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Als die banatschwäbische Welt zerschlagen wurde

Dr. Franz Marschang präsentierte in Leimen einen vielbeachteten Vortrag über die jüngere Geschichte der Banater Schwaben. Foto: KV

„Als unsere Banater schwäbische Welt zerschlagen wurde“ war das Leitthema des Kulturnachmittages, zu dem der Kreisverband Rhein-Neckar-Heidelberg am 19. April nach Leimen eingeladen hatte. Als Einstieg in dieses spannende Thema zeigte der Kreisvorsitzende Josef Prunkl einen beeindruckenden Kurzfilm über Herkunft, Leben und Wirken der Banater Schwaben.

Der Großteil des Nachmittags war dann dem Vortrag von Dr. Franz Marschang gewidmet, der kurz die Vorkriegszeit und die Ereignisse während des Zweiten Weltkriegs und in aller Ausführlichkeit die Nachkriegsgeschehnisse gut dokumentiert darstellte. 1944/1945 – unsere schweren Schicksalsjahre – hatten die heute 70-Jährigen gerade das Licht der Welt erblickt und die heute 75-Jährigen seien zu jung gewesen, um die Tragweite der Ereignisse ermessen und nachhaltige Eindrücke aus der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen gewinnen zu können. Da aber laut Dr. Marschang die Tragik der Geschehnisse und die Schicksalsschläge, die die Banater Schwaben getroffen haben, nur vor diesem Hintergrund ermessen werden können, zog er zur Darstellung des Banats der Zwischenkriegszeit verschiedene Beschreibungen heran, unter anderem auch von Karl von Möller. Der gebürtige Wiener, der sich das Banat zur Wahlheimat auserkoren hatte und hier politisch sowie schriftstellerisch wirkte, schrieb zum Beispiel: „Durchwandert man ein Schwabendorf, so wird man beeindruckt von Größe und Weitläufigkeit. Fährst du von Dorf zu Dorf, dann durchtraben deine Pferde ein üppig fruchtendes Land. Wohin die Augen schweifen: wogende Weizenfelder, große Maistafeln, auch Weingärten; alles sorgfältig bestellt. Längs der größeren Straßen stehen wohl Baumreihen: Akazien, Pappeln, aber auch Maulbeerbäume.“ Für das Gesamtbild der Kulturlandschaft Banat scheint es entscheidend gewesen zu sein, dass die Banater Schwaben mit ihren Lebensformen und ihrer Arbeitsweise die Region nachhaltig geprägt haben.

Der Vortrag widerspiegelte beispielhaft das weitere Geschehen im Banat vor dem Hintergrund der Allianz zwischen Rumänien und dem Dritten Reich. Während der sogenannten Volksgruppen-Ära genossen zwar die Deutschen in Rumänien im Schul- und Kulturbereich eine wirksame gruppenrechtliche Autonomie, sie wurden aber gleichgeschaltet und in die Kriegspolitik Deutschlands hineingezogen. Infolge des Umsturzes vom 23. August 1944 galten sie alle über Nacht als potentielle Staatsfeinde. Der Kollektivschuld bezichtigt, verloren sie alle staatsbürgerlichen Rechte, wurden enteignet und diskriminiert. Im Januar 1945 folgte die Deportation der arbeitsfähigen Frauen und Männer in die Sowjetunion. Der Referent erwähnte auch die Pläne der neuen Staatsführung zur Säuberung Rumäniens vom deutschen Volkselement und ging auf die Auswirkungen des Gesetzes vom 8. Oktober 1944 ein, das die Auflösung der Deutschen Volksgruppe in Rumänien und die Beschlagnahmung ihres Eigentums verfügte. Dr. Marschang erläuterte im letzten Teil seines Vortrags mit dem Zwischentitel „Rechtlos, besitzlos und heimatlos“ sehr anschaulich die Lage der Banater Schwaben in den ersten Nachkriegsjahren. Das Agrarreformgesetz war, so Dr. Marschang, nur das Durchführungsgesetz für die bereits im Herbst 1944 erfolgte Entrechtung und Enteignung. Heute von Brückenschlag zu reden sei das eine, das damals Erlebte jedoch etwas ganz anderes, resümierte der Referent.

Der Kulturnachmittag, zu dem der Kreisvorsitzende viele Besucher aus der gesamten Kurpfalz begrüßen konnte, hat einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen. Der Vortrag von Dr. Franz Marschang war dank seiner Informationsdichte und der vielen, bisher zum Teil unbekannten Details sehr beeindruckend. Dafür sprechen wir dem Referenten auch auf diesem Wege unseren Dank aus. Durch den Einsatz der Trachtentanzgruppe und der Vorstandsmitglieder war für das leibliche Wohl der Gäste gut gesorgt.