Als Temeswar 2023 Kulturhauptstadt wurde, hatte die Kulturreferentin für den Donauraum am Donauschwäbischen Zentralmuseum die Idee, dieses Ereignis mit einem Operettenkonzert einzuläuten. Franz Metz kam mit seinem Lehár-Ensemble nach Ulm und zeigte vor zahlreich versammeltem Publikum musikalische Verbindungslinien nach Temeswar auf. „Warum gibt es sowas nicht öfter?“, fragten die Leute danach. Wieso eigentlich nicht? 2024 ist Bad Ischl gemeinsam mit dem Salzkammergut europäische Kulturhauptstadt. Eine Kurstadt, wo der kaiserliche Hof die Sommer verbrachte und wo alles einfand, was Rang und Namen hatte. Wo namhafte Musiker sich zu Konzerten ein Stelldichein gaben. Die Kulturreferentin für den Donauraum holte für das Projekt wieder das Ulmer Donaubüro und die Landsmannschaft der Banater Schwaben mit ins Boot. Was das mit dem Banat und den anderen südostdeutschen Regionen zu tun hat, erläuterte Kulturreferentin Swantje Volkmann in ihrem Grußwort: Reschitza, Steierdorf-Anina, Franzdorf, Weidenthal, Wolfsberg und Lindenfeld waren die wichtigsten Ansiedlungen der vornehmlich aus dem Salzkammergut und dem Böhmerwald stammenden Berg- und Forstleute. Durchaus legitim, die kakanischen Verflechtungen in den Vordergrund zu rücken. Zumal gerade die Musik immer über Regionen und Grenzen hinweg wirkte.
Dr. Franz Metz, ein wandelndes Lexikon der Musikgeschichte, willigte ein, Bad Ischl und seine musikalischen Verbindungslinien nach Südosteuropa in den Fokus eines Operettenkonzerts zu nehmen. „Musikalische Ischler“ wurden angekündigt – und wieder strömten die Besucher ins Donauschwäbische Museum. Eine Stunde vor Beginn war kaum noch ein Platz frei.
Mit „Grüß euch Gott, alle miteinander“ wurde das Publikum von den vier Musikern begrüßt. Der Orzidorfer Wilfried Michl Senior (Bariton) und sein Neffe Wilfried Michl Junior (Tenor) gehören schon seit Jahren zum Ensemble von Franz Metz. Neu sind in dieser Saison die beiden Frauen: Karolina Plicková (Sopran) und Eva Maria Wagner (Geige). Kakanisch international die Verflechtungen – wie in Bad Ischl seinerzeit auch: Karolina Plicková kommt aus Böhmen, „wo die Musik herkommt“, wie Metz sie scherzhaft vorstellte. Eva Maria Wagner kommt aus Bayern und war an der Münchner Musikschule Schülerin des aus dem Banat stammenden Geigenlehrers Karl Agatsy. Als Studentin in Wien ist sie Kakanien und damit auch Bad Ischl nun ein Stück näher gekommen.
Nach bewährtem Muster präsentierten die Musiker in wechselnden Konstellationen mit der Klavierbegleitung von Franz Metz Bekanntes und weniger Bekanntes aus dem Operettenrepertoire. Von Kálmán bis Lehár, über Ziehrer, Robert Stolz und Richard Tauber drehte sich der Operettenreigen. Franz Metz zog in seiner Moderation kundig die Verbindungslinien, zeigte auf, wer alles in Bad Ischl weilte und musizierte. Ein ungarischer Tanz von Brahms hat sich nicht zufällig ins Programm verirrt, auch der Hanseat war dem kakanischen Musikleben verfallen und aus seiner Wahlheimat Wien häufiger Sommergast in Bad Ischl. Ob Vittorio Monti jemals da war, dessen Csárdás ein fester Programmpunkt in den Konzerten des Metzschen Ensembles ist, wird nicht thematisiert. Aber egal, er passte in die Stimmung und die junge Geigerin riss das Publikum zu Beifallsstürmen hin.
Wer, wie Franz Metz ehrlich zugibt, niemals in Ischl war, ist der aus Hatzfeld stammende Komponist Emmerich Bartzer. Trotzdem stehen drei Duette aus seiner Operette „Grüß mein Banat“ auf dem Programm dieses Nachmittags. Hintergrund ist die erst im Oktober in Temeswar erfolgte Uraufführung dieses Werks, das 1939 fertiggestellt worden war und in den Wirren des Krieges verlorenging. Der junge Temeswarer Dirigent Andreas Schein hat sie anhand des Klavierauszugs rekonstruiert. Die drei Duette, eins davon mit Text in schwäbischer Mundart, geben einen Einblick in den Facettenreichtum und den Witz dieses fast vergessenen Banater Musikstücks.
Mit „Dein ist mein ganzes Herz“ aus Lehárs „Land des Lächelns“ wurde das Publikum charmant verabschiedet. Stehende Ovationen erzwangen noch eine Zugabe. „Nächstes Jahr kommen wir wieder“, versichern begeisterte Besucherinnen beim Aufbruch. Wieso auch nicht? Eine passende Kulturhauptstadt wird sich schon finden lassen ...
Feurige Melodien im Donauschwäbischen Museum - "Musikalische Ischler" zur Kulturhauptstadt 2024
Kultur Erstellt von Halrun Reinholz