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Eine Zeit mit vielen Tränen und Leid

Im Gedenken an die während der Russlanddeportation verstorbenen Landsleute legten Anna Bauer und Michael Butto einen Kranz am Denkmal auf dem Gelände des Banater Seniorenzentrums „Josef Nischbach“ in Ingolstadt nieder. Foto: Graf

Ingolstadt: Banater Schwaben gedenken der Russlanddeportation vor 70 Jahren

Am 12. Januar gedachten die Banater Schwaben aus Ingolstadt zusammen mit den Heimbewohnern im Nischbach-Haus der schlimmsten Zeit, die unsere Volksgruppe erleben musste, als vor genau 70 Jahren abertausende unserer Landsleute in die Sowjetunion verschleppt wurden, um dort „Wiederaufbauarbeit“ zu leisten. Als Deutsche sollten sie das wieder aufbauen, was die deutsche Wehrmacht während der Kriegshandlungen zerstört hatte.

Die Gedenkmesse zelebrierte, wie jedes Jahr, Monsignore Andreas Straub im Hildegardis-Saal. In bewegenden Worten erinnerte er in seiner Predigt an das Leid der Menschen und daran, dass nur ihr Glaube an Gott ihnen die Kraft gegeben habe, die schlimme, entbehrungsreiche Zeit in der Deportation zu überleben. Danach legten die Heimbewohner Anna Bauer und Michael Butto als ehemalige Verschleppte einen Kranz am Denkmal im Hof des Seniorenheims nieder. Gemeinsam mit den hier Versammelten betete Monsignore Straub für die während der Deportation Verstorbenen, und der Seniorenchor umrahmte die Feier mit den Liedern „Näher mein Gott zu dir“ und „Mensch, hast du ein Leid zu tragen“.

Unter den Ehrengästen der Gedenkfeier, die nach der Kaffee- und Kuchenrunde stattfand, befand sich der neue Vorsitzende des Hilfswerks der Banater Schwaben, Nikolaus Rennon. Der Ehrenvorsitzende des Hilfswerks, Peter Krier, erinnerte in seiner Gedenkansprache an die Leidenszeit der Verschleppten, die im Januar 1945, in Viehwaggons gepfercht, eine Fahrt ins Ungewisse antreten mussten, um dann, an den Verbannungsorten im südlichen Donezbecken und anderer Regionen Russlands, fünf „unendlich lange“, entbehrungsreiche Jahre hinter Stacheldraht zu verbringen. Viehwaggons und Stacheldraht stünden, so Krier, als Symbole für das 20. Jahrhundert, das nicht nur durch „revolutionäre technische und wissenschaftliche Fortschritte“ gekennzeichnet sei, sondern auch zwei Weltkriege, Flucht, Vertreibung und Deportation erlebt habe.

Peter Krier schilderte in eindringlichen Worten das Schicksal der Deportierten, die unter schwersten Bedingungen unter Tage, in Kohlengruben, in Stahlwerken, beim Transport oder auf Baustellen schuften mussten, unter bitterem Hunger und strenger Kälte litten, in primitiven Baracken hausten, von Läusen und Wanzen geplagt waren, Misshandlungen und Erniedrigungen erduldeten und zudem unter ständigem Heimweh litten. Es war eine Zeit „mit vielen Tränen und Leid“, die viele Deportierte nicht überlebten. Als die Verschleppten in die lange ersehnte Freiheit entlassen wurden, seien sie in ein Land zurückgekehrt, „das nicht mehr ihre Heimat war“: „Ihr Besitz war restlos enteignet, aus den Häusern schauten ihnen fremde Menschen entgegen, Familien waren getrennt, zerrüttet, viele Angehörige fehlten, waren gefallen, verstorben, geflüchtet, ausgezogen. Sie waren Geduldete in einer fremd gewordenen Heimat unter kommunistischer Diktatur.“

„Die Verschleppung hat uns alle betroffen, wir alle haben das Trauma angenommen, die Verschleppung gehört zum Weg unserer Volksgruppe“, betonte Krier. Deshalb dürfe dieser tiefe, schmerzhafte Einschnitt in unserer Geschichte nie vergessen werden, deshalb müsse öffentlich an diese Deportation erinnert werden „so lange wir leben und so lange es Menschen gibt, die sich als Banater Schwaben bekennen“. Krier forderte, „dass dieser Opfergang unserer Volksgruppe, dass die Betroffenen und die Toten endlich auch in Deutschland eine öffentliche moralische Anerkennung und Entschädigung erfahren“.

Abschließend sang der Banater Seniorenchor bekannte Lieder wie „Tief in Russland, bei Stalino“ oder „Heute in der Nacht bin ich aufgewacht und hab’ geweinet“. Dazwischen wurden besinnliche Texte vorgetragen, so auch von Elfriede Andor das Gedicht „An mein Kind“, das ihre Mutter, von Sehnsucht an die daheim zurückgelassene Tochter geplagt, während der Verschleppung geschrieben hatte.