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50. Landestrachtenfest und 20. Volkstanzfestival in Göppingen (Teil 2)

Feierlicher Empfang der Ehrengäste in der Göppinger Stadthalle (von links): Landesvorsitzender Josef Prunkl, Ministerialdirektor Dr. Herbert O. Zinell, Landesinnenminister a.D. Frieder Birzele mit Gemahlin. Foto: Cornel Simionescu-Gruber

Vor der Göppinger Stadthalle stellten sich die Trachtengruppen aus Esslingen, Göppingen, Karlsruhe, Reutlingen, Rheinstetten und Singen einem Gruppenfoto. Foto: Banater Knipser Reutlingen

Ministerialdirektor Dr. Herbert O. Zinell überbrachte die Grüße der badenwürttembergischen Landesregierung und des Innenministers Reinhold Gall. Die „Original Banater Schwabenkapelle“ umrahmte die Veranstaltung musikalisch. Foto: Banater Knipser Reutlingen

Nach dem Empfang im Göppinger Rathaus, dem gemeinsamen Auftritt der Trachtengruppen auf dem Marktplatz und dem Festzug zur Stadthalle fand die Veranstaltung dort ihre Fortsetzung. Nachdem die Trachtenträger mit den Ehrengästen vor der Halle zum Gruppenfoto angetreten waren, marschierten sie um 19 Uhr in den Saal ein. Zur Eröffnung des Landestrachtenfestes begrüßte Landesvorsitzender Josef Prunkl die Ehrengäste: Ministerialdirektor Dr. Herbert O. Zinell, Amtschef im Innenministerium des Landes Baden-Württemberg und Vertreter des Innenministers Reinhold Gall, Guido Till, Oberbürgermeister der Stadt Göppingen, Dr. Christiane Meis, Leitende Ministerialrätin im Stuttgarter Innenministerium, Frieder Birzele, Innenminister a. D. mit Gemahlin, die Bundestagsabgeordnete Heike Baehrens, die Landtagsabgeordnete Jutta Schiller, Willi Schwaak, Leiter der Hauptverwaltung der Stadt Göppingen, sowie Stadtrat Wolfgang Mayer. Seitens des Bundes der Vertriebenen wurden Albert Reich, Kulturreferent des Landesverbandes Baden-Württemberg, und die Göppinger Kreisvorsitzende Marianne Bayreuther willkommen geheißen. Begrüßt wurden auch die Vertreter befreundeter Landsmannschaften, darunter der neugewählte Vorsitzende der Landesgruppe Baden-Württemberg des Verbandes der Siebenbürger Sachsen, Michael Konnerth, sowie die Vertreter der Landsmannschaft der Banater Schwaben: Christine Neu, stellvertretende Bundesvorsitzende, Richard Jäger, stellvertretender Landesvorsitzender, die anwesenden Vorsitzenden der Kreisverbände und Heimatortsgemeinschaften.

Man müsse um die Zukunft des Banater Brauchtums nicht bangen, betonte Prunkl in seiner Begrüßung und zitierte einer der größten Denker unserer Zeit, den deutschen Philosophen Peter Sloterdijk. Dieser bedauere das Schwinden der Bewahrer von Brauchtum und Tradition und bemängele den sprunghaften Anstieg derer, die nach dem Bonmot der Madame Pompadour handelten: „Nach uns die Sintflut.“ Es gebe aber auch nicht wenige, die immer wieder betonten: „Gebt Euren Kindern unsere Sitten mit auf den Lebensweg.“ Wenn man in den Saal schaue und die große Anzahl von Kindern und Jugendlichen in Tracht sehe, dann könne man zuversichtlich in die Zukunft blicken, so Prunkl. Er verwies auch auf die Ausstellung im Foyer, die den geglückten Versuch unternehme, vieles aus den fünfzig Auflagen des Landestrachtenfestes wieder in Erinnerung zu rufen. Die vom Kreisverband Göppingen zusammengestellte Fotoausstellung belege eindrucksvoll die Bedeutung und den hohen Stellenwert dieser traditionsreichen Veranstaltung, was seinen Ausdruck auch in der langen Liste von prominenten Politikern finde, die im Laufe der Jahre als Festredner beim Schwabenball aufgetreten sind (Hans-Dietrich Genscher, Klaus Kinkel, Erwin  Teufel und viele andere).

Nach dem Grußwort des Schirmherrn, Göppingens Oberbürgermeister Guido Till, und der Ansprache von Ministerialdirektor Dr. Herbert O. Zinell wurde die von der „Original Banater Schwabenkapelle“ musikalisch begleitete Veranstaltung von der Brauchtumsbeauftragten Theresia Teichert mit den Worten eröffnet: „Was uns verbindet, ist die Banater Herkunft und die Zugehörigkeit zur Gemeinschaft der Banater Schwaben in Deutschland. Nur wer seine Wurzeln kennt, kann auch wachsen.“ „Unsere Aufgabe ist es, unser Brauchtum, unsere Tänze, unsere Traditionen zu bewahren, zu pflegen und weiterzugeben“, sagte Teichert weiter. Dadurch erfahre auch die Kulturlandschaft unserer neuen Heimat eine wesentliche Bereicherung.

In diesem Wissen komme dem Volkstanzfestival eine besondere Bedeutung zu. Einerseits präsentierten sich hier die Trachtengruppen als eine Einheit, man sei untereinander befreundet, tausche sich aus und treffe sich regelmäßig bei den unterschiedlichsten Veranstaltungen. Auftritte in der Öffentlichkeit wie dieser, könnten nur gemeinsam gemeistert werden. Andererseits habe jede Gruppe ihre eigene Individualität, und das mache das Volkstanzfestival immer zu einem spannenden Erlebnis. Teichert dankte den Kreisverbänden, die in den vergangenen zwanzig Jahren Gastgeber des Festivals waren, wie auch allen im Laufe der Zeit mitwirkenden Trachtengruppen. Das Volkstanzfestival trüge unverkennbar deren Handschrift.

Die Moderation übernahmen sodann Melanie Müller von der Tanzgruppe Karlsruhe und Susanne Ray von der Tanzgruppe Singen. Im Namen des Landesverbandes Baden-Württemberg und des Kreisverbandes Göppingen begrüßten sie die Gäste des 50. Landestrachtenfestes und des 20. Volkstanzfestivals der Trachtengruppen aus Baden- Württemberg. Passend zum Jubiläum ließ die Blaskapelle die Polka „Wenn man 50 wird“ von Silvester Herzog in einer Bearbeitung von Richard Hummel erklingen. Die 1983 unter der Leitung von Horst Stromer gegründete „Original Banater Schwabenkapelle“ spielte schon zum 16. Mal in Folge beim Landestrachtenfest auf. Glücklicher Zufall oder auch Absicht habe die meisten Ulmbacher Musikanten nach ihrer Ausreise aus dem Banat im Raum Göppingen wieder zusammengeführt, erläuterten die Moderatorinnen. Die Kapelle, die im  September 2013 ihr 30-jähriges Bestehen feierte, führe die bis 1890 zurückreichende Ulmbacher Blasmusiktradition erfolgreich fort und habe mittlerweile einen festen Platz im Kulturleben der Banater Schwaben und der Kulturlandschaft der Bundesrepublik.

Den Reigen der Auftritte eröffneten mit der Erdbeergruppe aus Karlsruhe die Kleinsten. Die 2001 im Rahmen der Banater Trachtengruppe Karlsruhe gegründete und von Helga Ebner und Angela Schmidt geleitete Gruppe tanzte die Kitty-Polka. Dabei erhielt sie Verstärkung von der Esslinger Kindertanzgruppe. Die Choreografie stammte von Elwine Muth und Dagmar Österreicher. Die Kinder konnten das Publikum von ihrer Begeisterung und ihrem Können überzeugen und ernteten für ihre Vorführung viel Beifall.

Obwohl erst vor drei Jahren ins Leben gerufen, sind die „Banater Schwabenkinder“ dank zahlreicher Auftritte bekannt und als Tanzgruppe etabliert. Die aus drei Paaren bestehende und in Rheinstetten bei Karlsruhe beheimatete Gruppe steht unter der Schirmherrschaft der Heimatortsgemeinschaft Jahrmarkt. Tanzleiterin ist Dagmar Österreicher. Die „Banater Schwabenkinder“ zeigten eine Polka-Choreographie zu dem bekannten Stimmungslied tschechischen Ursprungs „Rosamunde“.

Neben der Erdbeergruppe sind im Kreisverband Karlsruhe zwei weitere Tanzgruppen aktiv: die seit 1993 bestehende Jugendtanzgruppe und die im Jahr 1996 gegründete Erwachsenentanzgruppe. Unter der Leitung von Heidi Müller und Werner Gilde kommt erstere wöchentlich zu Proben zusammen und stellt bis zu 20 Mal im Jahr ihr Können bei verschiedenen Veranstaltungen unter Beweis, so auch beim diesjährigen Volkstanzfestival. Für ihren Auftritt wählte die Jugendtanzgruppe die „Sommerglanzpolka“, ein bekanntes Stück, das von den meisten Blaskapellen im Banat gespielt wurde.

Es folgte sodann die Banater Brauchtums- und Volkstanzgruppe des Kreisverbandes Esslingen. Die Gruppe besteht seit 1988 und ist in Wendlingen am Neckar ansässig. Sie umfasst eine Kinder-, eine Jugend- und eine Erwachsenentanzgruppe. Die Gesamtleitung hat Renate Krispin inne, die seit Anbeginn diese Aufgabe mit großer Begeisterung wahrnimmt. Die Leitung der Kinder- und der Jugendgruppe wurde bereits in jüngere Hände gelegt: Renate Kris-pin und Ann-Kathrin Kobsa sind für die Kindergruppe zuständig, Anna Lehmann und Lukas Krispin leiten die Jugendgruppe. Die Erwachsenengruppe wird von Helga Schutz und Arnold Krispin angeleitet. Anzumerken ist noch, dass die wenigsten Kinder und Jugendlichen Banater Wurzeln haben, es sind eher die Gruppenangebote und die Freude am Tanzen, die sie zusammenbringen. In Göppingen präsentierte sich  die Jugendtanzgruppe mit der Polka „Fröhliche Jugend“. Das von Antonín Borovička komponierte Stück wurde von dem aus Neuarad stammenden Musiker Franz Watz arrangiert.

Seit mehr als 19 Jahren gibt es schon die Karlsruher Erwachsenentanzgruppe. Sie hat im Laufe ihres Bestehens unzählige Auftritte gemeistert und für ihre schönen Trachten und Tänze manchen Applaus geerntet. Die von Heidi Müller und Werner Gilde geleitete Formation präsentierte sich dem Göppinger
Publikum mit dem Walzer „Schöne Blume“.

Als nächste zeigte die Trachtengruppe des Kreisverbandes Singen-Konstanz ihr Können. Die von Hilde und Horst Redl geleitete Gruppe führte die Polka „Traumgold“ vor. Sie wurde 1988 gegründet und hat seither an vielen Veranstaltungen der Landsmannschaft mitgewirkt. Hinzu kommen Auftritte im Banat, in den USA und Kanada. Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene haben sich im Laufe der Jahre immer wieder zusammengefunden, um das überlieferte Brauchtum und den Volkstanz zu pflegen. Die Mitglieder stammen aus verschiedenen Ortschaften des Banats oder sind schon in Deutschland geboren, tragen aber alle die Großjetschaer Tracht. Neben der Gruppe der Jugendlichen und Erwachsenen mit derzeit zehn Paaren besteht eine Kindergruppe, die sechs Paare zählt und von Stefanie Timmler angeleitet wird.

Anschließend tanzte die Trachtengruppe des Kreisverbandes Reutlingen die „Plauderpolka“. Auf Initiative von Christine Neu wurde die Gruppe 2009 ins Leben gerufen. Die Paare kommen aus den verschiedensten Dörfern des Banats, und so vielfältig wie ihre Herkunft sind auch ihre Trachten. Dadurch ergibt sich bei den Auftritten ein vielfältiges, buntes Bild. Ihren ersten Auftritt absolvierte die von Christine Neu und Manfred Klotzbier geleitete Trachtengruppe am 27. Juni 2009, und diesem sollten noch viele weitere Auftritte folgen. Zusammen mit dem Kreisverband richtet sie alljährlich das Banater Kirchweihfest in Betzingen aus.

Zum Abschluss des Volkstanzfestivals präsentierten alle Gruppen gemeinsam die vier DBJT-Gemeinschaftstänze. Alle aktiven Teilnehmer wurden sodann auf die Tanzfläche gebeten. Als Zeichen des Dankes und der Anerkennung erhielt jede Trachtenträgerin eine Rose, während der Brauchtumsbeauftragten Theresia Teichert mit einem Blumenstrauß für ihr Engagement gedankt wurde. Daraufhin verabschiedete man sich bis zum nächsten Volkstanzfestival am 8. Oktober 2016 in Pforzheim.

Nun konnte der eigentliche Ball beginnen, der vom Göppinger Kreisvorsitzenden Manfred Jäger eröffnet wurde. Für Tanzmusik sorgte das Duo Daniel und Steffen, zwei musikalisch erfolgreiche Brüder aus Göppingen. Mit ihren stimmungsvollen Schlagern und volkstümlichen Liedern begeisterten sie das Publikum und vor allem die Tanzfreudigen unter den Gästen.