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Als Franz Ferch der Prinz Eugen-Preis verliehen wurde (Teil 1)

Franz Ferch, Aufnahme von 1940, dem Jahr der Preisübergabe

Unser täglich Brot (Brotschneider)

Siedler

Tennmann

Über das Leben und Werk von Franz Ferch (1900-1981) liegen seit 1940 mehrere Veröffentlichungen vor. Zuletzt erschienen ist 2018 der von Peter Krier und Hans Rothgerber herausgegebene Katalog „Bilderwelt des Banater Malers Franz Ferch“, der 264 Reproduktionen seiner Gemälde und Zeichnungen enthält.

Im vorliegenden Beitrag wird mit Zitaten aus der in Temeswar erschienenen „Banater Deutschen Zeitung“ von 1939 und 1940 auf die damaligen Veröffentlichungen über einen Höhepunkt im Leben des Malers zurückgegriffen: seine Auszeichnung mit dem Prinz Eugen-Preis für das Jahr 1939. Mit Blick auf das Zeitgeschehen wird der Frage nachgegangen, wie über die Vergabe dieses Preises an Ferch berichtet wurde. In diesem Zusammenhang erschienen 1939 in der „Banater Deutschen Zeitung“ weitere Artikel über den Künstler, die ebenfalls berücksichtigt werden, zumal sich möglicherweise daraus für uns heute Informationen ergeben, die im Laufe der Zeit in Vergessenheit geraten sein dürften. Diktion und Orthografie der Texte wurden beibehalten, um den damaligen Zeitgeist wiederzugeben. 

Herangezogen wurden auch andere Quellen, so die Dokumentation „Die Kulturpreise der Stiftung F.V.S. 1935-1945“ von Jan Zimmermann, die im Jahr 2000 von der Alfred-Toepfer-Stiftung F.V.S. herausgegeben wurde und im Hamburger Christians Verlag erschienen ist. Diese umfangreiche Darstellung, die sämtliche zwischen 1935 und 1945 erfolgten 84 Preisvergaben dokumentiert, liefert wertvolle Informationen über die Umstände der Preisverleihung an Franz Ferch.

Der Prinz Eugen-Preis der J. W. Goethe-Stiftung

Der Prinz Eugen-Preis, genauer: Prinz Eugen von Savoyen-Preis, war einer von ursprünglich fünf, später sieben Kulturpreisen der Johann Wolfgang Goethe-Stiftung. Diese wiederum war eine Tochter der 1931 vom Hamburger Kaufmann Alfred Toepfer (1894-1993) gegründeten Stiftung F.V.S.  Die Abkürzung „F.V.S.“ nimmt Bezug auf den preußischen Staatsmann und Reformer Freiherr vom Stein (1757-1831). Die unter der Bezeichnung Alfred-Toepfer-Stiftung F.V.S. bis heute bestehende Stiftung, die sich nach 1945 zu einer der aktivsten europäischen Förderstiftungen in den Bereichen europäische Einigung und Verständigung, Kulturaustausch sowie Natur- und Denkmalschutz entwickelte, ist wegen des schwierig einzuordnenden Verhältnisses des Gründers Alfred Toepfer zum Nationalsozialismus umstritten. Dies nahm die Stiftung 1997 zum Anlass, das Wirken der Stiftung und des Stifters durch eine unabhängige Kommission untersuchen zu lassen. Deren Ergebnisse, die in den Band „Alfred Toepfer, Stifter und Kaufmann – Bausteine einer Biographie. Kritische Bestandsaufnahme“ eingeflossen sind, wurden im Dezember 2000 vorgestellt. Die Wissenschaftler stellten zum einen fest, dass Toepfer „nie die zentralen Ziele und Motive der führenden Nationalsozialisten“ teilte, dass ihm Rassismus und Antisemitismus fern lagen. Zum anderen habe sein Wirken durch die Vergabe von Kulturpreisen eine große Nähe zur nationalsozialistischen Volkstumspolitik gezeigt, zu deren Parteifunktionären er Kontakt pflegte. Die Kommission stellte auch eine personelle Kontinuität in den Stiftungsgremien von der Zeit des Nationalsozialismus bis in die jüngere Vergangenheit fest und kritisierte die Vermeidung „selbstkritische(r) Vergangenheitsanalysen“ des Stifters selbst, attestierte ihm jedoch auch Lernfähigkeit und eine Abkehr vom extremen Nationalismus.

Der 1937 gestiftete Prinz Eugen-Preis galt dem Deutschtum im Südosten. Die Preisträger sollten laut Stiftungszweck Persönlichkeiten sein, „die sich durch außerordentliche Leistungen im Schrifttum, in der Malerei, der Musik, der angewandten Kunst oder der Volkstumsforschung ausgezeichnet haben“. Über die Preisvergabe entschied ein Kuratorium, dem zunächst drei Wiener Universitätsprofessoren – der Geograf Hugo Hassinger (1877-1952), der Historiker Hans Hirsch (1878-1940) und der Germanist Josef Nadler (1884-1963) – sowie der Reichstagsabgeordnete und SA-Oberführer Karl Freiherr von Bardolff (1865-1953) angehörten. Der erste Preisträger des Prinz Eugen-Preises für das Jahr 1938, Dr. Rudolf Spek (1893-1953), Direktor des Brukenthal-Museums in Hermannstadt, wurde nach der Preisverleihung in das Kuratorium des Prinz Eugen-Preises aufgenommen. Die Verleihung des Preises erfolgte durch die Universität Wien.

Die Vergabe des Preises an den Maler Franz Ferch

Das Kuratorium tagte am 19. November 1938 unter dem Vorsitz von Professor Hugo Hassinger und im Beisein des Rektors der Universität Wien Fritz Knoll (1883-1981), um über den möglichen Preisträger für 1939 zu beraten. Nachdem gegen die aus den deutschen Siedlungsgebieten in Südosteuropa in Betracht gezogenen Persönlichkeiten Bedenken geäußert wurden, machte Spek auf den Banater Maler Franz Ferch aufmerksam. Im Sitzungsprotokoll ist vermerkt, dass die gezeigten Bildwiedergaben „von allen Anwesenden als Proben einer starken Heimatkunst gewertet“ wurden. Spek wurde beauftragt, weiteres Bildmaterial zu sammeln und einzusenden und über die Persönlichkeit Ferchs noch einen eingehenden Bericht zu erstatten. Um noch Gutachten über den Maler einzuholen, wurde der endgültige Beschluss vertagt.

Rechtzeitig zur Jahressitzung der Kuratorien der Johann Wolfgang Goethe-Stiftung Anfang März 1939 in Nürnberg lagen sowohl die von Rudolf Spek eingesandten Fotos von Werken Franz Ferchs zusammen mit einer schriftlichen Beurteilung als auch das Gutachten des Wiener Kunsthistorikers Hans Sedlmayr (1896-1984) vor. Ferch wurde hier zum Preisträger gewählt. Das Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda genehmigte nach weiteren Anfragen – das Gutachten des Deutschen Konsulats in Temeswar lag erst im Juni 1939 vor – die Preisverleihung.

In Zusammenhang mit der Verleihung des Prinz Eugen-Preises an Ferch wandte sich der Leiter des Banater Deutschen Kulturvereins in Temeswar Karl Waldner (1911-2001) am 21. Juni 1939 an Hugo Hassinger und beantragte, auch dem mittellosen Maler Emil Lenhardt (1886-1956), der „ein tätiges Mitglied der Volksgemeinschaft, des Kulturvereins und der Nachbarschaften“ sei, eine finanzielle Unterstützung zukommen zu lassen. Der Antrag hatte aber keinen Erfolg. Als Rudolf Spek im September erfuhr, dass Lenhardts Frau Jüdin war, ließ er diese Information über das Gaukulturamt Banat der Deutschen Volksgemeinschaft nachprüfen und erhielt von dort die Tatsache in aller Form bestätigt. Es müssten deshalb, so Spek an Hassinger, „alle für Lenhardt eingeleiteten Schritte rückgängig gemacht werden“. Konsequenzen hatte die Angelegenheit auch für den Antragsteller Waldner. Spek schreibt: „Ich habe infolgedessen auch Sorge getragen, dass dem Antragsteller ein scharfer Verweis erteilt worden ist. Anträge von ihm können in Zukunft nicht mehr in Erwägung gezogen werden.“

Professor Hassinger hatte Ferch bereits Ende März die Preisverleihung mitgeteilt, „in Würdigung Ihrer künstlerischen Bestrebungen, die volksverbunden der Darstellung des bäuerlichen Lebens Ihrer Volkgruppe auf der Heimatscholle gewidmet sind“.

Leben und Werk des Ausgezeichneten

Die „Banater Deutsche Zeitung“ (BDZ) meldete am 16. April 1939 auf Seite 5, dass dem Kunstmaler Franz Ferch aus Perjamosch der Prinz Eugen-Preis verliehen worden sei und zitierte nahezu wörtlich die Formulierung aus dem Brief von Hassinger. Als Autor des vierspaltigen Berichts mit dem Titel „Franz Ferch, der Träger des Prinz Eugen-Preises“ zeichnet, nicht ganz leserlich, S. R., wobei es sich um Sebastian Rotschingk (1898-1971), Künstlerkollege von Ferch aus Gertianosch, handeln könnte.

Die BDZ brachte ein Foto von Franz Ferch mit der Anmerkung, die Preisverleihung werde voraussichtlich im Mai oder Juni in Wien stattfinden und mit einer Ausstellung der Werke des Heimatkünstlers verbunden sein.

Dem Lebenslauf von Franz Ferch stellt der Autor die Bemerkung voran, dass auch Ferch – wie alle Kunstschaffenden – eines der „Stiefkinder“ des wohlhabenden Banater schwäbischen Volkes gewesen sei, sein Können aber ihm nun den Weg in die große deutsche Welt geöffnet habe, die für das stille, von heiligem Eifer erfüllte Wirken des Künstlers beispielhaftes Verständnis entgegenbringe.

Im Einzelnen führte der Autor zu Ferchs Werdegang folgendes aus:

„Franz Ferch wurde am 4. September 1900 in Rudolfsgnad als Sohn des späteren Perjamoscher Notars Peter Rudolf Ferch geboren. Seine Mutter Ethel von Hartner entstammte einer alten deutschen Beamtenfamilie.

Dem Besuch der Volksschule in Rudolfsgnad schloß sich jener der Mittelschule in Perjamosch an. Nach ihrer Absolvierung kam Franz Ferch in die Artilleriekadettenschule in Traiskirchen bei Wien, in der er vier Jahre verblieb. 1918 traf ihn als Fähnrich der Zusammenbruch. In Budapest machte die Kommune seiner militärischen Karriere ein jähes Ende.

Zwei Jahre lang (1919-1921) arbeitete der Fähnrich a. D. als Lehrling und Gehilfe in einer Perjamoscher Tischlerwerkstätte. Über Hobel und Säge siegte der Drang seiner künstlerischen Begabung. 1922-23 sehen wir ihn bereits an der Kunstgewerbeschule in Dresden Raumkunst und Innenarchitektur studieren. Sein väterlicher Freund Dr. Hugo Gerber, Arzt in Bogarosch, förderte ihn und bewog ihn, nach München zu gehen. Zweieinhalb Jahre war er nun in der Hauptstadt der Bewegung Schüler von Prof. [Carl von] Marr [1858-1936] und Prof. Franz von Stuck [1863-1928]. Der Mangel an Mitteln zwang ihn, das Studium abzubrechen.

Er kam in die Heimat zurück. Und er arbeitete und feilte unentwegt an sich und an seinem Können weiter. Seine erste Ausstellung, die er 1925 in Temeschburg veranstaltete, fand vielversprechende Beachtung. In dieser Zeit entstand sein großes, heute [1939] im Banatiasaal hängende Gemälde „Die Wacht“. Das „Banater Mädchen“, ein Bildnis seiner Schwester, ist ebenfalls ein Werk dieser Tage. Sie zeigen bereits seine enge Volks- und Heimatverbundenheit und in ihnen offenbarte sich bereits der für sein Schaffen so bezeichnende Zug zur Monumentalität.

Die Vermittlung des damaligen Konsuls in Temeschburg, Legationsrat im Auswärtigen Amt Dr. Schwager und die Hilfe von Reichserziehungsminister Dr. Rust ermöglichten ihm 1934/35 den Besuch der Deutschen Akademie in Rom, deren erster volksdeutscher Teilnehmer er war. Die ersten Mittel hatten ihm zehn Volksgenossen aus dem Banat zur Verfügung gestellt.

Die Früchte seines Studiums in Rom sahen wir im Herbst 1936 bei der Ausstellung der römischen Bilder. 1936 übersiedelte Franz Ferch, dessen Namen nun bekannten Klang hatte, nach Semlak, wo er im Hause des Michael Bartolf sich weiter seiner glühend verehrten Kunst widmen konnte. Das glücklichste Erleben, das er hier hatte, ließ ihn wieder von der römischen Kunst abkehren. Die Liebe zur Heimatscholle war stärker als das römische Vorbild, sie verleiht seither all seinem Schaffen das Gepräge.

1937 und 1938 brachten ihm in Kronstadt durch die Teilnahme an den Ausstellungen der Deutschen Künstler in Rumänien Erfolge, wie sie nicht schöner hätten sein können. Seine Bilder waren tragende Pfeiler dieser Ausstellungen und wurden als solche auch restlos gewürdigt.

Heute lebt Franz Ferch still und zurückgezogen, nur der Kunst dienend, in dem von ihm mit Beihilfe der Perjamoscher Kameraden selbst gebauten Häuschen am Maroschufer, im Überschwemmungsgebiet. Er hat sich aus einem verfallenen Kalkofen sein Häuschen errichtet, das von außen wohl nicht viel zeigt, das aber zu einer Kunststätte geworden ist, die betreten zu können für seine Freunde aber stets ein nachklingendes Erlebnis ist.“

Abschließend geht der Bericht auf Ferchs künstlerisches Werk ein. Obzwar er auch schon zahlreiche herrliche Aquarelle geschaffen habe, bevorzuge er dennoch die Ölgemälde. Seine Hauptwerke, „in denen er mit Vorliebe Gestalten aus unserem Leben herausgreift“, seien „eine Kette von Bildern, die von einem ununterbrochenen Aufstieg vom ersten Wollen bis zum meisterhaften Können erzählen“. Dazu führt der Bericht aus: „Der Zug in das Monumentale und das Heimatgebundene bewies bereits 1926 die ‚Wacht‘, das auf einer Fläche von 6 x 1,90 Metern Ausdrucksfähigkeit und malerisches Können in gleich vorbildlicher Weise vereint. Der schollenverwurzelte ‚Pflüger‘ (1937), der stämmige ‚Jungbauer‘ (1936), der ‚Kolonist‘ (1936), das Wandbild im Warjascher Deutschen Haus, ‚Das verbriefte Recht‘ (1938), ‚Die Bäuerin während des Krieges‘ (1932), der ‚Schwabe vor der Wahlurne‘ (1932), der ‚Flößer‘ (1932) und der ‚Brotschneider‘ (1938), der im Arbeitszimmer des Landesobmannes Fritz Fabritius hängt, sind Gemälde, aus denen der gleiche Kern ersichtlich ist, der tiefe künstlerische Inhalt, den nur ein Künstler mit reicher Seele seinen Schöpfungen einzuhauchen versteht. Das Temeschburger Museum hat 1929 ein Bild (‚Ponte Palatino‘) von Meister Franz Ferch erstanden, mit welchem er auf der Ausstellung Banater Maler den ersten Preis davongetragen hatte.“