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Das Fest der Feste in Billed

Mit Kranzniederlegungen, im Gebet und Gesang, gedachten die Billeder auf den beiden Friedhöfen der Gemeinde ihrer Toten. Das Bild zeigt die berührende Gedenkfeier auf dem Sauerländer Friedhof.

Nach einer ökumenischen Andacht fand in der katholischen Kirche ein Festkonzert statt, an dem das Streichquartett „Con anima“, der orthodoxe Mädchenchor (im Bild) sowie Melitta und Dietmar Giel mitwirkten.

Anlässlich des Dorfjubiläums wurde im Billeder Heimathaus eine Dauerausstellung eröffnet, die anhand von Bild- und Textpräsentationen sowie gegenständlichen Exponaten die Entwicklung der Gemeinde darstellt. Fotos: Cornel Simionescu-Gruber

Adam Csonti fand, dass es wahrscheinlich das größte Fest war, welches die Billeder erlebten. „Ein dreitägiges Fest mit Dutzenden Jugendlichen in banatschwäbischen Trachten, mit echter Blasmusik, die die alte und neue Bewohnerschaft der Gemeinde gemeinsam in festliche Stimmung brachte, im Gleichklang veranstaltet von der Kommunalverwaltung, dem Demokratischen Forum der Deutschen in Billed und der HOG Billed aus Deutschland“, schrieb Balthasar Waitz in der „Banater Zeitung“.
1765 unter Maria Theresia angesiedelt, hat Billed Höhen und Tiefen erlebt in seiner 250-jährigen Existenz. Es war Musterdorf von Anfang an und blieb es auch in kommunistischer Zeit. Das 1990 unter Adam Csonti gegründete Ortsforum gehört seit Jahren dank seiner regen Gemeinschaftstätigkeit, seiner Sozialstation mit Küche, dem modernen Heimathaus, den Kulturveranstaltungen, der vorbildhaften Friedhofspflege zu den Musterforen im Banat.

Dem dreitägigen Fest gingen langwierige Vorbereitungen voraus: bauliche Veränderungen an der Heimatstube, das Sammeln, Reinigen und Gruppieren der Ausstellungsobjekte, das Anfertigen der ausdrucksstarken Fotos, ihre zweisprachige Beschriftung, das Erstellen einer Billed-Geschichte und einer Geschichte des historischen „Kastells“, die gutdurchdachte, bebilderte Einladungsbroschüre mit Programmablauf des Festes usw.

Die per Bus angereisten Trachtenpaare, Musiker und Mithelfer aus Deutschland trafen schon Mittwoch in Billed ein. Sie wurden hier gut bewirtet, bevor sie in den Temeswarer Hotels Central und Timişoara untergebracht wurden. Hier gab es Stadtbesichtigungen und kulinarische Genüsse. Trotz großer Hitze unternahmen die meisten am Donnerstag eine Fahrt nach Maria Radna, um sich ein Bild von der Außenrenovierung der Wallfahrtskirche und des ehemaligen Klosters zu machen. Was sie hier zu sehen und von Pfarrer Andreas Reinholz zu hören bekamen, hat alle tief beeindruckt. Von Radna ging es weiter nach Paulisch, wo ein Weingut besichtigt wurde und der Tag bei einem gelungenen Gulasch-Abend mit Weinprobe ausklang. Am Freitag, dem 28. August, stand die Besichtigung des Stefan-Jäger-Gedenkhauses in Hatzfeld und des Lenau-Museums in Lenauheim mit seiner Trachtenpuppen-Sammlung auf dem Programm.

Am Nachmittag wurden die Ahnengräber besucht, zuerst auf dem Neugässer und dann auf dem Sauerländer Friedhof. Auf beiden Friedhöfen zog die Prozession – voraus die Tanzgruppe – vom Eingang zum Trauermarsch der Blasmusik zum Hauptkreuz, wo Kränze niedergelegt, Gebete gesprochen, Gedichte vorgetragen und Chorlieder gesungen wurden. Berührende Reden hielten auf dem Neugässer Friedhof Heide Müller, auf dem Sauerländer Friedhof Werner Gilde. Beide Friedhöfe sehen gehegt und gepflegt aus, viele Grabsteine sind von Moos und Schmutz gereinigt, so als hätten auch unsere Vorfahren Festtagskleid angelegt. Es wäre schön, wenn auch andere Nachfahren – selbst oder vermittels anderer – diesem Beispiel folgen würden.

Im Anschluss an den Friedhofsbesuch fand in der katholischen Kirche eine gutbesuchte ökumenische Andacht statt mit Dorfpfarrer Bonaventura Dumea, Heimatpriester Marius Frantescu – ein Sohn Billeds – und dem orthodoxen Popen Marius Ruscu. Sehr beeindruckend war das anschließende Festkonzert. Die Gesänge des orthodoxen Mädchenchors unter der Leitung von Dana Ruscu, die Gesangsdarbietung von Melitta und Dietmar Giel wie auch die Instrumentalstücke, dargeboten vom Streichquartett „Con anima“ der Musikfakultät Temeswar unter der Leitung von Dr. Johann Fernbach, entlockten den andächtig Zuhörenden stürmischen Applaus – etwas ungewohnt in der Billeder Kirche. Was hier geboten wurde, war ein musikalischer Genuss. Der Kirchenbesuch und das Konzert waren für viele ein Höhepunkt der Feier. Der Grill-Abend brachte Stärkung, Unterhaltung, Tanz, Wiedersehensfreude. Und es wurde wieder spät.

Natürlich hatte das Fest auch eine sportliche Seite: Das Handballturnier um den Pipatsch-Pokal, an dem sechs Mannschaften teilnahmen, gewann nach zähen Kämpfen Voinţa II Biled. Zu vermerken ist auch die Anwesenheit einer Abordnung der Freiwilligen Feuerwehr Kraichgau, Abteilung Menzingen, in Billed. Die sechs Feuerwehrleute wurden von Bürgermeister Cristian David mit Brot und Salz empfangen und trugen sich ins Goldene Buch der Gemeinde ein. Im angrenzenden Feuerwehrhaus erfolgte sodann die feierliche Übergabe der gespendeten Ausrüstungsgegenstände und der dringend benötigten Funkgeräte. Nach Danksagung und dem Wunsch nach einer noch engeren Zusammenarbeit wurde das neueingerichtete Feuerwehrmuseum besichtigt und anschließend der Pensionistenklub, der mit einer rumänischen Spinnstube und Gesang aufwartete.

Als weiterer Höhepunkt des Geburtstagsfestes ist die feierliche Eröffnung der Heimatstube im Forumshaus einzustufen, wo es nun, neben der Sozialstation und den Gästezimmern, auch ein Dorfmuseum gibt, das anhand von Exponaten und Bildern das alte Billed wieder aufleben lässt. Einführende Worte zur Eröffnung sprach der Ehrenvorsitzende der HOG Billed, Peter Krier, der auf die Einzigartigkeit der Heimatstube verwies und den großen Aufwand würdigte, der zur Verwirklichung dieses Projekts notwendig war. Im Parterre wird eine umfangreiche Fotodokumentation präsentiert. Das Bildmaterial aus den verschiedensten Zeiten und Bereichen wurde von Hans Rothgerber anschaulich gestaltet.  Im Obergeschoss werden Möbel, Gebrauchsgegenstände, Arbeitsgeräte und vieles andere mehr gezeigt. Die Exponate sind nach Bereichen geordnet, zum Teil auch beschriftet. In einem Ordner liegt eine zweisprachige Liste der ausgestellten Objekte vor und am Eingang sind die Spender in einer Liste vermerkt. Außerdem liegt ein Dorfplan vor sowie historisches Dokumentationsmaterial über das Banat, die Gemeinde Billed und das vor dem totalen Ruin gerettete Kastell. Erstellt wurde das Material von Hans Martini.

Das Trachtenpaar auf dem frisch gestrichenen Bauernwagen vor dem Eingang zur Heimatstube wirkt authentisch: sie mit „Schurak“ und hochgestecktem Zopf, er mit silbernen „Leiwlsknepp“ und Hut. Es lädt geradezu zur Besichtigung ein.

Die Bilddokumentation wird auf Stellwänden präsentiert und ist chronologisch angeordnet, angefangen von der Ansiedlung 1765. Zu sehen sind hier Porträts von Prinz Eugen, Graf Mercy und Maria Theresia, die Aussiedlungsgebiete, der Weg auf der Donau ins Banat, die ersten Häuser, Dorf- und Flurpläne usw. Sehr anschaulich dargestellt wird das Arbeitsleben der Billeder im Laufe der Zeit, wobei vor allem die Funktion der Agrarwirtschaft hervorgehoben wird. Kirche und Schule werden in ihrer Bedeutung und Entwicklung gezeigt, ebenso wird das Gemeinschafts- und Vereinsleben dargestellt und in diesem Zusammenhang auf die Rolle der Feste und Feiern (Kirchweih, verschiedene Bälle usw.) verwiesen. Beachtung findet natürlich auch die Musik, angefangen von den berühmten Knaben-Kapellen bis in die heutige Zeit.

Im Mittelteil der Bildpräsentation wird auf den Prozess der Selbstbewusstwerdung der Banater Schwaben nach dem Ersten Weltkrieg hingewiesen, ebenso auf die Wirren des Zweiten Weltkrieges und seine katastrophalen Auswirkungen: die Verschleppung in die Sowjetunion 1945 und in die Bărăgan-Steppe 1951. Die Fotoausstellung veranschaulicht in ihrem letzten Teil die Ceauşescu-Ära mit Überlebensstrategien, Freikauf von staatlicher und privater Seite. Zudem werden auch die Sport- und Chortätigkeit, das Wirken der freiwilligen Feuerwehr, der Hanf- und Tabakanbau und viele andere Aspekte berücksichtigt.

Die Besucher, mit zusätzlichen Erläuterungen durch die Ausstellungsmacher versorgt, waren von dem Gesehenen und Gehörten beeindruckt. Der eine freute sich darüber, Bekanntes und Vertrautes entdeckt zu haben, der andere fragte nach, weil ihm manches unbekannt war. Übereinstimmend gab es Lob für Hans Rothgerber, den Gestalter der Fotoausstellung, und für alle, die zum Zustandekommen des kleinen Heimatmuseums beigetragen und mitgeholfen haben. Viele versprachen wiederzukommen, um sich gründlicher über die Geschichte Billeds zu informieren, die vorläufig nur in rumänischer Sprache als Lesematerial vorliegt, aber bald auch in Deutsch zu lesen sein wird, ebenso wie die Geschichte des Kastells, beide von Hans Martini erarbeitet.