Pünktlich um 18 Uhr kam am Samstag, dem 23. April, der Jugendchor in die Heilbronner Kilianskirche und wartete brav vor dem Altar das Ende der Glockenschläge ab. Das war für einige Jugendliche eine sichtlich lange Wartezeit, für viele aus dem Publikum wiederum die beste Zeit, um störungsfrei Fotos zu machen.
Bei diesem 36. Konzert war – vermutlich coronabedingt – die Kirche nicht so voll wie in den zurückliegenden Jahren. So mancher Sitzplatz blieb frei und die Banater Schwaben waren bei diesem Event den Siebenbürgen Sachsen zahlenmäßig weit unterlegen. Ob das Programm mitschuldig daran war? Auf dem Plakat wurde „weniger bekannte Musik von Komponisten aus Siebenbürgen und dem Banat“ angekündigt. Aber bei den in der Kirche aufgeführten Werken waren Banater Komponisten kaum vertreten. Federführend war wie immer die Gesellschaft für Deutsche Musikkultur im Südöstlichen Europa, die durch Editionsprojekte längst verschollenes Notenmaterial wieder an den Tag bringt. Die musikalische Gesamtleitung hatte der Kronstädter Stadtkantor, Organist und Musikforscher Dr. Steffen Schlandt übernommen.
Der Jugendchor der Musikwoche unter der Leitung von Annika Ryssel (Musiklehrerin aus Königsbrunn, Bayern) eröffnete nur mäßig mit „Sei stille dem Herrn“ aus Mendelsohns Oratorium „Elias“. Die Pop-Harmonik in „One of Us“ von Joan Osborne lag sichtlich mehr auf der Wellenlänge der jungen Sängerinnen und Sänger und wurde entsprechend frisch vorgetragen.
Heimlicher Star des Programms war das Projektorchester der Musikwoche mit erstaunlich vielen jungen Gesichtern an den Pulten. Konzertmeister Ilarie Dinu, ein aus Rumänien stammende Violinist, der bei der Neuen Philharmonie Westfalen spielt und sich stark dem musikalischen Nachwuchs widmet, hatte als erfahrener Geiger seine Spieler gut im Griff und war eine große Hilfe für den jungen Dirigenten Steffen Schlandt, der sein Handwerk in Trossingen und Würzburg gelernt hat.
Die Aufführung der symphonischen Dichtung „Lancelot“ von Hermann Klee (1883-1970), der in Temeswar wirkte, sowie der Kantate „Der 1. Psalm“ für Soli, Chor und Orchester des Kronstädter Komponisten Johann Lukas Hedwig (1802-1849) überzeugte. Schlandt spornte das Orchester zu dramatischer Dynamik an. Von höfischen Fanfaren bis zu unheimlich intriganter Holzbläsermotivik war alles dabei, König Artus schaute ebenso vorbei wie die in ätherischen Streicherflächen erscheinende Dame vom See.
Mendelssohn stand Pate für Dramatik und chorische Klangwirkung in „Richte mich Gott“ nach dem 43. Psalm für Soli, Chor und Orgel des Kronstädter Komponisten Rudolf Lassel. Das Werk wurde von Professor Heinz Acker orchestriert.
Es war ein schöner musikalischer Abend und nach über einer Stunde Spielzeit wurden die Interpreten mit viel Beifall belohnt. Für die Solistinnen und Solisten Agnes Dasch (Sopran), Andrea Kulin (Alt), Hans Straub (Tenor) und Johannes Dasch (Bariton) gab es Blumensträuße. Der laue Frühlingsabend war noch jung und zu schade, um den Heimweg anzutreten. Da sich hier viele Bekannte getroffen hatten, nutzte man die Gelegenheit für einen Plausch oder man ging in ein Lokal, wo man den Abend gemütlich ausklingen ließ.