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Aus Sanktanna in die große Theaterwelt

Michael Bleiziffer (1953 - 2023) Foto: privat

Der Grundstein seiner beachtlichen Laufbahn wurde in Sanktanna gelegt. Dort wurde Michael Bleiziffer am 2. Oktober 1953 als Sohn des Maschinenschlossers Michael und dessen Ehefrau Anna, geb. Kerner, geboren. Nach der Schulzeit im Ort besuchte er das Gymnasium in Neuarad und nahm nach dem Abitur ein Studium am Priesterseminar in Alba Julia auf, das er nach einem Jahr abbrach.
Sein Weg führte ans Staatstheater Temeswar, wo er als Kleindarsteller erste Theaterluft schnupperte. Mit diesen Erfahrungen im Gepäck machte er sich auf den Weg nach Bukarest zum Schauspielstudium am dortigen Theaterinstitut „I. L. Caragiale“. Nach erfolgreichem Diplomabschluss kehrte er 1978 als Schauspieler zum Temeswarer deutschen Staatstheater zurück, wo er später auch als Regisseur tätig war. Als solcher fiel er erstmals mit dem Schauspiel „Adam und Eva“ von Peter Hacks auf. Die spektakuläre Uraufführung des Stückes „Zwei Schwestern“ von Hans Kehrer brachte dem Regisseur den Landespreis für die beste Inszenierung ein. Am Temeswarer Staatstheater arbeitete Bleiziffer unter anderen mit den Schauspielern Hans-Kehrer, Josef Jochum, Ildiko und Ida Jarcseck, Peter Schuch, Julius Szabo-Vollmer, Hans Jakobi, Elisabeth Kölbl, Helga Sandhof, Adele Radin, Viktor Lache, Herbert Schmidt …  und auch dem Sanktannaer Franz Faulhaber zusammen. Nikolaus Berwanger, der Chefredakteur der „Neuen Banater Zeitung“ bekam gelegentlich Gedichte von Michael Bleiziffer zur Veröffentlichung.
Schon kurz nach der Ausreise 1982 kam Michael Bleiziffer ans Stadttheater Ingolstadt mit dem Auftrag, Büchners „Woyczek“ zu inszenieren. Den Ingolstädter Intendanten Peter Seltgen hatte er schon in Temeswar kennengelernt, als dieser dort Gastregisseur war. In Ingolstadt blieb Bleiziffer bis 1995 und brachte dort 51 Inszenierungen auf die Bühne. 1996 wechselte er ans Theater Regensburg, wo er 16 Jahre lang Oberspielleiter des Schauspiels war. Besonderes Aufsehen erregte 1996 seine Inszenierung von Goethes Faust I, wo er die junge Adele Neuhauser (heute weithin bekannt als Kommissarin Bibi Fellner im Wiener Tatort) mit der Rolle des Mephisto besetzte. Das Stück stand wegen des großen Erfolgs sechs Jahre auf dem Spielplan. Ein wichtiges Anliegen war ihm auch Kindertheater, nicht zuletzt weil er selber Vater war und seine Kinder früh mit dem Theater vertraut machte. Seit 2012 arbeitete er als freier Regisseur, inszenierte u.a. bei Freilicht-Festspielen. Seine Inszenierungen wurden mehrfach ausgezeichnet und z.B. zu den Bayerischen Theatertagen eingeladen. Auch ans Deutsche Theater Temeswar kehrte er 2010 als Gastregisseur zurück und inszenierte das Stück „Wer hat Angst vor Virginia Woolf?“ von Edward Albee.
Privat war Bleiziffer dreimal verheiratet. Er ist Vater von zwei Töchtern und drei Söhnen. In der Nähe von Regensburg hatte er sich aufs Land in eine ehemalige Mühle zurückgezogen und wie zu Zeiten seiner Kindheit Tiere gehalten und Gartenbau betrieben. Auch Angeln war eines seiner Hobbies. Oft sprach er mit den Familienangehörigen und Künstlern seine Muttersprache, nämlich „sanktannamerisch“. Auch Landsleute, die er spontan in Regensburg antraf, fragte er nach dem sehr häufig in Sanktanna gespieltem Kragl (Kartenspiel), das er als einer der wenigen noch spielen konnte. 
Zuletzt lebte er mit Ehefrau Gabi in Regensburg. Auf seinen Wunsch hin wurde die Urne mit seiner Asche am 2. Oktober, seinem 70. Geburtstag, im Familiengrab in Sanktanna beigesetzt.