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Der „Geist“ einer besonderen Schule - Erinnerungsbuch zum 150. Geburtstag der Lenauschule

Zum verschobenen 150. Geburtstag der Lenauschule (das Jubiläum wäre 2020 gewesen) hat der Verein der Freunde der Lenauschule gemeinsam mit der Landsmannschaft der Banater Schwaben unter dem Titel „Die Lenauschule sind wir“ eine umfangreiche Dokumentation dieser Institution herausgegeben. Auf knapp 680 Seiten werden 150 Jahre Schulgeschichte anhand von historischen Dokumenten, persönlichen Erinnerungen, Zeitungsberichten und vielen Fotos dargestellt.

Ein  historischer Teil („Wandlungen einer Schule“) beleuchtet  die verschiedenen Etappen der Lenauschule und ihrer Vorgängerschulen: Von der königlich-ungarischen Oberrealschule bis 1918, dem deutschen Realgymnasium bis 1944, über die Turbulenzen und Wechselstimmungen  des Systems nach 1948, als es unter anderen ein „Deutsches Lyzeum“, eine „Mittelschule Nummer 2“ und schließlich ein „Nikolaus-Lenau-Lyzeum“ gab, reicht der Bogen bis zur heute sehr lebendigen Schule, die mit dem Namen Nikolaus Lenaus den Sprung auch über die Wende von 1989 geschafft hat. 

Was der Titel schon andeutet, macht der Untertitel deutlich: Es handelt sich um ein „Erinnerungsbuch“. Das setzt Menschen voraus, die sich erinnern. Seit 2017 hat das Redaktionsteam des Vereins der Freunde der Lenauschule damit begonnen, Material und Erinnerungen von Zeitzeugen zu sammeln. Sie finden ihren Niederschlag in dem weitaus umfangsreichsten Teil des Bandes, der mit „Bilder und Erinnerungen“ überschrieben ist. Anhand von Erzählungen, schriftlichen Beiträgen, Interviews, Fotos und vor allem durch die Auswertung der Schülerbeilagen und der Schulzeitung „Die Lenauschule“ entstand ein Panorama des Schullebens der Nachkriegszeit mit ihren durchaus schwierigen politischen Vorgaben im kommunistischen Rumänien. Durch das vorhandene Material und den zeitlich begrenzten Pool der Zeitzeugen und der aktiven Mitglieder des Vereins liegt der Schwerpunkt auf den Schulaktivitäten der 1970er und 1980er Jahre bis zur Wende. Das war mehr oder weniger die Zeit, als Erich Pfaff, bekannt als der „Boss“, Direktor der Lenauschule war und sie mit seiner zuweilen durchaus widersprüchlichen Persönlichkeit prägte.  Er war zweifellos ausschlaggebend dafür, dass sich ehemalige Lenauschüler nach Jahrzehnten im „Verein der Lenaufreunde“ zusammengefunden haben, dessen Ehrenvorsitzender er war. Neben und mit dem „Boss“ gab es aber auch zahlreiche andere Lehrkräfte und „gute Geister“, die den Schülern Wissen, aber auch Werte vermittelten – nicht immer im Einklang mit der herrschenden Staatsideologie. Sie alle standen in der Tradition eines Minderheitenschulwesens, das sich auch davor immer behaupten und Schlupflöcher finden musste – damit schließt sich der Kreis zum 150. Geburtstag. 

Zu den Vorgängern kamen (und kommen) aber auch Nachfolger. Die Geschichte der Schule geht erfreulicherweise weiter. Mit Helene Wolf leitet eine ehemalige Lenauschülerin seit vielen Jahren die Schule, weitere „Ehemalige“ stehen als Lehrkräfte an ihrer Seite. Dennoch schien es uns als Verein wichtig, diese Etappe der Schulgeschichte vor der Wende, für die es noch Zeitzeugen gibt, ausführlich zu würdigen und auszuwerten. Die Herausgeber widmen das Buch ausdrücklich ihren Lehrern, mit dem „Boss“ an der Spitze, die für die gute fachliche und menschliche Bildung im „Lenau“ gesorgt haben.

Die einzelnen „Bilder und Erinnerungen“ sind aufgegliedert nach den Aspekten des Schulalltags mit allen seinen Facetten – dem Leistungsdruck, den Wettbewerben, der Uniform, den „Arbeitsdiensten“ und „Praktika“. Gewürdigt werden aber vor allem die gemeinschaftsfördernden Aspekte, die im (subjektiven) Rückblick trotz allem dominierten. Von der praktischen Versorgung in Kantine und Internat, der gesteuerten Freizeitgestaltung in „sicheren“ Schulräumen, den Bällen und Discos, dem Klub, den Ausflügen, den kulturellen, sportlichen und künstlerischen Angeboten – der „Lenau-familie“ eben, zu der irgendwie auch die Eltern und Großeltern der „Volksuni“ gehörten. 

Unter der Überschrift „Gesichter und Geschichten“ werden die Erinnerungen auf Einzelne fokussiert – den Boss, andere „Profs“, aber auch auf ehemalige Lenauschüler, die „was geworden sind“. Die Auswahl ist zufällig und subjektiv, je nach dem vorhandenen Material. Dass unter den ehemaligen Lenauschülern auch zwei Nobelpreisträger sind, bleibt nicht unerwähnt, ist es doch ein gewichtiges Alleinstellungsmerkmal der Schule. Aus dem „Nähkästchen“ wird freilich auch mal geplaudert, schließlich war die Zeit keine einfache – Direktorat, Lehrer und Schüler standen unter ständiger Beobachtung und Ungewissheit. Auch diese Aspekte fanden ihren Niederschlag im „Geist“ der Lenauschule, dem ein eigenes Kapitel mit vier unterschiedlichen Facetten gewidmet ist. 

„Die Lenauschule sind wir“ ist als Band 25 der „Banater Bibliothek“ der Landsmannschaft der Banater Schwaben unter der Federführung von Halrun Reinholz und Franz Quint in langjähriger Gemeinschaftsarbeit eines Redaktionsteams mit der Mitwirkung zahlreicher Helfer entstanden. Für die finanzielle Unterstützung danken wir der Deutschen Botschaft in Bukarest, der Kulturreferentin für den Donauraum und dem Kulturwerk Banater Schwaben Bayern. Das Buch kann im Büchershop der Landsmannschaft der Banater Schwaben (www.banater-schwaben.de) oder über die Homepage des Vereins der Freunde der Lenauschule (www.lenauschule.eu) für den Preis von 45 Euro (zuzüglich Versandkosten) bestellt werden und wird auch bei der Jubiläumsfeier am 19. Mai in Temeswar verkauft.