Die Kirchweih in Sanktanna, das größte heute noch stattfindende Fest dieser Art im Banat, erreichte dieses Jahr mit dem 150. Jubiläum der Mutter-Anna-Kirche einen Höhepunkt. Das Jubiläum wurde im Rahmen der bereits traditionellen Heimat- und Kulturtage vom 2. bis 8. August gefeiert. Das 150. Kirchweihfest live mitzuerleben war für viele Sanktannaer, die in früheren Jahren aktiv dabei waren oder sogar das große Ereignis des 100-jährigen Jubiläums miterlebt beziehungsweise daran mitgewirkt haben, ein langersehntes Ziel.
Das Programm der Heimat- und Kulturtage begann am 2. August mit der Deutschen Wallfahrt zur Basilika Minor Maria Radna. Am Abend ließ Anton Bleiziffer die Kirchweih von 1968 unter dem Motto „100 Jahre – 100 Paare“ Revue passieren. Der Bildvortrag mit Musik und Kirchenliedern weckte Erinnerungen an das Großereignis von damals und rückblickend auf 150 Jahre Tradition. Das trug auch zur Einstimmung auf das anstehende Fest bei.
Am Samstagmorgen, dem 4. August, begann die Kirchweihjugend mit dem Schmücken und Aufstellen des Kirchweihbaumes. Am Nachmittag folgte eine Andacht und der Vortrag „82 Jahre Herz-Jesu Kirche“ mit Dekan Karl Zirmer in der Herz-Jesu-Kirche in Altsanktanna. Zwischen den ersten Planungen 1845 bis zur Einweihung der Herz-Jesu-Kirche im Jahre 1936 liegen wichtige geschichtliche Ereignisse – die Revolution von 1848/1849, der große Dorfbrand von 1858 oder der Erste Weltkrieg –, die stets die Umsetzung des Vorhabens verhinderten. Dr. Stephan Fiedler, Bischof von Großwardein-Sathmar, der nach seiner Priesterweihe einige Jahre als Kaplan in Neusanktanna gewirkt hatte, und der Wohltäterin Katharina Ackermann ist es maßgeblich zu verdanken, dass uns dieses Kirchenerbe hinterlassen wurde: geweiht dem Herzen Jesu, ausgedrückt in der Inschrift „Gott ist die Liebe“. Kindheitserinnerungen, Erinnerungen an längst vergangene Zeiten zogen viele der Besucher an diesem Nachmittag in die Kirche. Zusammen singen, sich zusammen erinnern, sich besinnen auf die Wurzeln zeigt die Gemeinsamkeiten auf, ist Ausdruck von Gemeinschaft. Mit wohlvertrauten Marien-liedern, begleitet am Akkordeon von Katharina Schmidt, wurde dieser Programmpunkt beendet.
Die Kirchweihjugend wartete unterdessen vor der Kirche, wo der Einladungszug mit Blasmusikbegleitung und Kirchenbesuchern Richtung Rathaus startete, um Amts- und Würdenträger zum Fest einzuladen. Auf dem Weg dahin wurde beim zweiten Geldherrenpaar, Harald und Alexandra Groo, mit drei Tänzen Halt gemacht. Die Sanktannaer Blaskapelle unter der Leitung von Josef Wunderlich begleitete musikalisch während der Einladung sowie während der gesamten Feierlichkeiten das Kirchweihfest.
Anlässlich des 150. Kirchweihjubiläums konnte Guido Wolf MdL, Minister der Justiz und für Europa des Landes Baden-Württemberg mit seiner Delegation in Sanktanna begrüßt werden. Begleitet wurde die Delegation, der die Landtagsabgeordneten Arnulf von Eyb (CDU-Fraktion) und Jürgen Keck (FDP/DVP-Fraktion) sowie Dr. Alexandra Zoller, Abteilungsleiterin Europa und Tourismus und deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angehörten, im Banat vom Bundesvorsitzenden der Landsmannschaft der Banater Schwaben, Peter-Dietmar Leber mit Gattin Hiltrud, und von Ministerialdirigent a.D. Herbert Hellstern, Vorsitzender des Fördervereins Mutter-Anna-Kirche Sanktanna.
Der Bürgermeister der Stadt Sanktanna, Daniel Tomuţa, begrüßte sehr herzlich die Ministerdelegation, die Vertreter der Heimatortsgemeinschaft Sanktanna sowie alle Sanktannaer Landsleute aus nah und fern. Er betonte die langjährige sehr gute Zusammenarbeit mit den Deutschen aus dem In- und Ausland sowie das gute Zusammenleben über Jahrhunderte zwischen Deutschen und Rumänen in Sanktanna.
Minister Wolf bedankte sich herzlich bei der HOG Sanktanna für diese Einladung nach Sanktanna. Im Anschluss an das Ulmer Heimattreffen der Banater Schwaben im Mai 2018 habe er die Einladung zum 150. Kirchweihfest in Sanktanna erhalten, die er sehr gerne anlässlich seiner Rumänienreise angenommen habe. Mit großer Freude stellte er fest, so viele vertraute Gesichter aus seiner Heimat Weingarten und Ravensburg zu sehen. Wolf zeigte sich besorgt über die Entwicklungen im Zusammenhang mit der Justizreform in Rumänien, worüber er während des ersten Teils seiner Reise Gespräche in Bukarest mit dem rumänischen Justizminister geführt hat. Im Gegensatz dazu sei der Banater Teil der Reise mit dem 150. Kirchweihfest in Sanktanna als Höhepunkt sehr eindrucksvoll, betonte Guido Wolf. Anschließend setzte sich der Minister mit seiner Delegation zu einem Austauschgespräch mit Bürgermeister Daniel Tomuţa zusammen, bevor es zum gemeinsamen Gulaschabendessen mit den Landsleuten aus Sankt-anna im Schulhof des Stefan-Hell-
Lyzeums ging. Der Ministerbesuch sollte ein Beweis der Verbundenheit zur deutschen Gemeinschaft sein, hatte aber gleichzeitig Informations-charakter und war zudem ein Moment des politischen Dialogs und freundschaftlicher Begegnung.
Die junge Sanktannaer Blaskapelle „Lambert Steiner“ eröffnete den Abend mit Blasmusik, spielte aber auch zu Ehren der Gäste die deutsche und die Europahymne. Die musikalische Einlage mit Sanktannaer Volksliedern wurde am Akkordeon von Anton Bleiziffer begleitet, der nicht nur die kleine Gruppe der Sangesfreudigen, sondern den ganzen Schulhof zum Mitsingen brachte. Minister Wolf zeigte seine Begeisterung über diese gemeinsam gelebte Tradition und betonte dabei, sich mit den Banater Schwaben schon sehr lange verbunden zu fühlen. Später war die Sanktanner Blaskapelle für Unterhaltung zuständig. Mit Tanz zu Blasmusikmelodien ließ man den Abend ausklingen.
Sonntag, der 5. August, der Jubiläumstag, startete mit einem Empfang der Stadtverwaltung im Rathaus von Sanktanna. Minister Guido Wolf mit seiner Delegation, Deutschlands Botschafter in Bukarest Cord Meier-Klodt, der Vorsitzende des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien (DFDR), Dr. Paul-Jürgen Porr, der DFDR-Abgeordnete Ovidiu Ganț, der Vorsitzende des Demokratischen Forums der Deutschen im Banat, Dr. Johann Fernbach, der Arader Kreisratsvorsitzende Iustin Cionca sind der Einladung des Bürgermeisters ebenso gefolgt wie Peter-Dietmar Leber, Bundesvorsitzender der Landsmannschaft der Banater Schwaben, Joschi Ament, Bundesvorsitzender der Landsmannschaft der Deutschen aus Ungarn, der Vorstand der HOG Sanktanna mit den Vorsitzenden Theresia Reiter und Katharina Schmidt und dem Ehrenvorsitzenden Josef Lutz, der Vorstand des Fördervereines Mutter-Anna-Kirche mit Vorsitzendem Herbert Hellstern sowie der Stadtrat von Sanktanna.
Die Begrüßungsrede hielt der Bürgermeister der Stadt Sanktanna Daniel Tomuţa. Wieder hieß er alle herzlich willkommen, wünschte einen angenehmen Aufenthalt in der Stadt und betonte ausdrücklich die gute Zusammenarbeit mit den Sanktannaer Landsleuten aus Deutschland und deren Verbundenheit zur alten Heimat. Für ein neues Europa seien Zusammenhalt und Heimatverbundenheit essentiell, sagte er.
Diese Aussage wurde von Minister Wolf bestätigt und weiter vertieft. In dieser kurzen Zeit habe er die Jugendarbeit, den Zusammenhalt und die Gemeinschaft erlebt, die für ihn beispielhaft seien. Es sei ihm eine Freude gewesen zu sehen, dass die Sanktannaer aus Rumänien und aus Deutschland, aber auch die Stadt Sanktanna die Mutter-Anna-Kirche gemeinsam erhalten. Auch freue er sich darüber, mit Herbert Hellstern, dem Vorsitzenden des Fördervereins Mutter-Anna-Kirche, einen alten Bekannten an diesem Ort wiederzutreffen und feststellen zu können, welche großen Kreise diese Unterstützung gezogen habe, betonte Guido Wolf. Es sei ungemein wichtig, Kulturgut zu bewahren und dies sei nur gemeinsam möglich, wenn alle anpackten, so seine Worte. Wie es hier vorgemacht werde, sei vorbildlich, vor allem in den letzten Jahren, als die Dachsanierung der Mutter-Anna-Kirche durchgeführt werden konnte. Es käme nicht so sehr auf die Anzahl der Banater Schwaben an, sondern auf die Botschaft, die sie vermitteln, unterstrich Minister Wolf. Die Banater Schwaben seien Botschafter für eine gelungene Integration und ein lebendiges Europa, so sein Fazit.
Cord Meier-Klodt, Deutschlands Botschafter in Bukarest, betonte, er habe die Einladung dankend an-
genommen, nach dem Motto: Besser einmal mit eigenen Augen gesehen als hundertmal davon gehört. Auch er zeigte sich beeindruckt vom Zusammenhalt der Sanktannaer, so dass Willi Brandts Ausspruch „Hier wächst zusammen, was zusammen gehört“ hier sehr angebracht wäre. Während seiner Amtszeit habe er die Erfahrung gemacht, dass rumänische Eltern ihre Kinder in deutsche Schulen schicken nicht nur um Vokabeln und Grammatik zu lernen, sondern auch wegen des europäischen Wertesystems, das vermittelt wird. Der deutschen Minderheiten komme eine Brückenfunktion in einem vereinten Europa zu, sagte der Botschafter. Diese Zusammenarbeit und das gemeinsame Erbe gelte es zu erhalten.
Ebenso begeistert äußerte sich der Arader Kreisratsvorsitzende Iustin Cionca über den Fleiß der Bevölkerung und den Zusammenhalt in Sanktanna, über die erfolgreiche Arbeit des Bürgermeisteramtes, die auch dem regen Einsatz der Bürger zu verdanken sei. Im gesellschaftlichen Leben spielten die Kirche und der Glaube eine zentrale Rolle, hob Cionca hervor. Das würden die Gäste aus Deutschland hier erleben und auch er selbst habe sich davon bei einem Besuch in Tübingen überzeugen können, wo er die Gelegenheit bekam, eine lebendige orthodoxe Kirchengemeinschaft zu erleben.
Zum Abschluss des Empfangs trug sich Minister Wolf ins Ehrenbuch der Stadt ein.