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Banater Architektur-Enzyklopädie

Jetzt gibt es sie auch in deutscher Sprache, die „Enzyklopädie der Architekten aus dem Banat 1700 – 1990. Studien und Nachforschungen zu den bedeutendsten Baustilen und deren Etappen“. Nachdem das Buch von Gabriel Székely bereits in rumänischer Sprache erschienen ist, liegt nun mit diesem Werk ein willkommenes Buch vor, das die Baugeschichte der letzten 300 Jahre im Banat aufzeigt. Es ist von großer Bedeutung, zu wissen, wer die Stadt und Region vom Baufachlichen her konzipiert hat, wie dies geschehen ist und mit welchen Schwierigkeiten man im Laufe der Jahre zu kämpfen hatte. Dass nun das Demokratische Forum der Deutschen im Banat sich der Aufgabe annahm, dieses Buch herauszubringen, bestätigt letztlich, dass die deutsche Gemeinschaft einen wesentlichen Beitrag zu dem geleistet hat, was das Banat heute ausmacht. Nicht zuletzt ist das Deutsche Forum an der Geschichte dieser Region im Allgemeinen interessiert, dies ein Grund mehr, dieses Buch zu veröffentlichen. Ich kenne die rumänische Fassung und habe nun die deutsche Version in den Händen. Diese Auflage ist noch komplexer, mit vielen zusätzlichen Bildern des Autors versehen. Deshalb ist das Buch um viele Seiten stärker als die rumänische Fassung. Dieses fachlich sehr in die Tiefe gehende Buch wurde von einem Nicht-Architekten übersetzt, was ich umso lobenswerter finde. Es sei bemerkt, dass die Übersetzung des Journalisten Siegfried Thiel so gut gelungen ist, dass eigentlich auch Personen, die keine Fachleute sind, das Buch leicht lesen und verstehen können, ohne dass dabei die Substanz verloren gegangen ist.  
Zur Bedeutung des Buches sei auch gesagt, dass es eine Reihe von deutschen Studiengängen an den Temeswarer Hochschulen gibt. Vor allem die Studenten des deutschen Studiengangs an der Baufakultät der TU Politehnica dürften sich über dieses Buch freuen. Ich kann diesen Studenten dieses Buch in einem gepflegten Deutsch nur empfehlen. Für sie ist es eine Hilfe, um das Bauwesen vor Ort zu verstehen. Die Geschichte des Bauwesens in unserer Region ist für diese Studenten bereits vom Studiengang her von Interesse. Aber von einem künftigen Baufachmann wird auch erwartet, dass er Baustile und die Problematik ihrer Realisierung kennt. 
Das Buch von Gabriel Székely bietet ja nicht nur eine Aufzählung der Architekten und deren kurzen Lebenslauf, sondern der Buchautor geht auf Techniken ein, Konzepte, die in den diversen Epochen verwendet wurden, und beschreibt die Trends im Laufe der Jahrhunderte. Es werden die Zwänge angeführt, denen die Baumeister aus verschiedenen Gründen unterworfen waren. Zum einen musste der geografischen Lage Rechnung getragen werden, dann der Tatsache, dass Temeswar etwa 150 Jahre lang eine Festung war und nicht zuletzt verfolgte der Kaiserhof über Jahre eine Prägung der Region nach einem aus Wien vorgegebenen Stil.
Es ist eine Riesenarbeit, die sich der Architekturprofessor Gabriel Székely vorgenommen hat. Aufgefallen ist mir vor allem die akribische Veröffentlichung der originalen Grundrisse von Gebäuden, die für Fachleute extrem wertvoll sind. Gerade im Zuge der Kulturhauptstadt hat dieses Buch einen hohen Stellenwert, gibt es dadurch doch eine zusätzliche Informationsquelle in deutscher Sprache, die das Angebot der öffentlichen Beschilderung ergänzt.
Die Übersetzung kann als gelungen angesehen werden, vor allem, weil wir es mit einer komplexen Thematik zu tun haben, und weil viele Fachbegriffe und fachliche Darstellungen verständlich aus dem Rumänischen ins Deutsche übertragen werden mussten. Eine einheitliche Schreibweise der Namen wäre wünschenswert gewesen. Aber welche? Vor dieser Frage standen wohl Autor und Übersetzer gleichermaßen. Entweder nach dem Prinzip der deutschen Presse, in der zuerst der Vorname und dann der Familienname angegeben wird, oder in alphabetischer Reihenfolge – wie in einer Enzyklopädie üblich - in der die Familiennamen entscheidend sind. Dazu kommt erschwerend hinzu, dass im Ungarischen eine andere Schreibweise der Namen bevorzugt wird, als dies im Deutschen der Fall ist. Sicher standen der Übersetzer und zuvor wohl auch der Autor vor einer heiklen Situation, denn wie schreibe ich z.B. Sandor Reisinger? Nach dem deutschen oder nach dem ungarischen Modus? Meiner Meinung nach sollte eine Übersetzung nicht zu sehr vom Originaltext abweichen. Und trotzdem: etwas mehr Einheitlichkeit bei den Namen würde mit der sonst gehobenen Sprache der deutschen Version stilistisch auf gleichem Niveau stehen.
Eine weitere Auflage wäre wünschenswert, denn bestimmt wird die Nachfrage nicht gedeckt werden können. Diese nächste Neuauflage sollte noch mehr Bildmaterial als Beleg für die Angaben enthalten. Vielleicht wäre es auch möglich, mehr Zeichnungen und Graphiken zu verschaffen, wobei der ländliche Raum und vor allem die heutigen Kleinstädte besser vertreten sein könnten. Da denke ich vor allem auch an die anderen Kreise im Banat, also mehr den Fokus auf Arad und Karasch-Severin richten. Erwähnenswert wären auch die historischen Gebäude der renommierten Architekten der vergangenen Jahrhunderte, die vom Abriss verschont blieben und heute saniert werden oder bereits renoviert wurden. Ein solches Kapitel könnte in einer künftigen Ausgabe ebenfalls dabei sein, mit der Bedingung, dass eine Aktualisierung vorgenommen wird.