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Ehrenurkunde für Dr. Josef Pitzer

200-Jahr-Feier in Sackelhausen: Bei der Hauptkundgebung hielt Josef Pitzer die Festansprache in deutscher Sprache.

Bei der Mitgliederversammlung des Kreisverbandes Reutlingen am 20. März wurde durch den stellvertretenden Landes- und Bundesvorsitzenden Richard S. Jäger an Dr. Josef Pitzer für dessen Leistungen für die Banater Schwaben die Ehrenurkunde des Landesverbandes Baden-Württemberg überreicht. Gleichzeitig erhielt er vom Bundesverband der Landsmannschaft der Banater Schwaben die Ehrenurkunde für 25-jährige Mitgliedschaft mit der Treuenadel in Gold verliehen.

Josef Pitzer wurde am 19. März 1929 in Sackelhausen geboren. Er verlebt eine glückliche Kindheit im Heimatort. Nach dem Besuch der Grundschule in Sackelhausen folgt eine Fortsetzung des Studiums an der „Banatia“ in Temeswar. Im Herbst 1944 folgt die Flucht nach Österreich. Im Sommer kehrt die Familie nach Sackelhausen zurück. Der väterliche Betrieb wird enteignet, die Werkstatt ist ausgeraubt und zerstört. Im Dorf sind die Häuser der Geflüchteten von rumänischen Kolonisten besetzt. Das Zusammenleben mit den neu Zugezogenen gestaltete sich schwierig. In dieser Zeit ist Josef Pitzer vorübergehend Landarbeiter und Traktorfahrer. Er belegt den Fernkurs an der privaten Technikerschule für Elektromechanik in Bukarest und erwirbt 1948 sein Technikerdiplom. 1949 wechselt er in einen Industriebetrieb nach Temeswar.

1954 heiratet er Gertrud Barthold. In Temeswar macht er über einen Qualifizierungskurs noch eine Ausbildung als Maschi-nenschlosser und arbeitet dann als Techniker im Maschinenbaubetrieb „6. März“. Nach einem Studium am Temeswarer Polytechnikum wird Josef Pitzer Diplomingenieur für Maschinenbau. Seine berufliche Wirkungsstätte ist der Betrieb „6. März“. Josef Pitzer promoviert mit  einer interdisziplinären Dissertation über Luftschwingungstechnik.

Zur Kirchweih 1965 am 10. Oktober wurde in Sackelhausen 200 Jahre seit der Einwanderung der Deutschen ins Banat gefeiert. Bürger und Lehrer sorgten dafür, dass die Entwicklung der Gemeinde seit der Ansiedlung unserer Ahnen vor zweihundert Jahren bildlich durch allegorische Wagen dargestellt wurde. Dipl.-Ing. Pitzer wirkte im Organisationskomitee mit. Die Musikkapelle Hans Schmitz begleitete den Festumzug. Jung und Alt war auf den Beinen. Die Feierstunde wurde durch den damaligen Bürgermeister Maruster von einer Tribüne der Fest- und Ehrengäste eingeleitet, gefolgt von einer Festrede in deutscher Sprache, gehalten von Josef Pitzer. Höhepunkt der Feierlichkeiten war der Festzug. Schulkinder in der Kirchweihtracht führten einen Bändertanz vor. Lehrerin Fohsz dirigierte einen großen Chor. Die deutsche Presse Rumäniens und der Rundfunk berichteten ausführlich von diesem schönen Fest. Zusammen mit den Sackelhausenern nahmen auch viele auswärtige Gäste am Fest teil. Eine Ausstellung über die Entwicklung der Gemeinde rundete die Veranstaltung ab.

Durch sein Mitwirken an der 200-Jahr-Feier hat sich Josef Pitzer in der Dorfgemeinschaft unvergessene Meriten erworben. Im Betrieb „6. März“ wird Dr. Pitzer leitender Direktor (1970–1981). Durch seinen Einsatz wird der Ausbau des Betriebes in technischer und personeller Sicht weit vorangebracht, Arbeitsplätze (auch für die Landsleute) in Temeswar, Großsanktnikolaus und Marienfeld werden geschaffen. Man kann mit gutem Recht sagen: Dr. Pitzer war ein Glücksfall für viele Banater Schwaben.

Der Künstler Andreas Walter Kirchner kommt als Betriebsmaler hier auch zum Zug. Johann Weggesser aus Gertianosch baute mit seiner Mannschaft lange Jahre hindurch die imposanten Bauaufzüge, die in Rumänien und auf rumänischen Baustellen in anderen Ländern Baumaterialien und Personen bis in eine Höhe von 200 Metern förderten. Filipp Linster (Freidorf) brachte mit einer Arbeitsgruppe erstmals die Sechs- und Zehn-Kubikmeter-Betonmischer auf den rumänischen Markt. Peter Welker (Sackelhausen) und Johann Kronenberger (Jahrmarkt) leiteten lange Jahre hindurch die Montagegruppen für Bauwerkzeuge und Ausrüstungen. Peter Pinzhoffer (Sackelhausen), Jakob Pfeiffer (Freidorf) und Mathias Lauer (Sackelhausen) waren die Gruppenchefs des betrieblichen Eigenbaues und des Vorrichtungsbaues, Josef Ott (Sackelhausen) leitete mehrere Jahre hindurch die Gruppe des Musterbaues.

Franz Wagner (Jahrmarkt) errichtete die Grundlagen der Präzisionsgießerei, der damaligen zweiten dieser Art in Rumänien, nach Reschitz. Gusti Knab (Freidorf) und Johann Schmitz (Sackelhausen) waren die Meister der Pressenabteilung und der Gesenkschmiede, Jakob Molitor (Sackelhausen) war der Leiter der Feinmechanikergruppe, und Mathias Lauer d. J. (Sackelhausen) baute mit seiner Mannschaft die elektrischen Steuerungen der Maschinen, Josef Egler (Sackelhausen) und Johann Höchst (Sackelhausen) leiteten die Arbeitsgruppen der Instandhaltungsabteilung des Betriebes. Bruno Wazorka aus Reschitz entwickelte erstmals (1974) im damaligen Rumänien einen Betonrüttler verschiedener Größen mit eingebautem Elektromotor und den dazugehörenden Frequenzumwandler für die Baustellen des Landes. Die Fertigung der Frequenz-umwandler führte Johann Degel (Gertianosch), und Johann Heich (Sackelhausen / Sanktandres) leitete die Montage der Rüttelgeräte.

1981 kehrt Josef Pitzer von einer Dienstreise nach Deutschland nicht mehr zurück. In Abwesenheit wird er von einem Bukarester Militärgericht des Ceausescu-Regimes (wegen Landesflucht) zu fünf Jahren Kerkerhaft verurteilt. 1982 kann seine Familie nach Deutschland ausreisen. In Deutsch-land ist Josef Pitzer als Konstrukteur (bis zu seinem Ruhestand 1992) im Anlagenbau tätig. Mehrere Erfindungen nennt er sein eigen.

1982 wird er Mitglied der Landsmannschaft der Banater Schwaben und wirkt konstruktiv im Vorstand des Kreisverbandes Reutlingen der Landsmannschaft der Banater Schwaben und der HOG Sackelhausen mit. In beiden Gremien ist er Ehrenmitglied. Im Jahre 1994 ist er zusammen mit einem großen Mitarbeiterstab bei der Herausgabe des Heimatbuches „Sackelhausen – Anfang und Ende“ beschäftigt. In diesem Buch berichtet er von der Herkunft der deutschen Siedler und der genauen Entwicklung des Ortes. Dr. Pitzer unterstützt Josef Kühn bei dessen familienkundlichen Forschungen. Für das Familienbuch Sackelhausen von Josef Kühn schrieb Dr. Josef Pitzer eine Kurzfassung der Ortsgeschichte. Dieser Teil wurde von Dr. Lydia Kegler ins Englische übersetzt. Pitzer erforschte die Herkunft der Siedler der Gemeinde Sackelhausen wie auch die Herkunft der Spitz- und Hausnamen in seiner Heimatgemeinde.

Mit einer Dankesurkunde würdigten die HOG Sackelhausen und der Kreisverband Reutlingen seinen Einsatz für die Gemeinschaft. Weitere Auszeichnungen: „Ehrenbrief der Landsmannschaft“ (1994) und „Silberne Treuenadel mit Urkunde“ (1997). Dr. Josef Pitzer kann auf ein erfülltes Berufs- und Familienleben blicken. Die Banater Schwaben sind stolz auf ihren Landsmann und danken ihm für seine großen Leistungen.