Die Heimatortsgemeinschaft Sackelhausen hatte zum 60. Kirchweihfest mit Heimattag eingeladen. Der 24. September war ein sonniger Herbsttag, der für so ein Fest schöner nicht hätte sein können. Vor der Aussegnungshalle auf dem Friedhof Römerschanze begrüßten sich die Landsleute, waren in Gespräche vertieft, doch als der Jahrgang 1956 und die Ministranten mit dem Pfarrer in die festlich geschmückte Halle einzogen, das Kirchweihlied „Ein Haus voll Glorie schauet“ erklang, war die Aussegnungshalle voll besetzt. Zur Freude der Landsleute zelebrierte Heimatpfarrer Peter Zillich den Gottesdienst. Pfarrer Zillich hatte für diesen Gottesdienst eine Überraschung mitgebracht, eine Verehrerin von Mutter Teresa, die über diese berichtete. Er ermutigte die Anwesenden auch weiterhin für die Gemeinschaft einzustehen. Natürlich durfte das i-Tüpfelchen nicht fehlen, das Lied „Wie groß bist du“, gespielt und gesungen von unserem Heimatpfarrer. Theresia Mertel vom Jahrgang 1956 übernahm die Lesung, Hedwig Reiter, Hedwig Czernay und Johann Molitor lasen die Fürbitten. Musikalisch umrahmt wurde der Gottesdienst vom Banater Chor Reutlingen und Bläsern der Original Donauschwäbischen Blaskapelle Reutlingen unter der Gesamtleitung von Johann Frühwald. Nachdem Pfarrer Zillich den bunt geschmückten Kirchweihstrauß gesegnet hatte, begrüßte der HOG-Vorsitzende Nikolaus Fuhry die Anwesenden und kündigte die Redner an.
Für den Jahrgang 1956 hielt Ewald Stock die Festrede. Er unterstrich, dass für ihn die schönen und unbeschwerten Jahre der Kindheit und Jugendzeit in Sacklas unvergessen bleiben. „Ich wage zu behaupten, dass dies so ziemlich die beste Zeit war, die es in Sacklas gab: Die Schmerzen, die der Krieg und die Deportation mit sich gebracht hatten, waren weitgehend abgeklungen, die Zeit der Entbehrungen, bedingt durch die Sparpolitik des Ceaușescu-Regimes, hatten noch nicht begonnen und der Boom der Ausreise hatte noch nicht so ganz eingesetzt“, so Stock. „Wie scheen wors, wann mr in de Ferien morjets ausm Haus gang es un erscht oweds wieder hem komm es. Un unser Eltre un Großeltre han sich ke Sorche mache misse, wo mir uns rumtreiwe odr dass uns was passiere kennt.“ Wir können guten Gewissens behaupten, dass wir die Gene unserer Ahnen in uns tragen und genauso wie sie, vor 250 Jahren, alles hinter uns gelassen haben, um anderswo, nämlich hier in Deutschland, eine neue Heimat zu suchen, in der uns und unseren Familien eine bessere Zukunft bevorsteht. Ewald Stock schloss seine Rede mit einem Zitat aus dem Gedicht „Nachdenklich…“ von Horst Geier: „Tja, so ist nun mal der Wandel der Zeit. / Vergangenheit ist oftmals auch Vergessenheit. / Zukunft ist was Schönes, Vergangenheit jedoch was Edles. / Wohl dem, der nie vergisst, wo er mal war und wo er heute ist.“
Anschließend sprach der Bundesvorsitzende der Landsmannschaft der Banater Schwaben, Peter-Dietmar Leber, zu der Festgemeinde. Er bedankte sich für die Einladung zum 60. Kirchweihfest, eine der ältesten Traditionen innerhalb des Verbandes. Schon im 18. Jahrhundert feierten unsere Landsleute im Banat Kirchweih. Nur eine weitere Heimatortsgemeinschaft, die HOG Uiwar, könne bereits auf sechzig Kirchweihfeste zurückblicken, so Leber. Im Namen des Bundesvorstands der Landsmannschaft der Banater Schwaben sprach er der HOG Sackelhausen seine Glückwünsche zu diesem Jubiläum, zu diesem beständigen Wirken aus und äußerte seine Zuversicht, dass diese Tradition weitergeführt wird.
Mit einem Trauermarsch ging es unter den Klängen der Original Donauschwäbischen Blaskapelle Reutlingen zum Sackelhausener Denkmal, der Stätte, an der Pfarrer Zillich mit der Festgemeinde für alle Verstorbenen betete. Im Gedenken an alle Verstorbenen der beiden Weltkriege, an die Verstorbenen in der alten Heimat, in der neuen Heimat und in der ganzen Welt legten die Sechzigjährigen einen Kranz nieder, während die Kapelle das Lied „Ich hatt’ einen Kameraden“ spielte.
Ab 17 Uhr erwartete die Besucher in der Wittumhalle eine Fotoausstellung „Sackelhausener Kirchweih im Laufe der Zeit“, die viele Blicke auf sich zog. Vor diesen Fotos wurden rege Gespräche geführt, da sie bei vielen Besuchern Erinnerungen an die Anfangsjahre hier in Deutschland wachriefen. Draußen vor der Wittumhalle und im Hof bewunderte man schon Trachtenpaare, die, wie früher im Hof der Vortänzerin, vor der Halle tanzten. Bei diesem Jubiläumskirchweihfest sollte es noch einige Überraschungen geben. Das Vortänzerpaar Dorothea und Richard Wetzler, die Nachtänzerpaare Hedwig und Hans Pless sowie Martina Volpe und Erich Buchmann hatten sich rechtzeitig Gedanken gemacht und den Vorsitzenden Nikolaus Fuhry über die Pläne informiert. So marschierten die Trachtenpaare um die Wittumhalle ähnlich wie in Sacklas vom Vortänzer zur Vortänzerin und von dieser zum Fass, bevor sie dann mit strahlenden Gesichtern in die Halle einmarschierten und mit stehendem und herzlichem Applaus empfangen wurden. Nicht nur die Mädchen und Frauen mit ihrer farbenprächtigen Kerweihtracht, sondern auch die Jungen und Männer mit ihren geschmückten Hüten waren eine Augenweide. So mancher wischte eine Träne weg und bekam eine Gänsehaut, erinnerte man sich doch an die Zeit, als man selbst zu diesen Paaren gehörte.
In der Wittumhalle begrüßte der Vorsitzende Nikolaus Fuhry die Kerweihpaare, die Sacklaser Landsleute und alle Anwesenden zu diesem 60. Kirchweihfest und blickte auf die vergangenen Feste zurück. Die erste Kerweih der HOG fand in der Bahnhofsgaststätte in Kirchentellinsfurt statt. „Es war ein Treffen zum Erzählen und Tanzen, wahrscheinlich war auch etwas Wehmut und Heimweh dabei“, so Fuhry. Es sei ein langer Weg gewesen von der Gaststätte in Kirchentellinsfurt über Wannweil, Betzingen, Eningen, die Listhalle in Reutlingen in die Wittumhalle in Rommelsbach. „Bei all diesen Festen kamen 1991 die meisten Gäste, 1100 an der Zahl, in die Listhalle nach Reutlingen. Dieses Jahr wirken 29 Trachtenpaare mit, darunter zehn Trachtenpaare der Tanzgruppen des Kreisverbandes Reutlingen und Singen, außerdem neun Kindertrachtenpaare“, so Fuhry weiter. Er betonte, dass im Mittelpunkt einer jeden Kirchweih das Vortänzer- und die Nachtänzerpaare standen. Der HOG-Vorsitzende bedankte sich bei dem Jahrgang 1956 mit ihrem Sprecher Ewald Stock und bei allen, die dazu beigetragen haben, dieses Kirchweihfest zu gestalten, und begrüßte die zahlreichen Ehrengäste, die der Einladung zu diesem Jubiläumskirchweihfest gefolgt waren, darunter
Peter-Dietmar Leber, Bundesvorsitzender der Landsmannschaft der Banater Schwaben, Christine Neu, stellvertretende Bundesvorsitzende der Landsmannschaft der Banater Schwaben, Josef Prunkl, Vorsitzender des Landesverbandes Baden-Württemberg, Siegfried Thumm, Bezirksbürgermeister von Rommelsbach, Thomas Keck, Bezirksbürgermeister von Betzingen, Dr. Alfred Zawadzky, Vorsitzender der HOG Temeschburg, Michael Koppi, Ehrenvorsitzender der HOG Sackelhausen, mit Ehefrau, Norbert Merkle, Vorsitzender des Stadtverbandes der Donauschwaben Reutlingen, Mathias Possler mit Ehefrau, Margaretha Mayer, Katharina und Franz Willjung, Katharina und Michael Schuller sowie den Chor und die Donauschwäbische Blaskapelle. Einen besonderen Gruß sprach er den Jahrgängen 1941, 1946, 1951 und 1956 aus, die ihr Jubiläum am Vortag feierten. Wie in der alten Heimat wurden
alle Ehrengäste von der Vortänzerin und einem Kindertrachtenpaar durch Überreichen einer mit einem Rosmarinzweig geschmückten Quitte symbolisch zum Kirchweihfest eingeladen.
Der Vorsitzende des Landesverbandes Baden-Württemberg der Landsmannschaft der Banater Schwaben, Josef Prunkl, gratulierte im Namen des Landesvorstandes zum 60. Jubiläum und beglückwünschte die Sackelhausener Landsleute zu ihrem großartigen Wirken im Rahmen der Heimatortsgemeinschaft. Die Erinnerung an die verlorene Heimat könne nur erhalten werden, wenn sie intensiv gepflegt würde. Der HOG Sackelhausen sei es gelungen, die Tradition und Kultur der Banater Schwaben zu bewahren und sich trotzdem in der neuen Heimat zu integrieren. Er wünschte der HOG für die Zukunft weiterhin alles Gute, angenehme, erinnerungsträchtige Gespräche, gute Unterhaltung und ein schönes Jubiläumsfest.
Der Bezirksbürgermeister von Rommelsbach, Siegfried Thumm, überbrachte herzliche Grüße der Oberbürgermeisterin der Stadt Reutlingen, Barbara Bosch, die an dem Fest nicht teilnehmen konnte. Das russische Sprichwort: „Die ursprüngliche Heimat ist eine Mutter, die zweite eine Stiefmutter“ beschreibe ziemlich gut die Gefühle, die die Anwesenden an diesem Fest bewege, so Thumm. Er wünschte allen einen schönen und unterhaltsamen Abend in Rommelsbach.
Wie jedes Jahr nach alter Tradition begrüßte der Vortänzer die Gäste. „Ich begrieße eich liewe Leit en Reitlinge, of dr Sacklaser Kerweih. / Kerweih es, des is doch klor, es allerschenschte Fescht em Johr. Schwowisch senge, schwowisch rede, han mer geleert schon en dr Wieh, / on ich kann mei Kopp verwette, sei Mottersproch vergesst mer nie. Drom liewe Leit und liewe Gescht, losst uns feire onser scheenes Kerweihfescht. Buwe, was han mer heit!“
Danach sang der Chor, begleitet von der Blaskapelle, die Lieder „Wo’s Dörflein traut zu Ende geht“ und „Mei Heemat“, die von allen kräftig mitgesungen wurden. Nach alter Tradition, aber zum ersten Mal in Deutschland, wurde nach dem Vortanz der Tellertanz getanzt, bei dem der Kerweihvater Walter Hedrich seines Amtes waltete. Sein Bruder Franz, der in Sacklas viele Jahre Kerweihvater war, wäre sicher stolz gewesen, hätte er diesen Tag noch erlebt. Waldemar Koller stand Walter als Helfer zur Seite. Zum ersten Mal in Deutschland wurden auch „Hut und Halstuch“ nicht versteigert, sondern an den Dirigenten der Blaskapelle und seine Frau verschenkt, zumal die Blaskapelle bei allen Festen für beste Unterhaltung sorgt. Der Kirchweihstrauß wurde dem Ehepaar Hedi und Hans Pless überreicht, als Dank für ihre langjährige Mitarbeit in unserer Gemeinschaft. Hedi pflegt seit Jahren die Trachten, eine Arbeit, die viel Herzblut erfordert.
Die Kindertrachtenpaare, mit Begeisterung dabei, führten einen Tanz vor, einstudiert von Liliana Bugarin. Sie ernteten großen Beifall für ihre Darbietung. Ebenso die Erwachsenentanzgruppe, die ihr Können ebenfalls unter Beweis stellte. Bevor die Trachtenpaare einen Ausmarsch erhielten, bedankte sich der HOG-Vorsitzende nochmals bei allen, die zum guten Gelingen beigetragen haben. Danach folgte Kirchweihtanz für alle. Getanzt wurde bis in die späte Nacht bzw. in den frühen Morgen und oft musste die Kapelle eine Zugabe spielen. Viele lebhafte Gespräche wurden geführt, trafen sich doch Bekannte, Nachbarn, Verwandte, die sich zum Teil schon lange nicht gesehen hatten.
Wir hoffen, dass im nächsten Jahr auch wieder viele Trachtenpaare dabei sein werden, um die Kerweih auszugraben, die sie am 25. September nach alter Tradition „begraben“ haben. Danke allen, die an diesem Jubiläumsfest teilgenommen haben, für die kein Weg zu weit und keine Mühe zu groß war, um dabei zu sein.