Am 13. Januar dieses Jahres strahlte die ARD den international koproduzierten Dokumentarfilm „Deutsche gegen Devisen. Ein Geschäft im Kalten Krieg“ aus (unsere Zeitung berichtete). Für Buch und Regie zeichnet der bekannte Filmemacher Răzvan Georgescu verantwortlich. Die Recherche zu dem Filmprojekt „Geheimsache Kanal“ – so lautete der Deckname, unter dem der Freikauf der Rumäniendeutschen durch die deutsche Bundesregierung zwischen 1968 bis 1989 auf westdeutscher Seite lief – hatte die Robert Bosch Stiftung gefördert. Auf diese 45-minütige Dokumentation folgt nun ein weiterer aufwändiger, ebenfalls international koproduzierter Film von Răzvan Georgescu: „Ein Pass für Deutschland / Paşaport de Germania / Trading Germans“. Bei dieser eineinhalbstündigen Dokumentation (Produzent Alexandru
Solomon) handelt es sich um eine wesentlich erweiterte Version des ersten Films. An der Produktion beteiligt waren HiFilm Bukarest, Februar Film Berlin, HBO Europe, MDR (Mitteldeutscher Rundfunk), RBB (Rundfunk Berlin-Brandenburg) und TVR (Televiziunea Română).
Răzvan Georgescus neuer Streifen, künstlerisch sehr einfühlsam gestaltet, ist ein wertvolles Dokument zur Geschichte und den Hintergründen der Auswanderung der Deutschen aus Rumänien, nicht bloß dank der Aussagen der implizierten Hauptakteure und Betroffener, sondern auch der Nutzung von filmischem Archivmaterial. Dem Filmemacher ist es gelungen, die Protagonisten zusammenzubringen: den Neusser Rechtsanwalt Heinz Günther Hüsch, alleiniger Verhandlungsführer in Sachen Freikauf seitens der Bundesrepublik Deutschland von 1968 bis 1989, Hans-Dietrich Genscher, von 1969 bis 1974 Innenminister, danach 18 Jahre lang Außenminister und Vizekanzler, Klaus Kinkel, enger Mitarbeiter Genschers, Horst Teltschik, Vize-Kanzleramtschef unter Bundeskanzler Helmut Kohl. Vor die Kamera bekam er auch den zeitweiligen Securitate-Verhandlungsführer Stelian Octavian Andronic und den
Temeswarer Ex-Milizhauptmann Viorel Bucur, einen der ganz großen Schmiergeldkassierer. Bei den Deutschen, die zu Wort kommen, ist die Hälfte aus dem Banat, darunter die Handball-Legende Hans-Günther Schmidt und der Schrifsteller Johann Lippet.
Nachdem der Film „Ein Pass für Deutschland“ am 10. Oktober seine Rumänien-Premiere auf dem Internationalen Astra-Dokumentarfilm-Festival in Hermannstadt feierte, stehen weitere Vorführungstermine fest: am 12. November in Klausenburg, am 14. November in Temeswar im Rahmen des Dokumentarfilmworkshops Documentary Days (Große Aula der West-Universität, 19 Uhr), am 16. November in Reschitza, am 17. November im Temeswarer Adam-Müller-Guttenbrunn-Haus (16.30 Uhr), am 19. November in Kronstadt und am 21. November in Bukarest. Der Film wird am 27. November um 20 Uhr auch auf HBO Europe, einem in Rumänien verbreiteten Kabelfernsehsender ausgestrahlt. An der Präsentation des Filmes in Temeswar nimmt auch der Rundfunkjournalist Ernst Meinhard (Deutsche Welle, Berlin) als derjenige teil, der den Freikauf der Deutschen aus Rumänien zum Medienthema gemacht hat.
Der 1965 in Neumarkt / Târgu Mureș geborene Regisseur und Filmemacher Răzvan Georgescu wuchs in Temeswar auf, wo er die Lenauschule besuchte (Absolventenjahrgang 1984). 1989 schloss er ein Philologiestudium in Bukarest ab, ein Jahr später folgte er seiner Frau Christine in die Bundesrepublik Deutschland. Seither arbeitet er für verschiedene deutsche Sender. Einen Namen hat sich Răzvan Georgescu als Autor und Regisseur von Dokumentarfilmen für ARTE, ZDF und ARD gemacht. Zu seinen wichtigsten, mehrfach preisgekrönten Filmen zählen „Das Dekret 770 – Gebähren auf Befehl“ (2003) und „Testimony / LebensWende“ (2009). In dem international viel beachteten Film „LebensWende“ erforscht Georgescu, bei dem die Ärzte einen Gehirntumor diagnostizierten, zusammen mit prominenten Künstlern auf der ganzen Welt die Verbindung zwischen Kreativität und dem Schatten der eigenen Sterblichkeit. 2010 brachte er gemeinsam mit seiner Frau Tina das Buch „Die zärtliche Berührung. Biopsie einer Liebe“ heraus – ein fesselnder, emotionaler Dialog über die Liebe und den Tod. Răzvan Georgescu – er ist der Sohn des berühmten rumänischen Dirigenten Remus Georgescu – lebt in Hofheim im Taunus. Vater Georgescu hat für viele Filme seines Sohnes die Musik geschrieben, so auch für seinen neuesten Freikauf-Film „Ein Pass für Deutschland“.