„Es ging mir alles sehr nahe. Ich bin überwältigt von allem“, sagte eine Überländerin bei unserem Treffen in Giarmata-Vii/Überland am 4. September 2016. So wie ihr erging es allen, die aus ganz Deutschland angereist kamen. Obwohl nicht zahlreich vor Ort, aber tief emotional genossen wir den Aufenthalt und die Tage in unserem Iwerland.
Schon samstags fanden wir uns im Kulturhaus des Ortes ein, einer der bewegendsten Augenblicke überhaupt. Viele sahen sich seit Jahrzehnten nicht und waren aufgeregt und neugierig, inwieweit man sich erkennen würde oder wie man sich in einem gewissen Alter wohl verändert habe. Die Brücke schlug man schnell, wir knüpften an die alten Erinnerungen an und verinnerlichten die Gegenwart. Der orthodoxe Pfarrer Vasile Suciu empfing uns herzlich. Er freute sich, dass wir wieder „zuhause“ seien, denn wir seien Teil dieses Ortes. Gemeinsam mit dem katholischen und dem orthodoxen Pfarrer, Lajos Máthé und Vasile Suciu, machten wir uns auf den Schleichwegen von damals auf den Weg zum Friedhof, um unserer Toten zu gedenken. Viele Mitbewohner nahmen an der ökumenischen Andacht teil. Es war dies die erste ökumenische Andacht überhaupt im Ort. Am Abend feierten und tanzten wir ausgelassen. Niki Tyosits spielte auf dem Akkordeon auf und die Zeit verging wie im Flug.
Die Emotionalität unsererseits stieg am Sonntagmorgen, denn wir feierten Kerweih in unserer katholischen Kirche. Vor dem Gottesdienst wurden wir vor der Kirche schon von Überländern herzlich empfangen. Die Sängerinnen des ehemaligen Kirchenchors haben sich getroffen, um die Lieder für den Gottesdienst einmal zu „üben“. Wir hatten seit 30 Jahren nicht mehr zusammen gesungen. Karoline, Wes Anna, Waltraud, Margret und alle anderen haben den Gottesdienst musikalisch mitgestaltet. Begrüßt wurden wir wieder von Pfarrer Suciu, der den Gottesdienst eröffnete. Pfarrer Máthé ermahnte uns, eine Brücke zu werden und zu bleiben. Der kleine Empfang mit Kuchen und Kaffee nach der Messfeier tat uns allen gut.
Der anschließende orthodoxe Gottesdienst war ergreifend und tief emotional. Zum einen war es die freundliche Aufnahme als Überländer und zum anderen als katholische Gläubige. Nach Sitte und Brauch der „ruga“ fand danach vor der renovierten orthodoxen Kirche der Empfang statt, bei dem die Dorfbewohner und Gäste zu den weiteren Veranstaltungen der „ruga“ eingeladen wurden und auch für das Miteinander gedankt wurde. Es folgten Ansprachen der Paten des Patroziniumsfestes, der Geistlichen, des Bürgermeisters der Gemeinde Ghiroda (zu der das Dorf verwaltungstechnisch gehört), Ionuţ Stănuşoiu, seines Stellvertreters Ion Bontea, ein waschechter Überländer, sowie des Mitglieds der Rumänischen Akademie der Wissenschaften, Professor Păun Ion Otiman. Die Redner riefen die Anwesenden zur Festigung des Glaubens und zur Nächstenliebe auf, aber auch zum gemeinsamen Feiern. Auch die Herz-Überländer, wir, die wir in Deutschland leben, richteten uns mit einem Grußwort an die versammelte Gemeinde, bedankten uns für die Möglichkeit des Zusammenseins und versprachen eine Brücke zu werden. Die Tanzgruppe „Edelweiß“ des Deutschen Forums aus Detta beglückte uns und alle Anwesenden in schwäbischer Tracht und mit der Aufführung banatschwäbsicher Tänze, darunter der Bändertanz. Dafür ein herzliches Vergelts Gott! Die „Hora“ vor der Kirche bildete den feierlichen Abschluss am Mittag.
Das „Kerweihessen“ fand gemeinsam mit den Honoratioren des Dorfes im Kulturhaus statt. Hier schloss auch das Nachmittagsprogramm mit Darbietungen rumänischer Gruppen und der Gruppe „Edelweiß“ an. Überwältigend waren die rumänischen Tänze, wunderschön die Trachten der Ebene („port de câmpie“) anzusehen. Die Liebe zum Detail der Tracht und zur Gemeinschaft zeigte sich in der Sorgfalt, wie sich diese jungen Menschen darin kleideten und wie sie mit Freude und Begeisterung tanzten. Die Gruppe „Edelweiß“ überraschte mit Tänzen und Liedern, sie zeppelte, tanzte Walzer und konnte bei den Rhythmen der rumänischen Tänze mithalten.
Fazit: Wir haben viele Bekannte getroffen, mit ihnen gelacht, geweint und uns an alte Zeiten erinnert. Wir haben die Veränderung des Dorfes äußerst positiv aufgenommen, haben die Nächstenliebe und die Bemühungen des Zusammenhalts des orthodoxen Pfarrers für Giarmata-Vii/Überland wahrgenommen. Den Überländern im Banat wünschen wir eine schöne Zeit und ein harmonisches Miteinander. Die rumänisch-orthodoxe Kirche mit ihrem Pfarrer macht es möglich. Dies zeigt sich auch in dem Lokalblatt „Vatra nouă“, das es auf bisher 194 Ausgaben brachte und alle Haushalte erreicht. Ein kleines Dorf neben Temeswar, Giarmata-Vii/Überland, hat es geschafft, sich zu finden.
Danke an Walter Warres, der diese Begegnung initiiert und unterstützt hat, aber leider nicht dabei sein konnte. Unermüdlich hat er mir und einigen von uns diese Brücke und die Liebe zu unserem Heimatort nahegelegt. Danke an Pfarrer Vasile Suciu, der vor Ort alles koordiniert hat. Ohne ihn wäre es nicht möglich gewesen, uns zu begegnen. Seine Worte nehmen wir mit: „Seid eine Brücke, Ihr Überländer!“ Danke auch an Michael Krebs, bei dem viele Fäden zusammengelaufen sind, und mit dem ich ständig in Verbindung stand zum Wohle unserer Landsleute. Danke allen Überländern, die diese Begegnung zum Fest der Freude werden ließen.