Im nunmehr sich dem Ende zuneigenden Jahr gab es neben den vielen aufrüttelnden politischen Ereignissen auch zumindest ein kirchliches Highlight von herausragender Bedeutung für die Temeswarer Diözese und uns Banater Schwaben. Es ist, wie man sicher schon vermutet, die Einweihung bzw. Wiedereröffnung der Basilika Unserer Lieben Frau, der Mutter der Gnaden von Maria Radna und des dazugehörigen Klosterkomplexes. Viele, die dabei gewesen sind, haben von ihren tiefgehenden Gefühlen der Dankbarkeit und Freude berichtet, Augenzeugen dieses historischen Ereignisses gewesen zu sein. Das Überschreiten der Schwelle der im neuen Glanz erstrahlenden Gnadenkirche ging allen unter die Haut. Man hat es fast nicht mehr glauben wollen, dass solch ein großes und dringend notwendiges Projekt möglich sein wird. Aber nicht zuletzt auch durch die Opfer, Gebete und Spenden vieler Gläubigen wurde es Wirklichkeit und erfüllt uns nun mit großem Stolz. Wohl niemand wird widersprechen, dass Maria Radna, neben der Hohen Domkirche, das religiöse Herz des Banats ist, und damit auch bis heute im Denken und Fühlen vieler von uns einen herausragenden Platz einnimmt. Der Banater Schwabe ist nämlich ohne seine kindliche Verehrung der Gottesmutter, das heißt seinem zutiefst marianischen Herzschlag nicht zu verstehen.
Das muss vorausgeschickt werden, jetzt, da wir uns anschicken das Geburtsfest unseres Erlösers zu feiern, denn im Hinblick auf Weihnachten sind Maria und Jesus nicht voneinander zu trennen. Und ich wage zu behaupten, so wie die Menschwerdung des Erlösers Himmel und Erde versöhnt hat, so hat die Wiederherstellung von Maria Radna auch die Banater Schwaben mit ihrem nicht immer einfachen Schicksal etwas mehr versöhnt. Keiner von uns kann ehrlicherweise behaupten, dass die Aussiedlung bei ihm keine seelischen Spuren hinterlassen und er somit keine Versöhnung mit seinem Schicksal nötig hätte. Genau das Gegenteil ist der Fall. So wie das Ja Mariens eine Tür für Gott in unsere Welt aufgestoßen hat, so hat das Ja zur Renovierung von Maria Radna eine Tür zur Versöhnung mit unserem Schicksal geöffnet. Ich meine damit, dass die Wunden, welche das kommunistische Regime unserer Volksgruppe geschlagen hat, nun besser heilen werden, dass wir einen tieferen Frieden für unsere Herzen finden werden, wenn wir es zulassen. Denn die Mutter der Gnaden, der Christen Hort, ist ein Fixpunkt der Heilsgeschichte und damit der Geschichte jedes Menschen, besonders derer, die sie als ihre Mutter verehren. Sie will mit ihrem barmherzigen Blick das Elend der Menschen wenden. Sie will uns allesamt zu Jesus, ihrem Sohn führen, damit Er uns befreie von allem, was uns belastet und bedrängt.
Ja, das Highlight der geglückten Renovierung beziehungsweise des Erwachens unseres großen banatschwäbischen und multiethnischen Wallfahrtsortes aus seinem Dornröschenschlaf, der so viel Freud und Leid unserer Vorfahren und auch von uns selbst gesehen hat, bewirkt ein stilles, aber umso eindrucksvolleres, weil andauerndes Wunder göttlicher Gnade. Christus wird auf eine neue Weise in uns geboren! So will es Maria bei jedem bewirken, der zu ihr kommt, um sich ihrer mütterlichen Fürsprache anzuvertrauen. So sollen auch wir es zulassen, in diesem nun anbrechenden Jahr der Barmherzigkeit, das der Heilige Vater, Papst Franziskus, für die Zeit vom 8. Dezember 2015 bis zum 20. November 2016 ausgerufen hat. Ein kirchliches Großereignis, aber kein Event, das von einer starken Symbolik getragen wird: der Öffnung der Heiligen Pforte im Petersdom zu Rom und nach dem ausdrücklichen Willen des Papstes in allen Kathedralen und Heiligtümern der ganzen Welt. Somit wird die Kirche neu und besonders schön als die „Catholica“, die Allumfassende erlebt, wie wir sie Sonntag für Sonntag im Credo der Messe bekennen. Ein Leuchtfeuer zum Frieden für die Nationen unserer Erde, die in Krieg, Hass und unsäglichem Terror schier unterzugehen drohen. Dieses Heilige Jahr darf für die Gläubigen nichts Abstraktes bleiben, das uns nur am Rande betrifft, sondern Barmherzigkeit ist immer auch eine erfahrbare Größe im Sinne von: Du bist von Gott angenommen und geliebt, so wie Du bist. Das, was wir jetzt im Advent singen, „Macht hoch die Tür, die Tor macht weit, eu’r Herz zum Tempel zubereit’“, ist genau das, was die Heilige Pforte meint. Gott will durch uns zur Welt kommen, Seine Frohe Botschaft der Vergebung, der Liebe und des Friedens soll so zu allen Menschenkindern gelangen, die dadurch erfahren, dass die Schwelle zu Gottes Reich eigentlich näher ist als jemals gedacht: Sie liegt im eigenen Herzen! Jedes Herz kann so zur Heiligen Pforte werden.
Mit dem Heiligen Vater will ich meinen Landsleuten, den Jungen und Alten, den Armen und Reichen, den Einfältigen und Weisen zurufen: Nur Mut! Gehen wir durch diese Tür, damit wir IHM begegnen, der niemals müde wird uns zu vergeben, nie müde wird uns zu erwarten, der uns auf halbem Weg schon entgegenkommt! Allen wünsche ich in diesem Sinne ein frohes, gesegnetes und gnadenreiches Christfest!