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„Grüßt mein Banat“ erlebt seine Uraufführung

Emmerich Bartzer (1895-1961) Foto: Archiv Dr. Franz Metz

Die Operette „Grüßt mein Banat“ des aus Lovrin stammenden Komponisten Emmerich Bartzer (1895 – 1961) galt ihm selbst als sein wichtigstes Werk. Dennoch wurde es nie auf einer Bühne aufgeführt. Nun bot das Jahr der Kulturhauptstadt Temeswar den Anlass dazu: In der  Oper fand am 28. Oktober 2023 unter der Leitung des jungen Dirigenten Andreas Schein die Welt-Uraufführung dieses beschwingten Bühnenstücks statt, das der Komponist  auf ein Libretto der Banater Dichterin Annie Schmidt-Endres geschrieben hat.  Die Handlung thematisiert die Kinderlandverschickung zu Zeiten der Wirtschaftskrise, als Kinder und Jugendliche aus Deutschland und Österreich ihre Sommerferien „zum Aufpäppeln“ im Banat verbringen durften.  Der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs verhinderte die Aufführung der Operette nach ihrer Fertigstellung im Jahr 1939. Dass die Uraufführung jetzt mit großem zeitlichen Abstand in Temeswar stattfand, ist einem Zusammenspiel glücklicher Umstände zu verdanken. 
Da sind die Recherchen des Temeswarer Musikwissenschaftlers und Dirigenten Andreas Schein, ehemaliger Lenauschüler, der an einer Doktorarbeit über Operetten von Banater deutschen Komponisten (Bartzer, Limmer, Oschanitzky, Speer) arbeitet.   
Im Archiv von Dr. Franz Metz ist er auf eine Kopie von „Grüßt mein Banat“ gestoßen und hat sich nach eigener Aussage in diese „verliebt“, denn er hält sie für die mit Abstand hochwertigste Komposition in seinem Forschungsbereich. Allerdings hat nur ein Klavierauszug die Wirren des Krieges überlebt.
Der zweite glückliche Umstand ist ein Kooperationsprojekt des Temeswarer Rotary-Clubs mit der Abteilung für Pädiatrische Kardiologie am Institut für Herz- und Gefäßkrankheiten in Temeswar. Dessen Leiter Prof. Dr. Constantin Luca möchte chirurgische Eingriffe bei komplizierten Herzfehlern und Noteingriffe bei Kindern im eigenen Haus optimieren. Dabei hakt es vor allem am Fachpersonal, wie Prof. Luca erläutert. „Es gibt in Rumänien wenige Fachleute für Herzchirurgie bei Kindern.“ Ärzte sollen deshalb eine Fortbildung im Ausland erhalten, ebenso wie das weitere Personal, das an einer Herz-OP beteiligt ist. Das ist über das staatliche Gesundheitssystem nicht zu stemmen. Abhilfe zeichnet sich durch ein Partnerschaftsprojekt mit dem Temeswarer Rotary-Club ab. Wie es der Zufall will, ist der Vorsitzende der Temeswarer Rotarier Dan Marcu ehemaliger Lenauschüler, genau wie Prof. Constantin Luca. Die beiden sitzen nun Schulter an Schulter im Bestreben, die materielle und professionelle Ausstattung der Kinder-Kardiologie zu verbessern. Der Rotary-Club möchte seine internationalen Kontakte nutzen, um die Logistik für dieses „Herzensprojekt“ zu organisieren. Zur Finanzierung dieses langfristigen und kostspieligen Unterfangens entschied man sich aber auch für andere Wege und beauftragte den Dirigenten Andreas Schein, die Operette „Grüßt mein Banat“ mit einem professionellen Ensemble für eine Benefizveranstaltung zur Aufführung zu bringen. Dazu musste der Klavierauszug aber erst wieder für ein Sinfonieorchester eingerichtet werden – eine Heidenarbeit, die Andreas Schein mit professionellem Können umsetzte. 
Die Aufführung in der Temeswarer Oper war nicht öffentlich, von den geladenen Gästen wurde eine Spende von mindestens 250 Lei (ca. 50 Euro) erwartet. Die begeisterten Besucher kamen für einen guten Zweck in den Genuss einer Welt-Uraufführung – wenn auch mit der Abwandlung, dass Lieder und Texte in rumänischer Sprache dargeboten wurden. Im Publikum war auch der Enkel des Komponisten Adi Nucă-Bartzer. Der von ihm geleitete Schubert-Chor hat viele Werke seines Großvaters im Repertoire, unter anderem auch einige der Lieder aus der Operette. Kein Wunder, dass sich auch viele treue „Schubianer“ auf den Weg nach Temeswar gemacht hatten, um die Aufführung der Operette zu erleben. Bleibt zu hoffen, dass dieses aus dem Dornröschenschlaf erwachte Banater Musikstück noch öfter zur Aufführung kommt.