Banater Deutschen Froums Dr. Johann Fernbach, der Vorsitzende des Forums der Banater Berglanddeutschen Erwin Josef Țigla, gebürtige Nitzkydorfer, die ihre alte Heimat besucht haben, sowie jetzige Gemeindebewohner. Zu diesem Anlass hat die von Werner Zippel dirigierte Musikkapelle der Banater Schwaben aus Augsburg gespielt und der Frauenchor FIS aus Biberach/Rißegg unter der Leitung von Monika Lessmeister mehrere Lieder gesungen.

„Nichts ist vergangen, nichts ist verloren!“ Die Worte stammen von unserem BZ-Kollegen Balthasar Waitz und diese haben die Veranstalter zum Motto des diesjährigen Kulturereignisses in Nitzkydorf gewählt, das am ersten August-Wochenende stattgefunden hat: Symposium zum Kulturerbe, Gedenken, Konzert, Kirchweih und Geselligkeit gehörten dazu und alles stand im Licht des Schlagwortes „Begegnung“. Die Veranstaltungsreihe wurde von der HOG Nitzkydorf, der hiesigen Filiale des Demokratischen Forums der Deutschen aus dem Banat (DFDB) sowie der Gemeinde (Rathaus und Schule) organisiert. Empfangen wurden die aus Deutschland angereisten Gäste durch den Bürgermeister Dănuț Drăghici am Dorfrand, wo die deutsche Ortstafel eingeweiht wurde, die, wie die HOG-Vorsitzende Dr. Hella Gerber erklärte, „2017 eine Vision war, 2018 Realität wurde“. Zu Fuß sind dann die Teilnehmer in die Gemeinde marschiert. 

Im Schulhof sind die feierlichen Reden gehalten worden, wobei Bürgermeister Drăghici die Teilnehmer „willkommen zu Hause bei Ihnen“ hieß, ebenso die Schulleiterin Adelina Briscan. Auch Adrian Negoiță, Kabinettschef des Vorsitzenden des Temescher Kreisrates, begrüßte die Gäste herzlich. „Vor drei Jahren war der Schulhof auch voll“, erinnerte Dr. Hella Gerber in ihrer Rede an die 230-Jahr-Feier der Gemeinde: „Mit der erfolgreichen 230-Jahr-Feier, die gemeinsamen von den jetzigen und den ehemaligen Bewohnern im Jahr 2015 begangen wurde, wurde das Interesse an gemeinsamen Veranstaltungen geweckt. Die Bewahrung und Bekanntmachung des banatschwäbischen Kulturerbes sind in den Mittelpunkt gerückt. Es entstand und es entsteht Neues. Neue Freunde wurden gefunden. Die Welt hat sich verändert, auch Nitzkydorf hat sich verändert. Für das banatschwäbische Kulturerbe gibt es neue Impulse.“ Diesen Worten schloss sich Hildegard Anghelaș, die Vorsitzende der im Herbst 2017 gegründeten Ortsfiliale Nitzkydorf des DFDB an, die vom Stolz sprach, die Tradition weiterzuführen.

Als Ehrengast hatte der DFDR-Abgeordnete Ovidiu Ganț das Wort, der über die exzellente Zusammenarbeit der drei Organisatoren sprach und dem Bürgermeister sowie dem Gemeinderat für die deutsche Ortstafel dankte, als „ein Zeichen der Normalität im Banat“, aber auch als „eine elegante politische Geste, die aber nicht unbedingt allgemein gültig ist“.

Das alte Schulgebäude wurde nach dieser feierlichen Eröffnung zum Zentrum der Veranstaltungen: Zunächst erfolgte die Schenkung der Privatbibliotheken der Temeswarer Schriftsteller Annemarie Podlipny-Hehn und Constantin Gurău an die Schulbibliothek „Balthasar Waitz“. Schriftsteller Lucian Alexiu sprach über die Bedeutung dieser Sammlung.

Danach wurde die Ausstellung „Bilderwelt des Banater Malers Franz Ferch“ eröffnet. Initiator und Organisator Peter Krier sprach über den Werdegang von Franz Ferch und die Etappen seines künstlerischen Schaffens, über die Begegnung mit Käthe Kollwitz und den sozialen Anstrich, den seine Kunst dann stets hatte, über das Haus an der Marosch und die dortige Landschaft, über die Bilder, die das Dorfleben festhalten, über die Porträts und über die Distelbilder, die Erinnerung des Malers an das Banat.

Eine zweite Ausstellung, eine Dokumentationsausstellung, widmete sich dem Schriftsteller Alexander Tietz und seiner Welt und wurde von Erwin Josef Țigla zusammengestellt. Eine Fotoausstellung von Alex Zarin ließ Dorfimpressionen noch einmal Revue passieren: die Störche auf den Dächern oder die Brunnen in Nitzkydorf.

Am Nachmittag wurde die Veranstaltungsreihe mit dem dritten Symposium zum Kulturerbe der Banater Schwaben fortgesetzt, das von Dr. Hella Gerber und Tiberiu Buhnă-Dariciuc, Rumänischlehrer an der Schule in Nitzkydorf, eingeleitet wurde. Dr. Annemarie Podlipny-Hehn sprach über „Franz Ferch und die Heimat, die Banater Landschaft“, dessen Kunst „dem engeren heimatlichen Lebensraum entsprungen ist und das Verständnis des Malers für seine Landsleute ausstrahlt“. Balthasar Waitz sprach über Constantin Gurăus Werk „Stratul de ozon“, das 2017 unter der Betreuung von Dr. Annemarie Podlipny-Hehn im Verlag „Cosmopolitan Art“ erschienen ist.

Erwin Josef Țigla referierte über Alexander Tietz, dessen 120. Geburtstag und 40. Todestag sich jähren. Anschließend überreichte er die „Alexander Tietz“-Ehrenmedaille des Demokratischen Forums der Banater Berglanddeutschen an Dr. Hella Gerber, Tiberiu Buhnă-Dariciuc und Balthasar Waitz. Über „Ein Leben mit Terzen. Das dörfliche Musikleben bei den Banater Schwaben“ referierte der Musikwissenschaftler Dr. Franz Metz aus München, der durch Beispiele belegte, was er als Kernaussage formulierte: „Die Terzen waren unseren Landsleuten in die Gene gelegt“. Das am Ende des Vortrags gemeinsam mit den Michl-Brüdern vorgetragene Lied „Maria hilf“ rührte die Zuhörer, die den Refrain mitsangen. Abschließend las Balthasar Waitz aus seinem Roman „Das rote Akkordeon“ vor und ließ die Banater Dorfwelt von vor einigen Jahrzehnten wieder aufleben. Begleitet wurde er – an einem roten Akkordeon – von Ingeborg Stöckl.

Nach dem Symposium gingen die Teilnehmer in einer Prozession zum Friedhof, wo die dank der Initiative von Bürgermeister Dănuț Drăghici renovierte Friedhofskapelle geweiht wurde. Als Stiftung der Familien Johann Schmadl und Sebastian Kräuter war die Kapelle 1937 errichtet worden. Die Totengedenkfeier wurde von Pfarrer Robert Dürbach (Uhingen) gehalten und von der Musikkapelle der Banater Schwaben aus Augsburg begleitet.

Festlicher konnte der Tag nicht ausklingen als mit den Tönen der restaurierten Orgel: das Konzert in der Dorfkirche, an dem einige der besten zeitgenössischen Musiker aus dem Banat oder aus dem Banat stammend mitgewirkt haben: Dr. Franz Metz (Orgel), Alexandra Guțu (Cello), Dr. Johann Fernbach (Violine) sowie Wilfried Michl (Bariton). Zum Schluss erklang der Frauenchor aus Biberach/Rißegg.

Am nächsten Tag war Kirchweih angesagt.